Mein alter Doktorvater Gerhard M. sagte schon vor rund 30 Jahren folgenden bedenkenswerten Satz: Wenn man nur weit genug nach links geht, kommt man irgendwann ganz rechts an. Menschen wie Horst Mahler - in den Siebzigern Anwalt der linksradikalen RAF und heute ein übler Neonazi, der die planmäßige Judenvernichtung durch die Nazis leugnet - sind lebendiger Beweis für diese These.
Nun haben wir auch bei uns im Barnim und Bernau einige Linksradikale, sogenannte Antifaschisten, die es sich unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Nazis mit Steuermitteln bequem gemacht haben. Seit Jahren gibt man immer wieder eine Broschüre gleichen oder ähnlichen Inhalts heraus: Die ganze Welt im Barnim besteht aus Nazis. Da man diesen aber mit Recherchen nicht wirklich nahe kommt, hat man sich auf die Unabhängigen in Bernau und im Landkreis eingeschossen. Und vermutet munter vor sich hin: Sollte, hätte, könnte, würde, vielleicht, wohl doch oder auch nicht. Die Konjunktive sind vielfältig, um die garstigen verkappten Rechtspopulisten zu entlarven und zu diffamieren.
Initativen der Unabhängigen für moderate Abwasserpreise? Nur, um die Bürger anzulocken und zu ködern! Eine symbolische Unterstützung des Landkreises an die Familie des in Eberswalde von Neonazis erschlagenen Arbeiters
Amadeu Antonio Kiowa auch auf Initiative der Kreistagsmitglieder von BVB/FW sogar gegen den Widerstand der Fraktion der Linken? Tarnung. Die Allianz Unabhängiger MigrantInnnen und die Mitarbeit im Barnimer Beirat für Migration und Integration? Man will ausländische Nazis einbinden. Unterstützung der Jüdischen Gemeinde Bernau? Alles Nazis und Zionisten. Valli schreibt einen Kommentar im Barnim Blog und benutzt den Ausdruck "
Nationale Front" ? Jetzt haben wir ihn, denn
National ist nazistisches Gedankengut. So einfach ist das. Punkt.
Es wäre fast lächerlich, zumal sich diese Typen offensichtlich auch keinerlei Kenntnis der jüngeren deutschen Geschichte erfreuen und sich damit in ihrer Dummheit selbst entlarven. Wahrscheinlich wissen sie nicht einmal, was Faschismus in Deutschland bedeutet und angerichtet hat. Es geht wahrscheinlich auch gar nicht um das Thema. Offensichtlich hat hier eine kleine Clique eine auskömmliche Möglichkeit gefunden, von Steuergeldern zu leben. Die Broschüre ist schlecht gemacht, hat deutliche Rechtschreibe- und Grammatikmängel, der Ausdruck ist teilweise infantil. Auch der Neuwert für eine durchaus nötige Auseinandersetzung mit den Neonazis ist marginal.
Geradezu lächerlich ist die Einordnung des Bernauer Hussitenfestes als pränazistische Veranstaltung. So schreibt die "Märkische Oderzeitung" heute: "Auch das Hussitenfest kommt in der Broschüre nicht gut weg. Zwar sei
nicht jeder Besucher ein Nazi oder Rassist, es bestehe aber eine gewisse Nähe, ist dort zu erfahren. „Die Ablehnung der Moderne, die Romantisierung rückständiger Bräuche,... die Chance, Metsaufend in Ritteroutfit und mit Schwertern rumzulaufen, eint die Besucher des Festes.“ Demnächst muss man als Besucher des Festes wohl damit rechnen, auf eine schwarze Liste der sogenannten Antifa zu kommen?
Da, wo man sich wirklich mit der NPD beschäftigt, bleibt es nebulös. Beispiel: Der Sohn der Besitzerin des Schönower "Alten Dorfkrugs"
soll den Hitlergruß gezeigt haben. Soll! Hat es jemand gesehen? Und wenn, warum ist diese Schweinerei nicht strafrechtlich relevant? Das sind Fragen, die den Bürger interessieren würden, aber man verbeißt sich lieber in die Waden der Unabhängigen und käut uralte Glossen wieder. Das ist einfacher. Und man übersieht dabei, dass die NPD schon längst in Kommunalparlamenten und sogar im Kreistag sitzt.
Wie gesagt, diese Truppe der selbsternannten Nazijäger ist peinlich, verzichtbar und wäre fast lächerlich. Wenn sie in ihrer üblen Progromhetze nicht schon längst dazu übergegangen wäre,
gewählte Abgeordnete und ihre Familien zu beschimpfen und zu verfolgen. Wie es M. kurz vor einer Schönower Veranstaltung gegen Rechts ergangen ist, bei der sie von uns gemeinsam ausgesuchte Texte aus den Tagebüchern von Victor Klemperer vortragen wollte und ihr selbsternannte Antifaschisten das Recht absprachen, auf dieser Veranstaltung aufzutreten, habe ich
hier im Blog schon einmal geschildert. Und da ich im vorigen Jahr aufgrund meiner Unterstützung für die Petition aller Demokraten gegen den Naziaufmarsch in Dresden am 14. Februar einen Drohbrief der Neonazis erhielt, schließt sich hier der Kreis. Man "kämpft" gegen Nazis, indem man sich ihrer Methoden bedient und kommt damit ganz Rechts an. Pfui Teufel.
Übrigens: Die veröffentlichten Tagebücher Victor Klemperers aus den Nachkriegs- und DDR-Zeiten tragen den Titel "So sitze ich denn zwischen allen Stühlen". Nun, ich bin stolz auf meinen Hintern, er wird heute genau neunundfünfzig Jahre alt und hat sich schon öfter auf ungewöhnlichen Sitzgelegenheiten niederlassen müssen. Der Rollsitz im Rudereiner oder im Doppelvierer, der weiche Sessel, der harte Gartenstuhl, Konferenzstühle, harte und weiche Autositze, der breite und bequeme Sitz unseres Kanus, auch der symbolische Schleudersitz - es war fast alles dabei. Und man gewöhnt sich daran, zwischen allen Stühlen oder auf einer harten Kante zu sitzen. Meinetwegen auch noch weitere neunundfünfzig Jahre...
Foto: Olga Meier-Sander / pixelio.de