In den vergangenen dreissig Jahren mussten meine Familie und ich viel Rassismus ertragen. Es ging damit los, dass sich meine geliebte M. an einem Sonntagnachmittag im Jahre 1990 gegen 16 Uhr auf ihrer Arbeitsstelle einzufinden hatte und sich vor drei Professoren aus dem Westen rechtfertigen musste. Warum hatte sie z.B. ein Backlabor in einem großen, völlig leeren Raum ganz allein eingerichtet und nicht einfach eine Firma damit beauftragt? Wie konnte sie auf einer Techniker- (keiner Wissenschaftler-) stelle eigenständig Ausbildung betreiben? Konnte sich im Westen keiner vorstellen, wie es in der DDR war. Später, als der Ostberliner und Westberliner Bereich der Uni dann zusammen gelegt waren, hatte sie lange zu kämpfen, bis ihre Erfahrungen bei der Ausbildung junger Lebensmitteltechnologen endlich anerkannt wurden. Inzwischen hatte sie allerdings gelernt, dass der Westen nur mit lauwarmem Wasser und mit Rezepten von Vorgestern kocht. Ihr Professor schrieb dann seine Artikel und Bücher nur noch mit ihr zusammen.
Unser ältester Sohn ging nach Masterabschluß an eine Uni nach NRW. Das ist das Bundesland mit dem "besten" Bildungssystem der BRD - nicht. Sohnemann wollte dort promovieren und musste sich zunächst anhören, dass er ja nur ein DDR-Abitur hätte. Wie gesagt: Ausgerechnet in NRW!
Inzwischen ist unser Ältester Professor an einer TH im Westen und hält über 30 Patente im Bereich IT.
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Särge (Netzfund) |
Unser "Kleiner" (1,92 m !) hatte schon mit 26 Jahren sein zweites Staatsexamen und war damit Volljurist, was in der Branche in diesem Alter durchaus unüblich ist. Er finanzierte sich wie sein großer Bruder das Studium selbst und setzte sein großväterliches Erbe für ein Zusatzstudium am Trinity College in Dublin ein. Noch hat er es nicht akzeptiert, dass in der großen Berliner Anwaltskanzlei, in der er seine Perlen vor die Säue wirft, jeder senile Idiot mit Papis Anwaltskanzlei im Rücken sofort durchstarten darf. Unser Sohn wie gesagt ist aus dem Osten, hat für sein Studium gearbeitet und ist nicht geistig degeneriert. Wie so mancher Anwaltssohn aus Papis letztem Erguss.
Mir selbst erging es seit 1990 nicht besser. Ich habe nach der Wende ausschließlich bei westdeutschen Firmen gearbeitet. Nicht nur einmal wurde ich gefragt, ob ich meinen Doktortitel von der Stasi hätte. Den Gipfel der Infamie erreichte ein firmenbekannter Denunziant, als er mir einreden wollte, wir zwei wären in der gleichen Partei gewesen. Er war angeblich mal im Kommunistischen Bund Westdeutschlands. Obwohl er nun wahrscheinlich von mir ein Bekenntnis zur SED erwartete, sah ich ihn nur kühl an und sagte: "Dann warst du ja ein linker Sektierer!"
So manches Mal ( aber nur bei einigen Wessis) habe ich in den vergangenen Jahren bedauert, dass wir niemals aufeinander schießen durften. Aber nicht alle Wessis sind blöd und ich vergaß die Mordgelüste irgendwann. Vielleicht hätten wir ob der anhaltenden Diskriminierung einfach mal den örtlichen ALDI plündern oder ein Adenauer-Denkmal ins Wasser schmeißen sollen?
Inzwischen juckt mich dieser Blödsinn allerdings nicht mehr. Meine Familie ist finanziell abgesichert, wir können jedem dieser Idioten den dicken Daumen zeigen. Mir kann inzwischen auch fast jeder erzählen, wie dumm er ist, ohne dass ich die Kalaschnikow heraus holen will.
Apropos dumm: Die BLÖD hopst natürlich voll auf den Rassismuszug und interviewt schwarze Menschen in Berlin zu ihren Erfahrungen mit Rassismus in Deutschland. Ich möchte nicht alles lächerlich nennen, was dort von dunkelhäutigen Menschen vorgebracht wird. Aber das meiste ist mehr als albern, z.B. wenn sich jemand darüber beschwert, wenn er als schwarzer, in Deutschland geborener Mensch gefragt wird, woher er so gut deutsch spricht.Vielleicht sollen wir gar nicht mehr miteinander sprechen?
P.S.: Ich habe weiter oben etwas ganz Wichtiges vergessen: Meine Familie und ich sind nicht schwarz, wir sind nur ehemalige DDR-Bürger. Wir wurden allerdings von den westdeutschen Herrenmenschen machmal behandelt wie Sklaven. Aber wir haben die Arschbacken zusammen gekniffen, haben nicht geplündert/randaliert und waren nicht ständig beleidigt. Und haben es letztlich allen Idioten in diesem schönen Land gezeigt ...