Der "Rätschrätschrätsch"- Sänger im Schilf ist wieder da! Trotz intensiver Suche haben wir diesen Vogel noch nie gesehen, er singt die ganze Nacht durch und müsste eigentlich vor Müdigkeit vom Schilfhalm fallen! Nach einer trotzdem sehr erholsamen Nacht im neuen Zelt, das uns nach unserem alten Iglu wie ein Flugzeughangar vorkommt, gibt es frische Brötchen zum Frühstück. Danach wird der Zeltpalast abgebaut und das Boot zu Wasser gelassen. Der Durchstich zwischen Breitem und Schmalem Luzin wartet bei bestem Wetter schon auf uns. Der Schmale Luzin, ein Eiszeitsee wie fast alle hier oben, ist ein relativ schmales, sieben Kilometer langes Gewässer, das tief eingeschnitten in den Feldberger Hügeln liegt. Die Sonne meint es gut mit uns, so dass wir meistens am Ostufer mit ein wenig Schatten bleiben.
Nach drei harten Backbord-Kurven taucht vor uns die Carwitzer Mühle auf.
Es geht durch die Bäk, einen engen Bachlauf, der Schmalen Luzin und Carwitzer See miteinander verbindet. Etwa auf der Hälfte des Baches befindet sich ein altes Wehr, das nicht befahren werden kann. Man muss umtragen bzw. mit dem Bootswagen auf die andere Seite der Dorfstraße. Hier finden wir auch das erste Zeugnis von Carwitz' berühmtesten Bewohner, dem Schriftsteller Hans Fallada. Fallada (* 21. Juli 1893 in Greifswald; † 5. Februar 1947 in Berlin; eigentlich Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen) gehört zu den bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts. Hier in Carwitz entstanden unter anderem seine Werke "Wer einmal aus dem Blechnapf frißt", "Wir hatten mal ein Kind ", "Wolf unter Wölfen ", "Damals bei uns daheim" und die "Geschichten aus der Murkelei", denen ein Kinderspielplatz direkt am alten Wehr gewidmet ist.
Im Dorf selbst befinden sich neben Falladas Ruhestätte auch das Hans-Fallada-Archiv in seinem ehemaligem Wohnhaus. Das dazugehörende Museum ist leider nur am Wochenende und bis Dienstag geöffnet.
Uns treibt der Hunger weiter zum örtlichen Fischer. Hechtfilet, der obligatorische Matjes und natürlich Schlei oder Wels stehen auf der Speisekarte. Die Preise sind erschwinglich. Etwas müde geht es zurück auf das Wasser und wir schaffen es, uns auf dem großen Carwitzer See zu verfahren. Statt in Conow landen wir in der Thomsdorfer Bucht und finden dort natürlich keinen Campingplatz. Spätabends laufen wir am Conower Campingplatz ein und werden herzlich aufgenommen.
Der abendliche Hundespaziergang findet ohne den Nero statt, denn der bewacht zu Hause Haus und Hof. Wir folgen einem Wegweiser zur alten Conower Kirche, die bereits im Mecklenburgisch-Brandenburgischen Krieg um 1440 zerstört wurde. Hier wird mir zum ersten Mal die alte Technik des Feldsteinbaus klar, die ja auch bei der Bernauer Stadtmauer verwandt wurde. Man nahm tatsächlich Quark zum Mauern. Der Quark wurde einer Kalkschlempe zwecks verbesserter Geschmeidigkeit zugefügt. Die Feldsteine selbst setzte man in sogenannter Schalenbauweise in eine Art gleitende Schalung, die mit dem Gebäude nach oben wuchs. Außen in die Schalung kamen die glatten oder behauenen großen Feldsteine, innen sorgten die kleinen Steine gemeinsam mit Kalk und Quark für Masse und Zusammenhalt in der Mauer.
Müde vom Paddeln und der Sonne geht es in unseren Zeltpalast und auf die Luftmatratze.
(Fortsetzung folgt)
Fotos: "Schmaler Luzin","Carwitzer Mühle" und "Spielplatzfigur nach Hans Falladas Märchen "Geschichten aus der Murkelei" ( © mv + fv 2011)
Hallo Frank,
AntwortenLöschenGroßes Lob und Dank. Man merkt daß es gemeinsame Arbeit von Dir und deine liebe M. ist! Der Fontane-Stil ist unverkennbar. Es scheint wohl eine verjüngte Version von „Wanderungen in der Mark“ zu sein. Sehr herrliche Beschreibungen, ich freue mich schon auf die Fortsetzung.
Hans Fallada habe ich bei uns gerne gelesen. Hier kennt man höchstens „Kleiner Mann was nun“, auf Niederländisch übersetzt, aber der Titel „Wer einmal aus dem Blechnapf frißt“ bringt mich zu eine (Wunsch)Gedankenassoziation mit Äntschie hinter Gittern (Heiterkeit).
Sonnige Grüße aus meine flämische Sommerfrische,
Nadja