Manchmal, wenn ich zum Beispiel alte Sketche von Otto Waalkes oder auch Fips Asmussen höre, so aus den 70ern des vorigen Jahrhunderts, merke ich dreierlei: Einmal natürlich, daß ich selbst aus dem vorigen Jahrhundert stamme. Zweitens, daß diese Humoristen ihrer Zeit weit voraus waren und drittens, daß viele dieser Blödeleien leider wahr geworden sind.
Vieles, was Otto damals durch den Kakao zog und was damals noch wegen seiner Skurrilität absolut undenkbar war, wird heute von der Meinungselite aus Politik und Medien in diesem Staat als normal propagiert. Asmussen - der zugegebenermaßen eine vergleichsweise niedrige Schiene des Humors vertritt - kannte z.B. schon drei Geschlechter. In seinem Witz mit dem Ozeandampfer, bei desssen Kollision mit einem Eisberg Frauen mit Kindern sich an Backbord und Männer sich Steuerbord sammeln sollen, bleibt eine Person in der Mitte stehen und fragt " Und ich soll wohl sterben?". Nun gut, inzwischen sind 40 Jahre vergangen und an wissenschaftlichen Fördergeldern interessierte Kreise haben noch ca. 62 weitere Geschlechter entdeckt. Soviele Seiten hat ein Dampfer nicht. Auch wenn man oben und unten und vorne und hinten mitzählt.
Legendär ist auch Waalkes Auftritt als Pfarrer, der eine heilige Christopherus-Plakette an seiner Orgel angebracht hat und darum noch nie mit einer anderen Orgel zusammen gestoßen ist. Gerade in Berlin kennzeichnet dieser Sketch die Verkehrsplaner, besonders von den Grünen - die im nächsten Jahr ein neues Verkehrskonzept der Hauptstadt vorstellen wollen - auf beißendste Art und Weise. Jedes Mal, wenn ich mal wieder mit dem Auto in dieser Ansammlung von Häusern (eine Stadt ist etwas funktionierendes und deshalb ist Berlin keine Stadt mehr) unterwegs sein muss, denke ich, es kann nicht mehr schlimmer werden. Beim nächsten Mal ist es noch viel schlimmer geworden.
Ich freue mich jedenfalls schon auf die grün angestrichenen Fahrradwege mit Überholspur, auf die Lastenfahrräder zur Versorgung der Innenstadt und auf den schon heute nicht funktionierenden ÖPNV, bei dem wie heute morgen ein einziges defektes Stellwerk am Ostbahnhof ausreicht, um den gesamten S-Bahnverkehr der Stadt lahm zu legen. Aber Hauptsache, man trägt einen grünen Zweig im Herzen (besser noch: in der Brieftasche oder auf dem Konto) und hat eine heilige Christophorus-Plakette
an der Orgel am Lastenfahrrad. Oder am grünen (Schreib-) Tisch. Was gleichbedeutend mit einem gewaltigen Knall im Kopf ist.
Schön ist Otto W. auch in seiner ersten Predigt als Pfarrer, in der er lang und breit über das Thema "Theo, wir fahr'n nach Lodz" referiert. Angela Merkel versuchte Anfang der 70er Jahre vielleicht gerade, die Physik auswendig zu lernen und sich in den Klausuren nicht beim Abschreiben erwischen zu lassen, als Otto schon perfekt ihren typischen, klebrigen Singsang bei öffentlichen Reden, ihre einmalig abstrusen Satzkonstruktionen und vor allem ihre phantastischen Schlußfolgerungen aus dem abgelesenen und trotzdem unverständlichen Quark a la "Wir schaffen das!" vorweg nahm. Genial, dieser Otto!
Oder nehmen wir Ekel Alfred Tetzlaff. Der kannte ebenfalls in den frühen 70ern schon den Maddin Chulz und den magenverkleinerten Siggi "ich kann auch Außenminister und will mich in dem Job mehr um meine Familie kümmern" Popp:
Was damals noch satirisch überspitzt wirkte, ist heute 100 Prozent wahr geworden. Auch wenn der Herr Chulz dieser nordkorea-
nischen Traummarke vielleicht niemals mehr auch nur annähernd nahe kommen wird. Na gut, die 20-Prozent - Marke ist auch schon eine Leistung und muss erstmal gerissen werden.
Ich meine von unten....