
"Die in eine Enteignungszentrale verwandelte Treuhandanstalt zerstörte mit einer radikalen Privatisierung die Industrielandschaft Ostdeutschlands und verschleuderte das Volkseigentum. Dabei machte sie aus dem von Detlef Carsten Rohwedder auf 600 Milliarden DM geschätzten Vermögen der volkseigenen Betriebe 270 Milliarden DM Schulden.
Die industrielle Produktion verringerte sich 1991 gegenüber 1989 in Ostdeutschland auf etwa ein Drittel. Exakte Angaben über den Anteil westdeutscher und ausländischer Erwerber sind spärlich. Michael Benjamin schätzte ein, daß 80 Prozent der Betriebe in die Hände westdeutscher und zehn Prozent in die Hände ausländischer Erwerber überging. Von dem noch im Einigungsvertrag (Artikel 25, Abs. 6) fixierten Anteilsrechten der DDR-Bürger am volkseigenen Vermögen war keine Rede mehr. Zugleich vollzog sich im Zuge der kapitalistischen Restauration eine regelrechte Abwicklung der Arbeiterklasse und eine Säuberung der staatlichen und politischen Einrichtungen. Von den 9,2 Millionen Erwerbstätigen Ende 1989 in der DDR waren bereits Ende 1992 in Ostdeutschland noch 6,3 Millionen (ohne Westpendler) übriggeblieben. Arbeiter und Arbeiterinnen wurden »vom ziemlichen Souverän zum wichtigsten Kostenfaktor«. Die Arbeitskraft wurde wieder zur Ware. Ende 1989 waren im verarbeitenden Gewerbe der DDR 3,5 Millionen Personen beschäftigt gewesen. 1995 waren es nicht einmal eine Million. Von 86000 industriellen Forschern der DDR gab es 1992 noch 26300. Ein Viertel aller Lehrer, 75 Prozent der Hochschullehrer und Wissenschaftler, z.B. auch 22560 Mitarbeiter im Bereich des Bundesministeriums für Verkehr wurden entlassen, 14716 blieben. Von den in den Jahren 1994 bis 1999 berufenen 1878 Professorinnen und Professoren kamen 1769 oder 94,7 Prozent aus Westdeutschland. Ungefähr 30000 Politiker und Beamte aus der Alt-BRD besetzten bis 1992 staatliche und politische Schlüsselpositionen in Ostdeutschland. Von 1990 bis 1992 stieg die Zahl der Arbeitslosen von 240000 auf 1,35 Millionen."
Diese kurze Zusammenfassung deckt sich wohl mit den Erfahrungen vieler ehemaliger DDR-Bürger. Apropos Einigungsvertrag: Mitte 1990 hatte ich die große, heute als sehr zweifelhaft angesehene Ehre, im Rahmen der mir zugestandenen Möglichkeiten am Einigungsvertrag zwischen beiden deutschen Staaten "mitzuwirken". Das sah wie folgt aus: Aus dem Bonner Landwirtschafts-/Ernährungsministerium kamen die entsprechenden Ausarbeitungen, in die wir die fehlenden Zahlen einsetzen mussten. Am Text selbst durfte natürlich nichts geändert werden. Mein Gott, was waren wir doch gleichberechtigt! Trotzdem habe ich diese "Wiedervereinigung" auch unter solch ungünstigen Vorzeichen damals noch als Chance angesehen. Ewiger Optimist...
Zitat nach:"Reale Alternative-Die Gegenwart der DDR. Ein Beitrag in der Erinnerungsschlacht" (Teil II) von Ekkehard Lieberam und Roland Wötzel, "junge Welt online" vom 27.11.2008
Foto: Berühmter Ossi (Rainer Sturm, www.pixelio.de)
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