"Die Menschen haben sich bisher stets falsche Vorstellungen über sich selbst gemacht, von dem, was sie sind oder sein sollen. Nach ihren Vorstellungen von Gott, von dem Normalmenschen usw. haben sie ihre Verhältnisse eingerichtet. Die Ausgeburten ihres Kopfes sind ihnen über den Kopf gewachesen. Vor ihren Geschöpfen haben sie , die Schöpfer, sich gebeugt. Befreien wir uns von den Hirngespinsten, den Ideen, den Dogmen, den eingebildeten Wesen, unter deren Joch sie verkümmern. Rebellieren wir gegen diese Herrschaft der Gedanken." (Karl Marx: Die deutsche Ideologie)
Unsere christlichen Mullahs haben verloren: In Berlin wird Religion weiterhin kein reguläres Schulfach sein - der vor drei Jahren eingeführte Ethikunterricht bleibt Pflicht. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis sprachen sich nur 14,2 Prozent der Wahlberechtigten oder 346 119 Bürger für den Gesetzentwurf der Initiative «Pro Reli» aus. Nötig wären eine Mehrheit unter den Abstimmenden gewesen und gleichzeitig mindestens 611 422 Ja-Stimmen - das sind 25 Prozent der Wahlberechtigten. Von den Berlinern, die an der Abstimmung teilnahmen, stimmten 51,3 Prozent oder 365 609 Wähler gegen die Initiative und nur 48,4 Prozent dafür. Die Beteiligung lag bei 29,2 Prozent.
Natürlich kann man nicht ehrenvoll verlieren.Und so spucken die Fundamentalisten Gift und Galle oder reden sich die Niederlage schön. Von der "Hauptstadt des Atheismus " ist da abschätzig die Rede, von der DDR und der humanistischen Erziehung durch dieselbe, wobei man humanistisch wie früher DDR in Gänsefüßchen setzt. Damit äußert sich die ganze Herablassung, zu der ein Gottgesandter gegenüber einem minderwertigen Gottlosen fähig ist. Gleichzeitig meint man, man hätte die Gesellschaft ordentlich für die Probleme der religiösen Erziehung sensibilisiert.Der «Pro Reli»-Vorsitzende Christoph Lehmann - ein besonders übler Demagoge- betonte: «Wir haben eine ganze Menge in dieser Stadt bewegt.» Für «Pro Reli» hatten sich auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Steinmeyer eingesetzt.
Eines hat man in jedem Fall erreicht: Die Gesellschaft gespalten, indem sich die "Pro Reli"-Anhänger als bessere Menschen stilisiert haben, da ein imaginärer Gott auf ihrer Seite ist. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber, sprach dann auch von einem «Riss durch die Stadt».Das hat er immerhin richtig erkannt.In «Morgenpost Online» sagte er: «Man kann von einer Kluft sprechen. Es wären eine politische Aufgabe, diese nicht zu vertiefen.» Zuerst richtet man ´mit wahrhaft einmaliger Scharfmacherei die Schweinerei an und dann sollen andere wieder für Ordnung in den Köpfen sorgen. Etwas verwirrter noch sind aber die Bonzen der Katholen: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, appellierte an den Senat, nach einem Modell religiös-weltanschaulicher Bildung zu suchen, «das von einem breiten Konsens in der Gesellschaft getragen wird». Zollitsch hat wahrscheinlich noch nicht mitbekommen, dass dieser breite Konsens in der Gesellschaft schon längst da ist.Deshalb haben die Fundamentalisten nämlich verloren, denn Ethik und nicht Religion an der Schule wird von einer breiten Mehrheit der Berliner getragen...
Foto: Bundeskanzleramt in Berlin (© fv 2008)
ich hätte sonst ja auch an meiner Heimatstadt gezweifelt und den in Kürze anstehenden Besuch glatt verschoben ;-).
AntwortenLöschenangie hätte sich sicher noch mehr engagiert, wäre die sache noch an ein gebetshemd oder bluse - möglichst in blau mit linksärmligen aufnäher eine aufgehende sonne zeigend - gebunden gewesen.
AntwortenLöschenDieser Post wurde als geküzter Leserbrief am 2. Mai in der "Märkischen Oderzeitung" veröffentlicht.
AntwortenLöschenDie "MOZ" wird auch in Frankfurt/Oder gelesen. Und so schickt mir meine ehemalige Kollegin G. eine nette e-Mail zu meinem Leserbrief:
AntwortenLöschen"Hallo Frank, das ist ein super Artikel, den Du zum Ergebnis der Abstimmung bzgl. Religionsunterrricht, für die " MOZ" geschrieben hast. Damit triffst Du genau unsere Meinung. Gut, daß es Menschen wie Dich gibt, die sich die Zeit nehmen um einen solchen Artikel zu verfassen.
Danke & einen schönen Sonntag,
Beste Grüße
G. "
Ich hoffe, G. jetzt öfter hier im Blog zu finden, denn natürlich habe ich ihr gleich den Link geschickt.