
"Im Durchschnitt war der Dorfteich nur 50 cm tief. Trotzdem ist die Kuh ertrunken."
Es gibt familiär übliche Redewendungen, die ein ganzes Leben im Gedächtnis bleiben und immer wieder benutzt werden. So wird der Spruch mit Teich und Kuh bei uns in der Familie immer dann benutzt, wenn sich wieder irgend jemand mit Hilfe der Statistik an der Wirklichkeit vergreift und versucht, ein Abbild dieser Wirklichkeit nach seinem Gusto zu formen. Meistens ist dieser "Jemand" eine Regierung oder eine Partei, die ihre eigene Unfehlbarkeit oder die Dummheit des Gegners beweisen müssen. Aus diesem Grunde stammt der Ausspruch, dass man nur der Statistik glauben soll, die man auch selbst gefälscht hat, natürlich von einem skrupellosen Machtpolitiker - nämlich von Churchill. Wie jede menschliche Erfindung kann aber auch Statistik zum Wohl oder zum Wehe der menschlichen Gesellschaft und des Individuums eingesetzt werden.Sie muss nicht notgedrungen die Hure sein, als die sie allgemein bekannt ist und verachtet wird. Beispiele gefällig ? Wohlan:
. Im Monat Oktober 2008 waren 3,081 Millionen Menschen arbeitslos, 115.000 weniger als im Monat September und 463.000 weniger als im Oktober 2007.
. Die Arbeitslosenquote betrug 7,4 %, im Oktober 2007 lag sie noch bei 8,5 %.
Regierung Merkel mit Auszeichnung bestanden. Weitermachen. Setzen.Tatsächlich? Die Arbeitsmarkt-Euphorie der Statistiker will nicht ganz zur Stimmung der Menschen im Land passen. Sicher, viele zuvor Arbeitslose haben Jobs gefunden. Aber wie sehen diese Arbeiten aus ? Auch hier hilft uns wieder die Statistik:
. Im Zeitraum Oktober 2007 bis Oktober 2008 ist der Anteil der Leiharbeiter um 184.000 Menschen gestiegen. Um weitere 180.000 Menschen stieg der Anteil der versicherungspflichtigen Beschäftigten mit Nebenjob, also derjenigen, die vom Ertrag einer Tätigkeit nicht leben können.
. Von 1995 bis 2007 sank der Anteil der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer um 1,34 Millionen.
. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an der aktiven Bevölkerung betrug im zweiten Quartal 2008 in Deutschland: 4,0 %;in Dänemark: 0,5 %; in Irland:1,6 %; in Großbritannien: 1,3 %, d.h. alle erfassten OECD-Staaten sind besser als Deutschland.
.Neben den 3,081 Millionen offiziellen Arbeitslosen gab es im Oktober 2008 auch noch die 2,639 Millionen anderen Empfänger von Arbeitslosengeld.
. Und während die Arbeitslosequote der älteren Arbeitnehmer zwischen 55 und 64 Jahren z.B. in Dänemark 3,7 %, in Frankreich 7,2 % und in Großbritannien gar nur 2,9 % beträgt, hält Deutschland auch hier mit 12,3 % den unrühmlichen letzten Platz einer OECD-Untersuchung.
Reicht das aus ? Es gäbe auch noch mehr dieser bedrückenden Zahlen, die ja nicht erst seit 8 Wochen vorliegen und deren negative Ursachen eher schon in den neunziger Jahren liegen.Man könnte auch noch zwischen ost- und westdeutschen Zahlen unterscheiden. Das wird aus Gründen der Moral und des Durchhaltewillens der Bevölkerung schon lange nicht mehr gemacht. Unsere Bundesregierung lässt gerade neues Geld für die Banken und Autofirmen drucken. Ansonsten hat man sich aber von der gegenwärtigen Finanz-und Wirtschaftskrise einen wunderbaren Persilschein ausstellen lassen: Schließlich haben Merkel und Co. ja wirklich alles versucht, um unsere Arbeitsplätze zu retten. Sogar die Wunderwaffe Statistik wurde eingesetzt...
Quelle: Dr. Joachim Jahnke, www.jjahnke.net
Grafik: Die Lüge vom Aufschwung (Gerd Altmann, www.pixelio.de)
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