Rekonstruiertes Bankgebäude in Odessa (Rückfront) |
Wie gesagt, in der alten Staatsbank war noch keinem ein Ziegel auf den Kopf gefallen. Trotzdem sollte was Standesgemäßes her. Kurzerhand schrieb die Stadt einen Architekturwettbewerb aus. Und da ein Umbau oder Ausbau des vorhandenen Gebäudes natürlich für die größte Stadt Bernau der Welt nicht in Frage kommt, sollte es gleich ein neuer Verwaltungspalast sein. Offiziell war allerdings immer von Sanierung und Rekonstruktion die Rede. Dass der Bürgermeister von Anfang an einen Neubau wollte, war allerdings ein offenes Geheimnis.
Vorderfront Bankgebäude Odessa |
Dass man- nebenbei bemerkt - auch mit viel Geschmack und vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln alte Gebäude rekonstruieren und architektonisch aufwerten kann, zeigen die beigefügten Fotos aus Odessa / Ukraine.
Und selbst Neubauten müssen nicht bombastisch wirken und können sich in ein altes Stadtzentrum harmonisch einfügen, wie ein Foto aus Esslingen bei Stuttgart zeigt.
Was die Stadtverordneten allerdings nicht berücksichtigten, war der drohende Verdienstausfall für das Ordnungsamt: Denn parkt man heute als Bürger in der Nähe des bisherigen Gebäudes, um in der Meldestelle irgend etwas zu erledigen, ist sofort ein Kontrolletti da, der die Parkscheibe überprüft. Auch ich durfte im Sommer mal kurz 15 Euro löhnen, weil ich aufgrund starken Gewitterregens nur daran gedacht hatte, wie ich relativ trocken in die Meldestelle kommen könnte und dabei die Parkscheibe vergessen hatte. In Bernau sind eben die Kontrollettis sogar regenresistent. Wie hoch die Ausfälle bei Ordnungsgeldern sein würden ? Ein weiteres Geheimnis.
Nun also ein neuer Vorschlag - Begründung siehe oben: Die Stadtverordneten wollen gleich ein neues Verwaltungszentrum bauen, möglichst größer und schöner als das in Eberswalde. Dass man mit dem ins Auge gefassten Standort einen der letzten kostenlosen Parkplätze beseitigt - das unbebaute Gelände gegenüber dem Krankenhaus - stört die Initiatoren nicht. Sie sind Bernauer und haben ihren Parkplatz.
Gelungener Neubau im alten Zentrum von Esslingen |
Was das Ganze kosten soll, ist ein Geheimnis, zu dessen Wahrung ich mich schriftlich verpflichten musste. Allerdings sei bedacht, dass - selbst wenn man die veranschlagte Summe kennen würde- gerade in Bernau der Paragraph 2 der deutschen Bauordnung ("Alles wird viel teurer als geplant") gilt.
Bürgermeister Hubert Handke ist gegen einen anderen Standort. Und zwar mit einer Begründung, die mich mit lautem Lachen auf dem Fußboden kugeln ließ: Das neue Rathaus sei " ein Baustein zur Steigerung der Attraktivität der Innenstadt und kann als Zielort der Bürger und durch die Wegebeziehungen der Mitarbeiterinnen einen Beitrag zur Belebung der Innenstadt leisten " (Zitat nach "Märkischer Oderzeitung" vom 28.11.2012, Seite 13).
Nun ist die Bernauer Innenstadt nach 17:55 Uhr in etwa so belebt wie der Wiener Zentralfriedhof um Mitternacht. Ab 16:45 Uhr gibt es keinen ess - oder bezahlbaren Kuchen mehr in der Bürgermeisterstraße und wenn McPaper um 6 Uhr abends zumacht, ist Pumpe mit der Belebung. Dass es unserem Hubert nun nicht ausreicht, seine armen VerwaltungsangestelltInnen - unter denen (das meine ich jetzt nicht ironisch) sich zweifellos auch sehr attraktive Damen befinden - am Tage hin und her zu hetzen, damit der Besucher der Innenstadt einen schönen und belebten Anblick hat, bietet Anlass zum gewerkschaftlichen Nachdenken aus arbeitsschutz - und arbeitsrechtlicher Sicht. Sowie zu neuerlichem Pläneschmieden. Wie wäre es denn, das renovierte/ neu gebaute Rathaus II in der Bürgermeisterstraße ab 18 Uhr dem örtlichen Bordellbetreiber zur Verfügung zu stellen ? Damit dessen Mitarbeiterinnen "durch die Wegebeziehungen einen Beitrag zur Belebung der Innenstadt leisten" (Zitat "MOZ" Ende) ?
Ob unser Hubert allerdings für diesen Plan zu begeistern ist, bleibt ein weiteres Geheimnis in dieser mit Geheimnissen beladenen Geschichte, die den normalen Steuerzahler und Bezahlbürger nur noch ratlos und kopfschüttelnd zurück lässt...
Fotos: © fv 2012