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Mittwoch, 9. Dezember 2015

Ein Hoch der deutschen Politik!

Guter Rat

gegeben im Juni 1866


Warum willst du sorgenvoll
Länger noch dich quälen,
Fragend: »Welche Farbe soll
Ich zum Banner wählen?«

Schwarzweiß, schwarzgelb, schwarzrotgold *–
Welche Musterkarte
Liegt vor Deutschland aufgerollt!
Warte, Teurer, warte!

Sei kein Hippopotamus,
Freund, und lern verstehen
Eine gute Fahne muß
Sich vor allem drehen.

Salbe mit dem Öle sie
Sämtlicher Parteien,
Daß beim Drehen sie sich nie
Untersteht zu schreien.

Und inzwischen winde nur
Weiter deine Sträuße;
Morgen kriegt sie der Pandur
Oder auch der Preuße.

Ist nur eine Farbe gut?
Mancher Schwärmer glaubt's, ach!
Bis er röchelnd liegt im Blut;
Siegen bleibt die Hauptsach.

Warte, warte jedenfalls,
Wem das Glück, die Metze,
Werfen wird an seinen Hals
Sich und ihre Schätze.

Suche deine Meinung klug
Möglichst zu verhüllen;
Erst beim Triumphatorzug
Gilt es laut zu brüllen.

Brülle, brülle, brülle dann,
Laß den Sieger leben!
Viele Stellen hat der Mann,
Viele zu vergeben.

Ob's der Paul, ob's Peter sei,
Schakal oder Tiger –
Rufe: Zwei mal zwei ist drei!
Vivat hoch der Sieger!

Georg Herwegh


Sehr schön, Herr Herwegh! Als ob Sie dieses Gedicht dem 1863 gerade neugegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV)  und damit einem der Vorläufer der SPD ins Stammbuch geschrieben hätten. Nachmärz: Die Wunden von 1848 waren nicht verheilt, man organisierte sich und mutierte in den folgenden 30 Jahren zum Karnickelzüchterverein. Viele Stellen hatte man dann in der Weimarer Republik zu vergeben. Um vom eigenen Versagen in der 1919er Revolution und vom durch eigene Dummheit verursachten Verlust der ersten deutschen Republik abzulenken, dämonisierte man im Nachhinein einen grenzdebilen österreichischen Anstreicher zum Führer und Hypnotiseur. In der BRD dann wurden gleich alle Parteien umgehend sozialdemokratisiert. Und so viele Stellen hatten sie zu vergeben.

tom-sawyer  / pixelio.de
Ja, ich weiß: Wir haben heute längst keinen Vormärz. Das Deutschnationale triumphiert - egal, ob derjenige rechte Flügel der herrschenden Klasse den Ton angibt, der dieses Mal mit dem Amerikaner geht und seine Schlachtfelder aufräumt. Oder aber der im Moment noch konträre Flügel des Spießertums, der Deutschland wieder allein über alles stellen will. Beide handeln im Auftrag des Kapitals und das Kapital, da überwiegend global, ist im Moment noch mit CDU/CSU, Grünen und SPD zufrieden. Wird sich das noch ändern? Keine Ahnung. Man google einmal die Herzogin von Oldenburg von der AfD und frage sich, ob man als freiheitsliebender, aufgeklärter Mensch lieber die Pest oder die Cholera am Hals hätte.

Die Linke wiederum verdient ihren Namen nicht. Genau wie vor 1933, wo sie mit ihren Schlägertrupps ebenfalls das liberale Bürgertum von sich stieß und den Mittelstand mit Visionen vom Stalinschen Sowjetrussland verschreckte. Politik im Leninschen Sinne würde anders ausgesehen haben. Der wollte ursprünglich zunächst die Massen gewinnen und ihnen nicht die Schädel einschlagen. Heute haben im Bewußtsein des Mittelstandes sogenannte Flüchtlinge die Rolle des Schreckgespenstes Bolschewiki übernommen. Wobei das Misstrauen der Menschen durchaus berechtigt ist: Nicht alle Moslems sind Terroristen, aber (fast) alle Terroristen sind Moslems. Und weder die Integration der türkischen "Gastarbeiter", noch die der rund 10 Millionen  Sozialhilfe- und HartzIV-Empfänger haben so ganz prickelnd und doll geklappt. Dabei hatten die Türken der ersten Generation sogar noch Arbeit, was den wenigsten Flüchtlingen aus dem Jahre 2015 passieren wird. Und - um auf den großen Zusammenhang hinzuweisen: Auf die blühenden Landschaften sowie gleiche Renten und Löhne im Osten warten wir händeringend auch noch nach 25 Jahren. Wir schaffen das ! Ähnlich wie im Osten Deutschlands? 

Der liberale Mittelstand - glaubt man den Ökonomen, handelt es sich dabei um die Leistungsträger dieser Gesellschaft - zahlt für alles: Immer mehr, soll noch mehr zahlen, bekommt keine seiner Fragen beantwortet und wählt - die Radikalisierung? Deutschnational ? Oder was?  

Das Foto zeigt übrigens das Hambacher Schloss.  Hier in der Pfalz bei Neustadt an der Haardt (heute Neustadt an der Weinstraße im Bundesland Rheinland-Pfalz) fand vom 27. bis 30. Mai 1832  das Hambacher Fest statt. Die Forderungen der Festteilnehmer nach deutscher Einheit, Freiheit und Demokratie hatten ihre Wurzeln in der Unzufriedenheit der pfälzischen Bevölkerung mit der Verwaltung der Region durch das Königreich Bayern. Die Veranstaltung gilt als Höhepunkt frühliberaler bürgerlicher Opposition in Restauration und Vormärz. (Quelle:Wikipedia)

* Die Fahnen Preußens, Österreichs oder der deutschen Demokratie

1 Kommentar:

  1. Ist eigentlich nicht zur Sache, sondern nur eine Bemerkung am Rande. Ich habe in Hambach 18 Jahre gewohnt und von der Terrasse aus das Hambacher Schloss gesehen. Die Saga geht in Hambach/Neustadt herum, dass die Burschenschafter, die zum Hambacher Schloss marschierten, sich in Neustadt unten erst einen kräftig angetrunken hatten und dann mit ihren Weinkrügen hinauf zum Schloss (die Maxburg eigentlich) liefen und das alles eher zufällig geschah. In der Rückschau auf meine Zeit in dieser Gegend, denke ich, dass darin ein Körnchen Wahrheit steckt :)Die Menschen dort haben so einen französischen Einschlag in ihrer Lebensart, obwohl sie das nicht gern hören würden, weil gerade Frankreich so in der Pfalz gewütet hat.

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Wir sind noch lange nicht am Ende, wir fangen ja gerade erst an...