Aber diesen Dank an die verblichene Rentnerin DDR hat im vergangenen Jahr schon die "junge welt" erledigt. Gab 'ne Menge Aufregung, obwohl dort der Schießbefehl in Richtung Westen als wesentliche Schlussfolgerung aus 22 Jahren "Einheit" im Text noch fehlte.
Wir wollen uns heute bei der Bundesrepublik Deutschland, also bei unseren westzonalen Landsleuten, bedanken. Weil die Ossis ja sonst so undankbar sind. Und da sich in dieser Gesellschaft alles um das Geld dreht, fangen wir mit unserem Dank auch gleich beim Geld an. Also, wir bedanken uns
- für Phantasiequadrillionen Euro Aufbauhilfe Ost, die zwar noch lange nicht die Höhe einer Entschädigungszahlung für die Reparationen erreichen, die die DDR im Namen von Gesamt-Deutschland an die Sowjetunion zahlen musste. Die Aufbauhilfe Ost, die eh nur bei den westdeutschen Baukonzernen und den Banken ankam und damit quasi zurückfloss.
- für den Ausverkauf unserer Wälder, See, Äcker, Felder und Fabriken.
- für das Prinzip "Rückgabe vor Entschädigung" und die Leih-Richter aus dem Westen, die dieses Unrecht auch noch bestätigten.
- für den Soli, den wir im Osten entweder wegen Arbeitslosigkeit nur verdeckt oder wegen Hartz 4 gar nicht zahlen und der nie im Osten ankommt, sondern wahrscheinlich voll in die Kriegsfinanzierung in Afghanistan und im Kosovo fließt.
- für 22 Jahre Militarisierung und geistiger Aufrüstung der Gesellschaft.
- für den Parlamentarismus anstelle eine wirklichen Demokratie, der es regelmäßig mittels Diäten, Parteienfinanzierung, Wahlkampfkostenerstattung und Spenden schafft, jede gute Idee wie z.B. Öko, Frieden, soziale Marktwirtschaft sowie jede neue Partei mit hehren Zielen sofort zu absorbieren, sie als leere Phrasenhülse auszuspeien und somit in das herrschende Einparteiensystem zu integrieren
- für fast 10 Jahre Kriegsbeteiligung und über 50 tote Soldaten im Ausland
- für die sich bereits wieder im Zustand von 1990 befindenden Autobahnen, an denen seit 22 Jahren herumgebastelt wird und die doch nur salzhaltigen Beton sahen.
- für die vielen schönen, enorm teuren, neuen Verwaltungspaläste für Arbeits,-Sozial-und Finanzämter.
- für ein teures Beamtenrecht aus Feudalzeiten.
- für die nach 22 Jahren "Vereinigung" immer noch gravierenden Unterschiede im Lohn-und Gehaltsgefüge (70 Prozent vom Westniveau) und bei den Renten (86 Prozent).
- für ein Zivilgesetzbuch aus dem 19. Jahrhundert, das schon längst überholt war, als wir angeschlossen wurden..
- für ein vorsintflutliches Verständnis von Frauenemanzipation
- für ein Bildungssystem von 1812 oder früher, das seit 60 Jahren hin-und herreformiert wird und durch das die Schüler dümmer aus der Schule kommen, als sie hineingehen.
- für die Meinung von ungefähr 10 Medienzaren anstelle von Pressefreiheit. Diese Meinung ergießt sich wie weiland die von Goebbels oder des ZK der SED jeden Tag über uns. Damit wir endlich das RICHTIGE denken.
- für tausende von dämlichen Leihbeamten, die im Westen nichts wurden, im Osten aber Karriere machen durften.
- für GEZ-Gebühren und Einschaltquoten anstelle von Fernsehunterhaltung sowie für "Wetten, dass...?" oder Gottschalck und Bohlen anstatt guter Qualität.
- für Rechteverwertung und Abmahnungen wegen sogenannter Urheberrechtsverletzungen anstelle von kulturellem Austausch
- für die GEMA anstelle von "Fröhlich sein und Singen".
- dafür, dass wir als unterlegenes Volk wie in der Bronzezeit unsere Kinder als Lohnsklaven weg schicken müssen, weil sie in ihrer Heimat keine adäquate Arbeit finden.
- vor allem aber dafür, dass wir uns vor unseren Brüdern und Schwestern aus den Westzonen fast jeden Tag dafür verteidigen dürfen, dass wir zu DDR-Zeiten hier geblieben sind, unsere Arbeit anständig gemacht haben und nicht jeden Tag um den Fall der Mauer gefleht haben. Weil es für uns auch noch etwas anderes gab als den "Goldenen" Westen.
Es reicht. Es reicht schon lange...
Lieber Frank Valentin,
AntwortenLöschenalle punkte, die Sie hier aufführen, kann ich unterschreiben, auch wenn ich in westdeutschland (»sogenanntes zonenrandgebiet«) geboren und aufgewachsen bin. Mir ist das etwas peinlich, weil ich hier auf keinen fall den »besserwessi« raushängen lassen will, aber ich würde trotzdem gern noch einen punkt auf das geschriebene obendraufsetzen:
Mit der »vereinigung« von BRD und DDR hat jeder bürger der DDR, vom säugling bis zur großmama, 7543 DM staatsschulden der BRD übernommen.
Die propaganda, die schuldenübernahme betreffend, lief stets konträr. Profitiert hat davon allein das westdeutsche kapital.
Als erstes haben das die ehemaligen bürger der DDR zu spüren bekommen, die »wessis«, deren arroganz mir bis heute oft unangenehm auffällt, sind nur unwesentlich besser dran - nur haben sie für gewöhnlich nicht die politische bildung, rauszufinden, woran es liegt. In der schule wird sowas definitiv unterbunden.
Freundliche grüße aus der nachbarstadt Berlin
sendet Mechthild
Liebe Mechthild Mühlstein, vielen Dank für die Ergänzung.Für Ihren Geburtsort müssen Sie sich nicht entschuldigen, es gibt überall so'ne und solche wie der Berliner sagt. Und ich "verfluche" immer nur solche...
AntwortenLöschenViele herzliche Grüße über die Stadtgrenze hinaus.