
Seit genau zwei Jahren steht er nun schon: Der Klettergarten in Hobrechtsfelde. Die "Märkische Oderzeitung" schrieb damals zur Eröffnung:" Ziel des insgesamt 240 000 Euro teuren Unterfangens - es wurde zu 75 Prozent gefördert - war die Belebung des 170-Seelen-Ortsteils Hobrechtsfelde mit seinem morbiden Charme. Der Panketaler Bürgermeister Rainer Fornell hatte die Idee, dort einen Klettergarten zu errichten und ihn an einen Rad-/Skaterweg anzuschließen." Nun muß alles, was Politik so anrichtet, von Zeit zu Zeit hinterfragt werden, vor allem wenn 200.000 € Fördermittel drinstecken. Also machten sich M., der Willy und ich gestern vormittag auf zu einer Wanderung nach Hobrechtsfelde.Der Weg war das Ziel, ganz nebenbei entdeckten wir wieder etwas, was uns - um es vorweg zu sagen - nur mit Verwunderung und Zorn erfüllen konnte: Es war Sonntag vormittag gegen 11 Uhr, nicht zu heiß und nicht zu kalt, es regnete nicht. Der morbide Charme Hobrechtsfeldes ist leider immer noch vorhanden, laut Meyers Lexikon bedeutet morbid [lateinisch] kränklich, im (sittlichen) Verfall begriffen, morsch.Die Häuser werden wohl bald in sich zusammen fallen, die Höfe böten einen prima Hintergrund für Aufnahmen aus brasilianischen Favelas. Dann der Kletterpark: Die SG Einheit Zepernick als Betreiber hattte einst einen Platzmeister fest und zwölf Trainer auf Honorarbasis angestellt.Niemand zu sehen, der sich um uns als potentielle Kunden kümmern würde. Statt dessen bewundern wir ein 1 x 2 m großes Verbotsschild, auf dem alles geregelt erscheint, was nur zu regeln geht. Vom Parken, über das Eisessen bis zum Toilettenbesuch - alles geregelt. Das Schild steht zur Abschreckung marketinggerecht gleich vorn an der Eingangstür.Die Toilettentür ebenfalls gleich vorn am kleinen Funktionsgebäude steht einladend weit offen. Kultur, wohin man blickt.Der Gesamteindruck katastrophal. Ich stelle mir vor, ich wäre ausländischer Tourist mit marginalen Deutschkenntnissen und träfe zuerst auf ein riesiges Verbotsschild und eine offene Klotür. Menschen oder gar Kunden sind auf dem Gelände des Kletterparkes folgerichtig nicht zu sehen. Die Stämme und Seile rotten langsam und einsam vor sich hin.Wir drehen auf dem Absatz um und entgehen so wahrscheinlich dem nächsten Schock, nämlich dem über die Eintrittsgelder.Ein Schnupperkurs von 2 Stunden kostet 20 Euro, ein Klacks, oder ?
Um zur Erinnerung noch einmal die Politik zu zitieren: Hans-Joachim Bernhardt, CDU-Fraktionsvorsitzender in Panketal, sah bei der Eröffnung 2006 den Klettergarten "als Initialzündung für Hobrechtsfeldes Zukunft". "Alle Gemeindevertreter sollten jetzt dafür etwas tun und nicht abwarten, wie es sich entwickelt", sagte er. Dass die 18 500-Einwohner-Gemeinde Panketal "für ihren kleinen, abgelegenen Ortsteil sich so engagiert" imponierte Landrat Bodo Ihrke. Andere täten sich schon schwer, vernünftige Straßen in Ortsteile zu bauen.Wie recht der Landrat hatte! Die Straße durch Hobrechtsfelde - eine wichtige und vielbefahrene Verbindung nicht nur für Schönower nach Berlin und zur S-Bahn - liegt immer noch in der Landschaft, wie Gott sie vor der Sintflut schuf. Dafür gibt es aber parallel dazu einen neuen wunderbaren Skaterweg, den die Leute, die sich auf der miesen Straße an jedem Werktag auf dem Weg zur Arbeit die Stoßdämpfer und das Rückgrat ruinieren, mit ihren Steuern finanziert haben.Das Motto lautet: Weg mit den Geldern, koste es was es wolle und möglichst ohne Sinn und Verstand. Neue Perspektiven entdecken - so ist Brandenburg.
Zitate: "MOZ" vom 14.Juli 2006
Foto: "Kletterkünstler" von Catfriend (pixelio.de)
seid ihr das auf dem foto?
AntwortenLöschenTeilweise. M. turnt hier mit ihrem Buddelkastenfreund...
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