Der große englische Dramatiker, Dichter und Lyriker William Shakespeare ist auch nach rund 400 Jahren lebendig wie nie zuvor. Am 25. April 1564 wurde er in Stratford-upon-Avon getauft. Er starb dort im Mai 1616. Hinterlassen hat er der Menschheit ein Erbe von Historiendramen, Komödien, Tragödien und Versdichtungen, das - überspitzt gesagt - alle Dichtung nach ihm oftmals überflüssig erscheinen lässt.
Shakespeare ist - beschäftigt man sich mit seinen Werken - so lebendig wie ein Dichter nur sein kann. Sein Herz schlägt so lebendig, dass die britische Royal Shakespeare Company im Zusammenhang mit dem World Shakespeare Festival 2012 ein Projekt ins Leben gerufen hat, dass die Frage klären soll, wie wir heutigen Menschen diesen Dichter heute interpretieren. Um das Ziel etwas modern-poetisch auszudrücken: Man will Shakespeares digitalen Herzschlag messen. Das Projekt läuft vom 17. April bis November 2012,
man kann sich hier informieren und teilnehmen.
Da ich seit über 40 Jahren Mitglied der
Deutschen Shakespeare- Gesellschaft, der ältesten literarischen Vereinigung der Welt, bin, war es mir eine besondere Freude, die gestern im Link zum Post publizierte enthusiastische Hymne von Kate Tempest an den Dichter ins Deutsche zu übersetzen. Und hier ist sie, die Ode an William "My" Shakespeare mit der Begründung, warum Willi so lebendig ist:
Mein Shakespeare
Er ist bei jedem Liebenden, der jemals
allein unter einem Fenster stand,
in jedem eifersüchtig geflüstertem Wort,
und in allen Geistern, die keine Ruhe finden.
Er ist in jedem Vater mit einem Lieblingskind,
in jedem Auge, das begehrt, was andere haben
und dabei verspürt vor Neid die Enge in der Brust..
Er steckt in jedem jungen Kerl, der überheblich prahlt,
in jedem Älteren, der stets tot müde und betrunken
Unmengen von falschen Warnungen verschwendet
In jedem Durcheinander, das völlig außer
Kontrolle torkelt
Auch wenn niemand mehr den Anlass kennt.
Er ist in jedem Mädchen, dass jemals seinen Verstand
gebrauchte.
Oder ihr Bestes im eitlen Wahn zu gefallen tat.
Er kennt jeden heißblütigen Emporkömmling
jedes falsch verstandene Wort an das erhitzte Gemüt.
Jede Schachfigur, von ihm exakt geführt, gewinnt
und glaubt doch, sie hätte nie gespielt.
Jede Liebe unter schlechtem Stern,.
Jede Idee, die dich mit den Zähnen knirschen lässt,
jeder atemlose Held, kurz vor dem Abgrund,
der Leitfaden unserer Verrücktheit
- so frisch wie festgetretener Schnee –
das Haar, das uns zu Berge steht,
Er sah, dass all’ das Glitzern nicht aus Gold ist,
wir niemals auch nur ein Auge schließen dürfen,
dass wir das Herz in unserer Hose tragen
Und dass uns die Bestie mit den zwei Rücken
Schon längst auf die Knie gezwungen hat
Während wir Feuer mit Feuer bekämpfen.
Zu viel von einer guten Sache
Seine Feder ist mächtiger als das Schwert
Und immer noch scheint er unsere Namen zu rufen,
denn ihm gehört die Milch der frommen Denkungsart,
warm genug, um jedes Eis zu schmelzen.
Das Ungeheuer mit den grünen Augen,
noch immer sauer eingelegt.
Vorsicht ist besser als Nachsicht.
Seine Briefe legen ihre Arme
Stolzieren bis zum Ende ihrer Sätze
Und sind stolz auf ihre Tat.
Seine Worte sind die Kulissen
der Dichtkunst tief
in unsere Sprache senkte,
er ist in unseren Mündern,
seine Worte haben sich um uns gewickelt
und drücken unsere Empfindungen so aus
Kann jemand sich vorstellen,
ohne ihn fühlen zu können ?
Antworten von den fehlenden Vätern fordernd
Vergesst dabei das alte Bühnenbild.
Und seht die wilde Ungewissheit unserer letzten Umarmung
das Gelächter der Nacht vor allen Taten,
die zusammen gebissenen Zähne am Morgen danach.
Teil unserer Könige und unserer Schurken.
Mehr als jede Schule uns lehren konnte
An Sprachen, die niemand versteht.
Als das Gefühl der Unvollkommenheit
Wenn wir unsere Prüfungen bestehen müssen.
Er ist in jeder weisen Frau,
in jedem erbärmlichen Schuft.
Jedem großen König, jedem geborenen Verlierer
Jeder vorgetäuschten Träne.
In den Leben, die in all dem leben,
Das
englische Original gibt es hier.Und bevor wir wieder unsere täglichen Prüfungen bestehen müssen, atmen wir noch einmal durch und denken an Romeo und Julia oder den armen Hamlet...
Copyright: Kate Tempest (für das englische Original)
fv 2012 (für die deutsche Übersetzung)