Hamed Abdel-Samad: Mohamed. Eine Abrechnung. Droemer 2015.
Nach der „Untergang der islamischen Welt“ und „Der islamische
Faschismus“ legt gbs-Beirat Hamed Abdel-Samad eine dritte wegweisende
Studie zum Themenkomplex „Islam und Islamismus“ vor. Mit
bewundernswerter Klarheit zeigt Abdel-Samad eines der Hauptprobleme der
islamischen Welt auf, nämlich die kritiklose Verehrung „des Propheten“.
Ohne Mohamed zu dämonisieren, arbeitet Abdel-Samad die Schwächen des
Religionsstifters heraus, vor allem dessen „multiple Krankheiten“, die
tragischerweise an weite Teile der muslimischen Community übertragen
wurden: „Fatalismus, Zwangsstörung, Paranoia, Kritikunfähigkeit sowie
eine Neigung zum Beleidigtsein“.
Fazit des Buchs: „Fundamentalismus und Intoleranz sind nicht
eine Folge der Fehlinterpretation der Texte, sondern eine Folge ihrer
Überhöhung. Die Reform des Denkens beginnt, wenn Muslime es wagen,
Mohamed aus dem Käfig der Unantastbarkeit zu entlassen und ihn Mensch
werden zu lassen – Mensch, der er ja immer war. Erst dann können sie
selbst aus seinem/ihrem Gefängnis ausbrechen und Teil der Gegenwart
werden, die nicht von Gott, sondern von den Menschen bestimmt wird!“ Ein
mutiges, kluges Buch, dem man weite Verbreitung wünscht!
Lesen Sie zum Thema auch das ausführliche ZEIT-Interview mit Hamed Abdel-Samad:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-12/hamed-abdel-sama-islam-kritik-muslime-fundamentalismus/komplettansicht
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-12/hamed-abdel-sama-islam-kritik-muslime-fundamentalismus/komplettansicht
Das Buch ist u.a. bei denkladen.de erhältlich:
http://www.denkladen.de/Kirchen-Religionskritik/Islam/Abdel-Samad-Mohamed::2331.html
http://www.denkladen.de/Kirchen-Religionskritik/Islam/Abdel-Samad-Mohamed::2331.html
Mouhanad Khorchide: Gott glaubt an den Menschen. Mit dem Islam zu einem neuen Humanismus. Herder 2015.
Mouhanad Khorchide ist einer der mutigsten und gebildetsten
liberal-muslimischen Autoren der Gegenwart. Anders als viele
Reform-Muslime verschweigt er die Gewaltproblematik im Islam nicht – er
geht allerdings (im Unterschied zu Hamed Abdel-Samad, siehe oben)
keineswegs so weit, die Wurzeln dafür bei Mohamed selbst zu verorten. In
gewisser Weise lässt sich Khorchides Buch, das nicht zuletzt auf
Anregung von gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon entstanden
ist (siehe Khorchides Dankesworte am Ende des Buchs), als Gegen- bzw.
Ergänzungsbuch zu Abdel-Samads Schrift „Der islamische Faschismus“
lesen. Der Autor arbeitet die humanistischen Traditionen, die es
innerhalb der islamischen Kulturentwicklung durchaus gegeben hat, klar
heraus, wobei er sich an den Darlegungen von gbs-Beirat Rolf Bergmeier
(„Christlich-abendländische Kultur. Eine Legende“) orientiert. Ohnehin
zeigt sich Khorchide gegenüber zeitgenössischen Konzepten des säkularen
Humanismus aufgeschlossen, die er vor dem Hintergrund seiner
Glaubensüberzeugungen freilich nicht voll und ganz teilen kann.
Aus einer konfessionsfreien Perspektive fällt das Urteil über
Khorchides Buch ambivalent aus: Einerseits ist es irritierend, dass
Khorchide mittels exegetischer Kunstgriffe humanistische Imperative
selbst aus solchen Texten herausliest, die in ihrer ursprünglichen
Intention mit humanistischen Überzeugungen herzlich wenig zu tun hatten,
andererseits kann man es aber kaum hoch genug loben, dass er den Mut
aufbringt, die „heiligen Texte“ des Islam einer radikal-humanistischen
Neuinterpretation zu unterziehen. Letzteres ist zweifelsfrei von großer
politischer Bedeutung, da nicht damit zu rechnen ist, dass eine
Milliarde Muslime weltweit dem Weg von Hamed Abdel-Samad folgen werden.
Deshalb sind wir auf eine historisch-kritisch argumentierende,
humanistisch ausgerichtete Theologie des Islam angewiesen – und Mouhanad
Khorchide ist zweifellos einer ihrer wichtigsten Vertreter.
Lesen Sie hierzu auch das dreiteilige Interview mit Mouhanad Khorchide und Hamed Abdel-Samad auf hpd.de:
http://hpd.de/artikel/12305
http://hpd.de/artikel/12306
http://hpd.de/artikel/12307
http://hpd.de/artikel/12305
http://hpd.de/artikel/12306
http://hpd.de/artikel/12307
Ensaf Haidar / Andrea C. Hoffmann: Freiheit für Raif Badawi, die Liebe meines Lebens. Lübbe 2015.
Die bemerkenswerten Texte zu Säkularismus, Liberalismus und
Humanismus, die zur Verurteilung Raif Badawis in Saudi-Arabien geführt
haben, wurden bereits vor einigen Monaten publiziert (Raif Badawi: 1000
Peitschenhiebe. Weil ich sage, was ich denke. Ullstein2015). Mit dem vor
kurzem erschienenen Buch seiner Frau Ensaf Haidar erhalten wir nun
Einblick in die persönliche Entwicklung eines jungen Mannes, der durch
seinen Mut, aber auch durch eine Verkettung unglücklicher Zufälle zu dem
wohl bekanntesten Opfer des religiösen Totalitarismus geworden ist.
Ensaf Haidars Aufzeichnungen über ihr Leben, die von der deutschen
Nahost-Expertin Andrea C. Hoffmann zu Papier gebracht wurden, zeigen
schmerzlich auf, was es bedeutet, in einer geschlossenen Gesellschaft zu
leben, die jeden Ansatz von Geistesfreiheit radikal unterdrückt.
Bemerkenswert ist dabei die Offenheit, mit der Haidar, die den
weltweiten Protest gegen die Verurteilung Badawis initiierte, auch über
die Höhen und Tiefen ihrer Ehe berichtet. Weder sie selbst noch ihr Mann
erscheinen in dieser Autobiographie als strahlende Helden, sie begegnen
uns vielmehr als Menschen, die erst allmählich in der Lage waren, sich
von vorgegebenen Dogmen zu lösen, und die auch später noch viele
Sachverhalte falsch einschätzten. Ein berührendes, lesenswertes Buch.
Verlagswebsite zum Buch:
https://www.luebbe.de/bastei-luebbe/buecher/autobiografie/freiheit-fuer-raif-badawi-die-liebe-meines-lebens/id_5492354
https://www.luebbe.de/bastei-luebbe/buecher/autobiografie/freiheit-fuer-raif-badawi-die-liebe-meines-lebens/id_5492354
Gisela Notz: Kritik des Familismus. Theorie und soziale Realität eines ideologischen Gemäldes. Schmetterling Verlag 2015.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Sozialwissenschaftlerin Gisela
Notz (Mitglied des gbs-Beirats) hat mit ihrer Studie „Kritik des
Familismus“ ein bahnbrechendes Grundlagenwerk vorgelegt, das breite
Beachtung finden sollte. Denn die Ideologie des Familismus, die die
gesellschaftliche Organisationsform aus dem Konzept einer „Idealfamilie“
ableitet, hat noch immer Hochkonjunktur und führt unweigerlich zur
Diskriminierung von Individuen, die diesem Bild nicht entsprechen. In
unseren Breitengraden etwa herrscht das Leitkonzept der bürgerlichen
(heterosexuellen) Vater-Mutter-Kind-Kleinfamilie vor, das (noch immer
meist unhinterfragt) vielen sozialpolitischen Entscheidungen zugrunde
liegt.
Gisela Notz beleuchtet in ihrem Buch die Entstehungsgeschichte
sowie die Konsequenzen der familistischen Ideologie und deutet an,
welche Alternativen denkbar wären. Spannend sind dabei vor allem ihre
Exkurse zu den verschiedenen Versuchen der Frauenbewegung, die
familistische Ideologie zu erschüttern, sowie zum politischen Einfluss
christlicher Zirkel, die sich schon seit Jahrzehnten darum bemühen, den
Familismus gegen alle Auflösungserscheinungen zu verteidigen. Ein Muss
für all diejenigen, die an ideologiekritischer Theoriebildung
interessiert sind.
Verlagsseite zum Buch:
http://www.schmetterling-verlag.de/page-5_isbn-3-89657-681-X.htm
http://www.schmetterling-verlag.de/page-5_isbn-3-89657-681-X.htm
Carsten Frerk: Kirchenrepublik Deutschland. Christlicher Lobbyismus. Alibri 2015.
Nach seinen vieldiskutierten Büchern
„Vermögen und Finanzen der Kirchen in Deutschland“, „Caritas und
Diakonie in Deutschland“ und „Violettbuch Kirchenfinanzen“ legt
gbs-Beirat Carsten Frerk eine weitere aufsehenerregende Veröffentlichung
vor: In „Kirchenrepublik Deutschland“ zeigt Frerk auf, dass die Kirchen
die „erfolgreichsten Lobbyisten der Republik“ sind, die in politischen
Entscheidungsprozessen seit Jahrzehnten schon eine sehr viel größere
Rolle spielen als alle anderen nichtstaatlichen Organisationen. Dies ist
nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass viele politisch
Verantwortliche Funktionen innerhalb der Kirchen ausüben bzw. früher
einmal ausgeübt haben. Die personellen Verflechtungen gehen so weit,
dass Frerk von einem „gekaperten Staat“ spricht und Befangenheitsregeln
für Parlamentarier fordert, da diese – siehe auch das oben verlinkte
Gespräch mit Frerk zur Sterbehilfedebatte – oftmals eine Politik
verfolgen, die sehr viel eher den Interessen der Kirchen entspricht als
den Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler.
Interview der WirtschaftsWoche mit Carsten Frerk:
http://www.wiwo.de/politik/deutschland/carsten-frerk-ueber-die-privilegien-der-kirchen-der-staat-macht-sich-zum-devoten-deppen/12559868.html
http://www.wiwo.de/politik/deutschland/carsten-frerk-ueber-die-privilegien-der-kirchen-der-staat-macht-sich-zum-devoten-deppen/12559868.html
Website zum Buch sowie zu der noch umfassenderen Studie, die im Auftrag des IBKA erfolgte:
http://www.kirchenrepublik.de/
http://www.kirchenrepublik.de/
„Kirchenrepublik Deutschland“ bei denkladen.de:
http://www.denkladen.de/Kirchen-Religionskritik/Kirchenkritik/Frerk-Kirchenrepublik-Deutschland::2325.html
http://www.denkladen.de/Kirchen-Religionskritik/Kirchenkritik/Frerk-Kirchenrepublik-Deutschland::2325.html
Karlheinz Deschner: Die Nacht steht um ein Haus / Florenz ohne Sonne.
Die frühen autobiographischen Romane. Alibri 2016 (SUBSKRIPTION)
Bevor Karlheinz Deschner als
„bedeutendster Kirchenkritiker des 20. Jahrhunderts“ von sich reden
machte, erschütterte er die literarische Welt als Romanautor und
Literaturkritiker. Vor allem seine erste literarische Veröffentlichung
„Die Nacht steht um mein Haus“ sorgte für Furore. Wolfgang Koeppen
zeigte sich „außerordentlich beeindruckt“, Walter Muschg nannte das Buch
„eine vehemente Sache, der man sich nicht entziehen kann“, Peter
Rühmkorf „eins von der Sorte, die heut verflucht rar ist … Ein Buch aus
Mut und Musikalität.“ Auch heute noch wird diese „radikale
Autobiographie“ (Michael Schmidt-Salomon) gewürdigt als „das Werk eines
Genies ohne Welt“ (Süddeutsche Zeitung). „Die
Nacht steht um ein Haus“ und „Florenz ohne Sonne“ gelten nach wie vor
als „Juwelen der unmittelbaren Nachkriegsliteratur“ (Nürnberger Nachrichten),
worin sowohl der Literatur- als auch der Kirchenkritiker Karlheinz
Deschner bereits deutlich vernehmbar ist. Wer den Menschen hinter dem
beeindruckenden Deschnerschen Werk kennenlernen möchte, sollte sich
diese sprachgewaltigen autobiographischen Romane nicht entgehen lassen.
Nach „Die Politik der Päpste“ und
„Abermals krähte der Hahn“ werden „Die Nacht steht um mein Haus“ und
„Florenz ohne Sonne“ als Band 3 der Deschner-Edition des Alibri Verlags
erscheinen. Das Buch kann ab sofort vorbestellt werden. Bis zum
30.4.2016 gilt der Subskriptionspreis von 17 Euro, danach wird der Band
für 19 Euro abgegeben.
Viel Spaß beim Denken und Lesen...
(Quelle: Newsletter der Giordano-Bruno-Gesellschaft vom 11. Dezember 2015)
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