|
Ich glotz TV ! (sigrid rossmann / pixelio.de) |
Der Petitionsausschuss des Landtags Brandenburg hat den Eingang der Petition "ARD, ZDF ... so GEZ nicht weiter! ZahlungsZWANG STOPP! RundfunkREFORM JETZT!" bestätigt. Der Landtag will allerdings bisher lediglich über eine mehr als armselige Senkung der Zwangsbeiträge um sage und schreibe 40 Cent beschließen. Die Diskussion muss aber viel weiter gehen. Der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums hat erstmals neue Formen der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens (siehe den ersten Link weiter unten) in das politische Gespräch gebracht. Natürlich wehrt sich die etablierte Politik gegen frische Ideen, denn schließlich könnte ja jeder Politiker einmal einen warmen Sitz im Medienrat oder Beirat eines Senders benötigen. Nicht nur deshalb müssen Politiker raus aus ARD und ZDF, müssen die Rundfunkbeiräte endlich demokratisch und bürgernah legitimiert, Finanzierung, Programm und Auftrag des ÖRR demokratisch diskutiert und kontrolliert werden.
Die o.g. Petition hat folgenden Wortlaut:
"Wir, die Unterzeichner, fordern
- Wahlfreiheit an der Teilnahme und Finanzierung sowie
- umfassende, weitreichende inhaltliche und strukturelle Reformen
des ö.r. Rundfunksystems.
Die Kritik der Bürger, Landesrechnungshöfe, Medienpolitiker, Staatsrechtler und Datenschützer ist endlich ernst zu nehmen!
Die Versäumnisse jahrzehntelanger Medienpolitik sind endlich aufzuarbeiten!
Wir fordern
- die sofortige Kündigung des 15. RÄndStV/ „Rundfunkbeitragsstaatsvertrages“
zum nächstmöglichen Termin sowie
- vor Abschluss oder Verhandlung neuer Gesetze eine öffentliche Grundsatzdebatte über
Legitimation, Inhalt, Umfang und Strukturen des ö.r. Rundfunks, einhergehend mit der
- Diskussion und Einleitung grundlegender und weitreichender Reformen des ö.r. Rundfunks.
Die Bürger sind angemessen am Reformprozess zu beteiligen.
Das aktuelle Gutachten "Öffentlich-rechtliche Medien – Aufgabe und Finanzierung"
www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2014-12-15-gutachten-medien.html des 32-köpfigen, renommierten, unabhängigen und autonom agierenden
Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Finanzen
untermauert diese Forderungen sowie den dringenden Handlungsbedarf und
weist bereits mehrere Optionen aus.
Begründung:
Die Auswirkungen des 15. RÄndStV/
„Rundfunkbeitragsstaatsvertrags“ haben zu gravierenden Ungerechtigkeiten
geführt. Belastet werden in besonders hohem Maße einkommensschwache
Bevölkerungsgruppen aber auch Vereine, Haushalte der Kommunen und
Selbstständige - eine nicht zu vernachlässigende Anzahl Nichtnutzer des
ö.r. Rundfunks darin eingeschlossen.
Sollten Korrekturen nicht zeitnah, umfassend, konsequent und nachhaltig
erfolgen, müssen nicht nur der Fortbestand des ö.r. Rundfunks, sondern
auch die demokratischen Grundwerte sowie rechts- und sozialstaatlichen
Prinzipien in unserer Gesellschaft als dauerhaft gefährdet betrachtet
bzw. als nicht mehr existent bewertet werden.
Der gravierende Akzeptanzverlust und somit auch die Frage der
Legitimation des aktuellen ö.r. Rundfunks drücken sich in zahlreichen
Protesten, Foren, Initiativen, Petitionen, Widerspruchs-/
Klageverfahren, Publikationen, Vollstreckungsverfahren,
Vollzugsrückständen sowie Beschwerden zu Programmqualität u.
Berichterstattung aus.
Wir erwarten, dass die anhaltende Kritik der Bürger und Landesrechnungshöfe endlich ernst genommen wird!
Die Brandenburger Medienpolitik ignoriert seit Jahr und Tag bekannte
Missstände beim ö.r. Rundfunk und liefert keine adäquaten Antworten zur
aktuellen Medienlandschaft und zeitgemäßem Nutzungsverhalten.
Der Öffentlichkeit wird oft das Bild eines „demokratischen“ und
„transparenten“ ö.r. Rundfunks suggeriert. Parlamentarier haben aber im
Gegensatz dazu so gut wie keine Mitsprache oder Möglichkeit, bei der
Gestaltung rundfunkstaatsvertraglicher Regelungen mitzuwirken.
Sie können somit bei Vorlage der Verträge im Parlament nur noch mit „ja“
oder „nein“ abstimmen. Aktuelle Prüfberichte der Landesrechnungshöfe
sind nur den Ausschüssen vorbehalten, während der Beitragszahler nur
Vermutungen über die sachgemäße Verwendung seiner Beiträge anstellen
kann.
Im jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2014 zum
ZDF-Staatsvertrag hieß es, dass dieser in Teilen nicht
verfassungskonform sei. Auch der aktuelle 19. KEF-Bericht vom März 2014
weist dringenden Handlungsbedarf aus, so z.B. zum Thema Kreditaufnahme
(Zitat):
„Die Kommission weist darauf hin, dass die in den zitierten Regelwerken
erlaubten Kreditaufnahmen teilweise weder den EU-rechtlichen noch den
staatsvertraglichen Vorgaben (§ 1 Abs. 3 RFinStV) entsprechen. Die
Kommission erwartet von den zuständigen Organen der Anstalten eine
rechtskonforme Korrektur ihrer Regelwerke sowie deren Einhaltung.“
Der ö.r. Rundfunk mit seinen 22 Fernsehkanälen und 67 Rundfunksendern
entspricht seit mehreren Jahren nicht mehr den Erfordernissen der
heutigen Zeit. Im Zeitalter des Internets kann festgestellt werden, dass
ein ö.r. Rundfunk auch mit einem neu zu definierenden Programmangebot
einem „Grundversorgungsauftrag“ nach Bildung und Information gerecht
werden kann. Die Expansion des ö.r. Rundfunk ins Internet ist nicht
erforderlich, um Meinungspluralität zu wahren, vielmehr behindert es
diese.
Im 7. Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1992 heißt es unter anderem:
"Mit der Bestimmung des Programmumfangs ist mittelbar auch eine
Festlegung des Geldbedarfs der Rundfunkanstalten verbunden. Gleichwohl
folgt daraus keine Pflicht des Gesetzgebers, jede Programmentscheidung,
die die öff.-rechtlichen Rundfunkanstalten in Wahrnehmung ihrer
Programmfreiheit treffen, finanziell zu honorieren. [...] Die Heranziehung Dritter durch eine Geldleistung ist aber nur in dem Maß
gerechtfertigt, das zur Funktionserfüllung geboten erscheint.
Die Bestimmung dessen, was zur Funktionserfüllung erforderlich ist, kann
nicht den Rundfunkanstalten allein obliegen. Sie bieten keine
hinreichende Gewähr dafür, daß sie sich bei der Anforderung der vor
allem von den Empfängern aufzubringenden finanziellen Mittel im Rahmen
des Funktionsnotwendigen halten. Rundfunkanstalten haben wie jede Institution ein Selbstbehauptungs- und
Ausweitungsinteresse, das sich gegenüber der ihnen auferlegten Funktion
verselbständigen kann." (BVerfGE 87, 181 - 7. Rundfunkentscheidung
www.servat.unibe.ch/dfr/bv087181.html
bzw. aus „Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts“, Band 87, S.181ff , BVerfGE- 87, 181)
Wir, als Unterzeichner dieser Petition, fordern den Brandenburger
Ministerpräsidenten sowie das Brandenburger Parlament daher dazu auf,
unserer Forderung nach
- Wahlfreiheit an der Teilnahme und Finanzierung sowie nach
- umfassenden, weitreichenden inhaltlichen und strukturellen Reformen
des ö.r. Rundfunksystems umgehend Rechnung zu tragen!
Im Namen aller Unterzeichner/innen.
Oranienburg,
11.07.2014 (aktiv bis 10.01.2015)