Als die gepflanzten Obstbäume zu tragen begannen, war gerade erster Weltkrieg. Mein Urgroßvater hatte wie viele andere Kriegsanleihen gekauft, die dann 1919 nichts mehr wert waren. Der Garten hielt die Familie am Leben, das Obst wurde nach Berlin verkauft. 1923 wurde die erste Berliner S-Bahnstrecke elektrifiziert und diese Strecke führte hier an Schönow vorbei. Gleichzeitig kam die Inflation und das mühsam Erarbeitete war wieder weg. Neuanfang, man hielt sich über Wasser auch in Weltwirtschaftskrise und Hitlerei. Als im August 1939 die Lebensmittelkarten eingeführt wurden, wusste der Großvater, dass der Krieg vor der Tür stand. "Jetzt geht die Scheiße wieder los!" soll er gesagt haben. Mit seinem Leistenbruch kam er natürlich zur Marineartillerie nach Stettin. Typisch Preußens.
Dass man auch unter Hitler Pflastergeld bezahlt hat, versteht sich von selbst. Die Straße ist immer noch ein Sandweg, das Geld wurde in ganz Europa verpulvert - für Kanonen statt Butter.
Die Russen kamen und die Teilung Deutschlands. Da war der Urgroßvater schon gegangen. Wir bleiben hier. Das Jahrhundert wurde wieder nervig. Erneuter Neuanfang im Behelfsheim, nach dreimaligen Wohnungsverlust durch den alliierten Bombenterror in Berlin. Den Gutschein für eine Neubauwohnung in Berlin, einlösbar nach dem Endsieg, hat die Oma irgendwann weg geworfen. .
Ernte in Schönow |
Die Oma haben wir noch auf einem Foto mit einer schönen weißen Ziege, die auch in in unserem Garten satt wurde. Überhaupt haben wir immer Gemüse und Obst angebaut, hatten Hühner und Gänse, die dann später niemand mehr schlachten wollte oder konnte. Legendär ist der Terrier Seppl, mit dem ich aufgewachsen bin. Von ihm gibt es nur verwackelte Fotos, weil er immer unterwegs war. Meist auf Brautschau. Dann kam er nach einer Woche mit einer zerbissenen Pfote wieder an, ließ sich gesund pflegen und sann über die neuen Hundemädels in der Nachbarschaft nach. Wenn wir in Berlin-Wittenau bei meiner Patentante waren, kam noch deren Schäferhündin Senta dazu.Wir drei tummelten uns unter dem großen Eßtisch, an dem die Familie saß und feierte.
Die Familie hielt zusammen, das Grundstück hielt uns zusammen. Auf der Dorfstraße an der Kirche jagden uns Kinder die Gänse, wenn wir mit den Fahrrädern zum Gorinsee wollten. So war das damals...
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