
Man müsse in Deutschland den Mut haben zu sagen, dass im Osten einige Landstriche voraussichtlich für lange Zeit veröden werden, meinte Joachim Gauck, ehemaliger Pfarrer und Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes im Jahre 2004.
Danke, Herr Pfarrer. Genau dafür haben Sie und ihre geistig unbedarften Konsorten wohl das SED-Regime gestürzt. Hut ab vor dieser Lebensleistung. Aber mit flächendeckenden Verheerungen hat die Kirche ja schon im Dreißigjährigen Krieg Erfahrungen sammeln können. Da ging es ja auch schon um Religion.
Der "Stern" schrieb übrigens schon 2001, dass die Deindustrialisierung im Osten Deutschlands in den 90er Jahren ein Ausmaß erreichte, das nicht mal die Russen mit ihren Demontagen und Reparationsforderungen nach dem Zweiten Weltkrieg angerichtet hätten. Das Bruttoinlandsprodukt Ost hatte 2005 gerade mal wieder den Vergleichswert von 1990 erreicht. (Und der war schon niedrig, weil es ab Maueröffnung verstärkt mit der Industrie bergab ging). Edgar Most, ehemaliger Vizepräsident der Staatsbank der DDR und dann langjähriges Vorstandsmitglied der Deutschen Bank - gemeinhin also ein Mensch, der weiß, was er sagt- meinte dann auch in einem Pressebeitrag, dass es "einen Aufholprozeß Ost in den wichtigsten volkswirtschaftlichen Eckpunkten ... trotz hoher finanzieller Transferleistungen seit Mitte der 90er Jahre nicht gegeben (hat)... Das Demokratie-und Freiheitsverständnis beruht aber auf der Grundlage gleicher Lebensbedingungen, und die sind eben im Osten Deutschlands nur punktuell gegeben."
Nebenbei gesagt: Die Krise steht nicht mehr nur vor der Tür, sie ist da. Einer der letzten Großbetriebe in Brandenburg, die Firma ArcelorMittal (früher EKO Stahl) in Eisenhüttenstadt drosselt angesichts der schwachen Nachfrage ihre Produktion erneut um die Hälfte. Ende April werde die Roheisenproduktion auf nur noch 25 Prozent heruntergefahren, sagte Betriebsratschef Holger Wachsmann dem Berliner "Tagesspiegel". Wachsmann befürchtet, dass die bisherigen Einsparungen der Konzernführung nicht reichen werden. Auf lange Sicht sei der Standort Eisenhüttenstadt gefährdet. Wenn künftig nur noch der kleinere der zwei Hochöfen in Eisenhüttenstadt betrieben werde, sei die Produktion nicht mehr rentabel. Am Ende drohe womöglich die Schließung.
Ist ja nicht so schlimm, für Beschäftigung während der Arbeitslosigkeit ist gesorgt. Zum Beispiel kann man sich als Arbeitsloser beim Tag der offenen Tür der Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (BStU) über völlig neue Verfahren zur Rekonstruktion zerrissener Stasi-Akten informieren. Mit Hilfe eines am Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) in Berlin entwickelten Computerprogramms werden dort die Papierschnipsel erst digitalisiert und dann virtuell zusammengesetzt. In reiner Handarbeit - wie zurzeit noch praktiziert - würde die Rekonstruktion der Akten noch mehrere Hundert Jahre dauern. Sicher ist jedenfalls wohl jetzt schon, dass es die Stasi-Behörde noch 100 Jahre geben wird. Jedenfalls bekommt Brandenburg 20 jahre nach dem Mauerfall endlichendlichendlich einen Stasibeauftragten.
Wenn ich mir auch dazu einen Kommentar erlauben darf ? Danke. Also, in meiner Jugend gab es ein Sprichwort: Kein Hemd auf dem Arsch, aber eine weiße Java fahren. Heute könnte man das etwas abwandeln. Vielleicht in : "Kein Hemd auf dem Arsch, aber 'ne schöne Stasiunterlagenbehörde" ? So 'ne Super-Behörde mit tausend qualifizierten Chefs - bis auf die Gallionsfigur natürlich alle aus dem Westen- und ab und zu mal so'n richtiger knalliger, "enthüllender" Aktenfund oder 'nen Buch von Hubertus Knabe über das wahrhaft fürchterliche Leben in der DDR lenken doch auch wunderbar von eigener Arbeitslosigkeit und Elend ab...
Zitate nach: Siegfried Wenzel- Von wegen Beitritt, Verlag Das neue Berlin 2008, und "Märkische Oderzeitung" vom 4. März 2009
Grafik: 20 Jahre Einheit - die Mauer steht noch (Gerd Altmann, www.pixelio.de)
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