Ungefähr vor 52 Jahren bin ich meine letzte Regatta gefahren. Ich war zeitweise ganz gut in meinem Rudereiner (Skiff), doch dann gefiel den Sportfunktionären nicht, dass ich mit einigen Sportfreunden im Klub eine Beatband gegründet hatte. Die Rolling Stones klauten damals unverfroren unsere Hits und spielten sie nach. Spaß beiseite: Noch bevor der Begriff überhaupt erfunden war, waren wir eine der ersten Coverbands - und hatten viel Spaß dabei.
Spaß wiederum verstanden unsere Funktionäre überhaupt nicht.
Nur wenige Jahre zuvor hatte Walter Ulbricht in einer gehässigen Rede zur
Jugendkultur das üble „Yeah,yeah, yeah“ der westlichen Beat -Musik angeprangert
und ausgerechnet die Sportelite der Nation erging sich in dieser Art fürchterlich unsozialistischen Musik. Nun, es dauerte nicht sehr lange und man hatte alle Mitglieder unserer Band
unter einem Vorwand zur Aufgabe ihrer Sportlaufbahn gezwungen. Dazu sorgte man noch dafür, dass wir nach dem Abitur sofort zum Grundwehrdienst mussten.
Mit den internationalen Starts war es vorher auch nicht so
weit her gewesen - ich habe die Geschichte des Ärgers mit dem Travelboard in Westberlin schon einmal beschrieben. So war mir lediglich ein Auslandstart in Pskow in der damaligen Sowjetunion vergönnt. Wir bekamen damals wenigstens einen kleinen Blick auf Leningrad, die Stadt Pskow war eher Provinz und im Krieg sehr zerstört worden. Und natürlich hatte ich mein Rennen souverän gewonnen.
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Der Autor 2023 in Henley-on-Thames (© fv)
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Ich kann nicht sagen, dass mir die unfreiwillige Beendigung meiner Sportlaufbahn im Herbst 1971 sehr ungelegen kam. Damals begannen gerade in großem Maßstab die Menschen- versuche, die unter anderem dazu führten, dass z.B. die meisten meiner Klassenkameradeninnen an der Kinder- und Jugendsportschule Wasserfahrsport in Berlin- Köpenick irgendwann in einer sehr tiefen Tonlage sprachen.
Ich habe dann rigoros mit dem Sport in der DDR gebrochen und bin sage und schreibe von 1971 bis 1986 nur noch ein einziges Mal mit meinem vormaligen Partner Knuth im Zweier gefahren. Im vergangenen Jahr saß ich dann auf Schlag in Helmuts Gig-Boot und liess mich mitziehen.
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Achterrennen in Henley (© fv)
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Trotzdem blieb ich dem Rudersport immer irgendwie verbunden. In den vergangenen Jahren gab es verschiedene Ruderertreffen in Berlin-Grünau, an denen ich gerne teilnahm und bei denen wir gemeinsam über die alten Zeiten nachdachten. Im Frühjahr diesen Jahres kam ich auf die Idee, eine schon sehr lange geplante Reise zu unseren Freunden in Großbritannien mit einem Ausflug nach Henley-on-Thames zu verbinden und sich
die berühmte Regatta anzusehen. Dort am Oberlauf der Themse finden seit 1839 Ruderwettbewerbe statt, seit 1938 dürfen hier auch Männer starten, die ihren Unterhalt nicht mit ihrer Hände Arbeit bestreiten.
Was die Regatta auszeichnet ist vor allem die Tatsache, dass hier im K.O.-Verfahren auf lediglich zwei Bahnen gerudert wird. Die Sportler sind somit eine ganze Woche beschäftigt, sich gegenseitig aus dem Rennen zu kicken. Wenn sie gut genug und vor allem ausdauernd sind und auch ein wenig Glück haben, winkt am Sonntag der Regattawoche einer der 26 bombastischen Pokale, der älteste ist tatsächlich 1839 gestiftet worden.
Strenger Dresscode, extravagante Frauenhüte, verschiedene Champagnermarken und "stiff upper lip" gehören dabei ebenso dazu wie hochklassige und spannende Rennen, eine super Volksfestatmosphäre und die abendliche Entspannung in den verschiedenen typisch britischen Pubs am Ort ...
wird fortgesetzt ...
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