Schon Ende Oktober hat die Unabhängige Fraktion in der Bernauer Stadtverordnetenversammlung das Bürgerbegehren „Stopp Rathaus-Neubau“ in
Bernau gestartet. Wie bekannt, soll das bestehende Verwaltungsgebäude in der
Bürgermeisterstraße 25, nachdem es für 1,4 Millionen Euro gekauft wurde,
abgerissen und durch einen gestalterisch fragwürdigen Bau ersetzt werden.
Bei der Ausschreibung für die Planung des
Neubaus wurden vor rund 2,5 Jahren 9,8 Millionen Euro als Obergrenze
festgelegt. Noch bevor der erste Spatenstich gemacht wurde ist die
Kostenschätzung innnerhalb nur kurzer auf knapp 16 Millionen Euro hochgeschnellt. Trotz der massiven
Kostensteigerung hält die Mehrheit der Stadtverordneten am Bau fest und will die
Neuerrichtung ohne Abstriche durchziehen.
Ein Antrag auf Durchführung einer
Bürgerbefragung wurde in der letzten Sitzung ebenso abgelehnt wie der
Vorschlag, zumindest einige Extra-Ausstattungen einzusparen. Unbeirrt wollen vor
allem SPD, Linke und Grüne den Millionenbau durchziehen. Wahrscheinlich werden
es 20 Millionen. Diese Zahl wurde sogar vom Bernauer Bürgermeister Stahl (Die Linke), der sich schon nach kurzer Amtszeit als genauso beratungsresistent wie der von den Bernauern gechaste alte CDU-Bonze aufführt, im Interview mit der "Märkischen Oderzeitung bestätigt.
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Die Initiatoren des Bürgerbegehrens
„Stopp Rathaus-Neubau“ |
Da die SVV und der Bürgermeister die
Bürger unserer Stadt nicht dazu befragen wollen, ob sie trotz dieser massiven
Steigerung den Fortgang wünschen, muss nun ein verbindliches Bürgerbegehren
durchgeführt werden. Es werden 4.000 Unterschriften bis Anfang
Dezember benötigt.
Im ODF-TV aus Eberswalde
lief ein guter Bericht zum Auftakt des Bürgerbegehrens "Stopp Rathaus-Neubau".
Wie im Bericht zu erkennen ist die Zustimmung in der Bevölkerung überwältigend. Im Beitrag des ODF-TV gibt auch der Hauptverwaltungsbeamte Stahl ein Interview. Er spricht dort von bisherigen Ausgaben von 2 Mio. Euro.Wahr ist vielmehr, dass knapp 2 Millionen verplant sind, von
denen aber noch nicht alles bezahlt werden musste. Es befinden sich hierunter
auch Kosten wie etwa für die alternative Standortuntersuchung – also
Kosten, die so oder so angefallen wären. Mithin Kosten, die auch durch ein
womöglich erfolgreiches Bürgerbegehren nicht nutzlos werden würden, sondern
völlig unabhängig hiervon aufgewendet worden wären bzw. aufgewendet worden sind
oder aufgewendet werden werden.
Folgerichtig teilt die Stadt
Bernau in ihrer amtlichen (vom Bürgermeister aber bis heute geflissentlich
übergangenen) Stellungnahme an die Initiatoren des Bürgerbegehrens mit, dass
dieses keine zusätzlichen Kosten verursacht (Schreiben der Stadtverwaltung
Bernau vom 21.10.2016 (Akt.-Z.: BM/10.1 ssp – 12 98 00). Es ist ein
kommunalrechtlich einmaliger Vorgang, dass die Behörde in ihrer offiziellen,
von der Presse weniger beachteten Stellungnahme
das eine und in den
medialen Verlautbarungen des Hauptverwaltungsbeamten
das andere sagt.
Zugleich behauptet der
Bürgermeister, dass Fördermittel verloren gehen würden. Auch das stimmt nicht.
Denn die von ihm zitierten Fördermittel sind zum einen noch gar nicht
geflossen, zum anderen gehen sie bei einem bescheideneren Ausbau auch nicht
verloren. Bei den hier greifenden Fördermitteln handelt es sich um das Programm
„Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ des Bundesbauministeriums. Es
ist unwahr, dass ein bescheidenerer Umbau nicht förderfähig wäre. Das
Förderprogramm ist nicht an einen Neubau geknüpft. Es kann sein, dass bei der
Wahl eines Standortes außerhalb der (erweiterten) Innenstadt eine
Förderfähigkeit wegfallen könnte, aber das ist überhaupt nicht Gegenstand des
Bürgerbegehrens.
Unredlich ist der Vorhalt,
dass die Bürgerbeteiligung zu spät kommt. Die Unabhängigen haben seit Anfang an
(in den letzten 5 Jahren) dafür geworben, die Bürger bei einem derart
richtungsweisenden Vorhaben zu beteiligen. Allerdings wurde unser Ansinnen
abgelehnt. Dieselben Leute, die damals unseren Vorschlag auf Bürgerbeteiligung
abgelehnt haben, werfen uns heute vor, dass die Bürger früher hätten beteiligt
werden müssen. Das ist schlichtweg unredlich.
Besorgniserregend ist das
Eingeständnis des Bürgermeisters, dass das Erreichen der 20 Millionen durchaus
realistisch ist. Als Die Unabhängigen vor 3 Wochen davor warnten, dass es
durchaus 20 Millionen werden könnten, wurden wir noch verlacht. Nun gilt diese
Zahl als „machbar“. Wo ist die Grenze?
Mit unserem Grundverständnis
transparenter Politik und Sparsamkeit der öffentlichen Hand ist es unvereinbar,
wie lax und locker die Kostensteigerung damit begründet wird, dass doch allen
klar gewesen sein muss, dass die seinerzeit vor der Wahl versprochene
9,8-Millionen-Obergrenze nicht ernst gemeint gewesen sei. Die Unabhängige
Fraktion kritisiert die Selbstverständlichkeit, mit der hier eine glatte
Wählertäuschung im Geschäftsgang entschuldigt wird. Nein, wir halten es nicht
für OK, wenn vor der Wahl 9,8 Millionen versprochen werden und dann nach der
Wahl gesagt wird, dass es doch klar gewesen sei, dass es 60% teurer wird.
Im Übrigen weisen wir auf die
Werte des Statistischen Bundesamtes 2015
über die durchschnittlichen Kosten von Verwaltungsgebäuden hin. Aus den
wissenschaftlich ermittelten Werten der Studie (S. 29, Punkt 4) geht hervor,
dass die durchschnittlichen Baukosten für Büro- und Verwaltungsgebäude 1.675
Euro je qm betragen. Der Rathaus-Neubau soll eine Nutzfläche von 6.400 qm
haben. Dies würde einen Gesamtpreis 10,7 Millionen bedeuten. Möge die
Stadtverwaltung erklären, warum sie um 50% höher veranschlagte Kosten für
normal erachtet.
Die Unabhängigen fragen auch,
warum keinerlei Versuche unternommen worden sind, mögliche Haftungsansprüche
gegen das Architekturbüro zu prüfen. Wer eine Ausschreibung bzw. einen
Wettbewerb mit dem Versprechen gewinnt, nicht über 10 Millionen zu gehen und
dadurch Mitbewerber aussticht, trägt auch eine gewisse Verantwortung. Welche
Bemühungen wurden unternommen, hier etwaige Ansprüche zu prüfen?
Zugleich stemmen wir uns auch
gegen den durch den Bürgermeister vermittelten Eindruck, dass nur ein teurer
Neubau bürgernahe Serviceleistungen ermöglichen würde. Dies stimmt aus 2
Gründen nicht: a) Es ist naheliegend, dass auch ein Verwaltungsgebäude, welches
„nur“ 10 Millionen kostet, in der Lage ist, bürger- und
angestelltenfreundliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. b) Zum anderen sei
daran erinnert, dass allein die mehrjährige Bauphase massive Beeinträchtigungen
für Bürger und insbesondere Anlieger und erhebliche Kosten für Zwischenmieten
nach sich zieht.
Die Unabhängigen sahen sich
gleich bei der ersten Unterschriftensammlung am 25. Oktober einer Kette von Repressionen
ausgesetzt. Nur wenige Minuten nach Sammlungsauftakt schaltete sich das
Ordnungsamt ein und wollte die Unterschriftensammlung in der
Bürgermeisterstraße unterbinden. Kurz danach kam sogar die Polizei (die eine
Wache im Rathaus unterhält) und meinte, dass es sich um eine unangemeldete
Versammlung handele, weswegen Personalien aufgenommen werden müssten und unter
Umständen ein Bußgeld drohe. Wir Unabhängigen hoffen, dass wir frei und
demokratisch und ohne Repression die bestehenden kommunalverfassungsmäßigen
Rechte der Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen dürfen.
Wir sind der Überzeugung, dass die
Menschen bei einem derart wichtigen Projekt mitreden können müssen. Durch die
massive Kostensteigerung ist die Geschäftsgrundlage des Handelns weggefallen.
Den Bürgern wurde vor der Kommunalwahl versprochen, dass die Kosten unter 10
Millionen bleiben. Wenn nun eine derartige Veränderung eintritt, kann man sich
nicht einfach darauf zurückziehen, dass Preissteigerungen normal seien. Denn
Bernau benötigt das Geld auch und vor allem an anderen Stellen. Aufgrund der
sinkenden Einnahmen und dem kommenden Wegfall des Solidarpaktes müssen wir
jetzt schon sparsam handeln, um Investitionen in Schulen, Kitas und die
dringend benötigte Ortsumgehungsstraße nicht zu gefährden.
Wichtiger
Hinweis: Eine haushaltsrechtliche Prüfung ergab, dass entgegen den
Behauptungen des Bürgermeisters in der Presse, dieses Bürgerbegehren bzw.
dessen Anliegen keine zusätzlichen Kosten verursacht. Dies wurde von der
Wahlleiterin bestätigt.
Wir sind zuversichtlich, die
Unterschriften zu schaffen und rufen alle Bernauer auf, bei der Sammlung
mitzuhelfen.