Nichts ist schlimmer als ein Konvertit. Konversion (v. lat.: conversio = Umwendung) bedeutet die Übernahme von neuen, anderen Glaubensgrundsätzen, religiösen Traditionen und Bräuchen bzw. der Kultur, durch den Konvertiten, d.h. die Person, die den Prozess der Konversion durchlaufen hat. Die Konversion bedingt die Verinnerlichung der jeweiligen Anforderungen der neuen Glaubensgemeinschaft. Meist ist der neu Hinzugekommende eifernder in seinem neuen Glauben als die alten Mitglieder der Glaubensgemeinschaft und bekämpft wütend seine ehemaligen Glaubensgenossen. Deshalb ist der Konvertit so schlimm und so nervend. Wenn er dann noch von einem Irrglauben zum nächsten gewechselt hat, ist er ein dummer Konvertit und noch viel schlimmer als die einfache Variante. .. Am schlimmsten aber ist Günter Schabowski, von dem wir in der heutigen Ausgabe der "Märkischen Oderzeitung" ein einseitiges Interview lesen mussten. Wer war, wer ist Günter S. eigentlich ? Einige Bemerkungen zum Leben eines hohen SED-Funktionärs: Günter Schabowski arbeitete nach üblicher Parteikarriere und Parteischule in Moskau zunächst beim SED-Zentralorgan "Neues Deutschland", zu dessen Chefredakteur er im Jahre 1978 avancierte. Das war schon was, das wurde nicht jeder ! Mit dieser Funktion war ein weiterer politischer Aufstieg verbunden, der ihn 1981 zunächst ins Zentralkomitee der SED und 1984 schließlich als Mitglied des Politbüros ins Zentrum der Macht führte. Als Mitglied dieses höchsten Parteigremiums genoss er alle Priviligien und er genoss sie gern, obwohl er das heute abstreitet. Ein Jahr später wurde er nach dem Sturz des alkoholkranken Konrad Naumann Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED von Ost-Berlin und war aufgrund dieser Position als Nachfolger Erich Honeckers als Staatsratsvorsitzender und Generalsekretär der SED im Gespräch und damit unmittelbare Konkurrenz für Egon Krenz. Wie Krenz konnte auch er damals keinen einzigen Satz frei sprechen, er musste fast alles ablesen. Diese Schwäche fast aller DDR-Funktionäre sollte sich noch fatal auf die Geschichtsschreibung auswirken ! Noch 1989 erhielt S. aufgrund seiner Linientreue den Karl-Marx-Orden - den höchsten zivilen Orden der DDR - verliehen. Seinen Platz in der Geschichtsschreibung sicherte sich Schabowski allerdings durch reine Dämlichkeit: Am Abend des 9. Novembers 1989 verlas Schabowski auf einer Pressekonferenz, die live im DDR-Fernsehen übertragen wurde, den Zettel mit einer Nachricht über eine neue Reiseregelung:
"Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt. […] Ständige Ausreisen können über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD erfolgen."
Auf die Frage eines Journalisten, ab wann die neue Regelung gelte, antwortete Schabowski ohne weitere Rückfragen: „Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich.“ Die Regelung sollte eigentlich erst am folgenden Tag um 4 Uhr früh veröffentlicht werden.
Einmal sprach ein hoher SED-Bonze frei ohne Manuskript und das Ende der DDR war mit der Öffnung der Westgrenze besiegelt!
Schabowski mutierte in der Folgezeit zu einem der schärfsten Kritiker der ehemaligen DDR und der SED-PDS, aus der er im Januar 1990 ausgeschlossen wurde. Es kann sein, dass er sich als deutscher Gorbatschow oder Jelzin gesehen hatte und ihn die Enttäuschung, dass ihn niemand mehr haben wollte, zu seinen späten Einsichten geführt hat. Wer ihn einmal zu DDR-Zeiten live erlebt hat, spricht ihm Einsichten aus moralischen Bedenken ab. Er war immer ein 250%-iger SED-Funktionär, der stets stramm auf Parteilinie marschierte, diese rücksichtslos durchsetzte und dabei nicht nur Karrieren zerstörte. Diskussionen wurden von ihm niemals zugelassen. Er hat seinen Charakter auch als Konvertit kaum verändert, wenn er z.B. die heutige reine Parteiendemokratie in Deutschland als Nonplusultra der Geschichte betrachtet und alle beschimpft, die das nicht ganz so sehen. In seiner Funktion als williger Büßer und gleichzeitig Kritiker der Linken wird er jedenfalls seit damals immer wieder gern zitiert oder für Interviews herangezogen. Dafür ist er sicherlich nützlich. Aber wer will es uns ehemaligen DDR-Bürgern verdenken, dass wir ausgerechnet diesen falschen Fuffziger nicht mehr sehen oder hören wollen...