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Dienstag, 9. Juni 2015

Parkinsons Gesetze oder: Das Wesen der Verwaltung

Er war nicht der Entdecker jener fürchterlichen neurodegenerativen Erkrankung, des Morbus Parkinson, die gekennzeichnet ist durch das vornehmliche Absterben der dopaminproduzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra (einer Struktur im Mittelhirn). Unser Parkinson war auch kein Mediziner. Allerdings sezierte er erbarmungslos andere Krankheiten, die uns bis zum heutigen Tage das Leben zur Hölle machen: Die Krankheiten überbordender Verwaltungen und unergiebiger Bürokratie.

Die Rede ist von Cyril Northcote Parkinson (* 30. Juli 1909 in Barnard Castle/County Durham im Nordosten Englands; † 9. März 1993 in Canterbury). Er war ein britischer Historiker, Soziologe und Publizist. Parkinson ist der Entdecker der nach ihm benannten Parkinsons Gesetze, zum Beispiel, dass Arbeit genau in dem Maße ausgedehnt wird, wie Zeit zu ihrer Erledigung zur Verfügung steht (Bürokratiewachstum). Eine unangenehme, kosten - und vor allem nervenzehrende Beigabe der Bürokratie.

Parkinson wurde 1950 als Lehrer nach Malaysia versetzt. Dort beobachtete er die aufge­blähte Kolonialverwaltung und ihm fiel auf, dass die Erledigung einer Sache umso länger dauert, wenn mehr  Leute als unbedingt nötig damit beschäftigt waren. Egal, wie viele Menschen einer bestimmten Aufgabe zugeteilt werden, nie tut jemand nichts, vielmehr schwillt die Arbeit an. Daraus leitete Parkinson sein berühmtes Gesetz ab: Arbeit lässt sich wie Gummi dehnen, um die Zeit auszufüllen, die für sie zur Verfügung steht.

Folglich steht die Zahl der Bediensteten in keiner Beziehung zu den zu erledigenden Aufgaben. Selbst wenn immer weniger zu tun ist, wächst die Zahl der Beamten einem Naturgesetz gleich ungehemmt weiter. Denn je mehr Personen zusammen handeln, desto mehr Zeit wird benötigt, um sich selbst zu verwalten. Das Verfassen eines Schriftstückes in einer Verwaltung ist dabei noch die leichteste Übung im Verschwenden von Zeit und Kraft. Die Königsdisziplin alles Verwaltens heißt Einberufung von Sitzungen, in denen nichts entschieden wird, außer neue Sitzungen einzuberufen. 

Um seine Beobachtungen mit Zahlen zu untermauern, sah sich Parkinson die Statistiken der Admiralität näher an und entdeckte Erstaunliches. Innerhalb von 14 Jahren war die Zahl der Beamten in der Admiralität um mehr als 78 % gestiegen, während die Zahl der Offiziere und  Matrosen um fast ein Drittel gesunken war. Die Zahl der Großkampfschiffe hatte sich von 62 auf 20 verringert.

Parkinsons Schlussfolgerung: Die Angestellten in der Admiralität würden sich mit der gleichen Geschwindigkeit vervielfacht haben, wenn es gar keinen aktiven Seemann mehr gegeben hätte.

Nachdem er 1955 seine Erkenntnisse in einem Essay im Londoner "Economist" publiziert hatte, bekam er begeisterte Zuschriften aus der Wirtschaft. "Wie ist es möglich, dass sie unser Unternehmen kennen?" war die häufig gestellte Frage.
 

In seinem 1957 erschienenen Buch “ Parkinsons Gesetz oder die wachsende Pyramide“ nahm sein erstes Gesetz dann nur ein einziges Kapitel ein. Der Rest sind Beobachtungen aus dem realen Leben der Unternehmen und Verwaltungen.

Wie ein Ethnologe einen Indianerstamm betrachtete er das Biotop Verwaltung und erkannte weitere Gesetzmäßigkeiten der Bürokratie. Genannt seien an dieser Stelle nur folgende bürokratischen Grundregeln:



  • Es geht immer nur  darum, sich selbst und die Verwaltung zu    erhalten.
  • Wenn Ignoranten die Spitze erklimmen, beginnt ein Wettkampf in Dummheit.
  • Administration ist reiner Selbstzweck. Ob eine Tätigkeit sinnvoll ist oder nicht, kümmert niemanden.
  • Die mächtigste Antriebsfeder im Berufsleben ist die Eitelkeit. Man will es an die Spitze schaffen, damit die anderen neidisch werden.
  • Pompöse Inszenierungen und imposante Firmengebäude suggerieren zwar Macht, Einfluss und guten Geschmack, deuten aber vor allem darauf hin, dass der Konzern seine besten Tage bereits hinter sich hat.
Vorsicht, Ämter und Behörden ! (Didi01  / pixelio.de  )

Bei letzterem bleibt die Frage offen, ob Institutionen deshalb schwach werden, weil sie ihre ganze Aufmerksamkeit der Selbstdarstellung widmen oder ob sie sich dem Prunk ergeben, weil sie nichts besseres mehr zu tun haben. Perfektion bedeutet dann das Ende ,meinte Parkinson. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass Prunkbauten in unserer Bananenrepublik wie BER, Elbphilharmonie oder die Berliner und Potdamer Stadtschlösser somit Schlimmes für die nahe Zukunft ahnen lassen. Zumal die übrige, lebensnotwendige Infrastruktur zu Gunsten dieses Prunks aus angeblichem Geldmangel einfach verkommt.

Als besonders bedrohlich empfand Parkinson die so genannte "Injelititis". Dieses Wort ist zusammengesetzt aus incompetence = Unfähigkeit -  und jealousy - Neid. Das heißt, der totale Zusammenbruch droht, sobald jemand, der Unfähigkeit und Neid in hohem Maße in sich vereint, die Hierarchieleiter eines Unternehmens herauf zu klettern beginnt. Denn von nun an wird der Träger der Injelititis alles daransetzen, jene zu eliminieren, die klüger sind als er, und jene zu fördern, die seine Inkompetenz nicht hinterfragen, weil sie entweder ihre Karriere nicht gefährden wollen oder weil sie noch dümmer sind als ihr Chef.


Wenn der mit Injelititis behaftete auch noch den Sprung an die Spitze des Unternehmens schafft, ist die Firma kaum noch zu retten. Denn ein zweitklassiger Manager wird darauf achten, sich nur mit drittklassigen zu umgeben. Und diese werden ihrerseits dafür sorgen, dass der Rest der Angestellten viertklassig ist. Das Resultat dieses Wettkampfes in Dummheit sieht dann so aus: Die höchsten Vorgesetzten sind muffige, schwerfällige Gesellen, ihre Untergebenen werden nur munter, wenn sie gegeneinander integrieren und die Stuhlbeine der Nachbarn ansägen, und die jüngsten Mitarbeiter wirken entweder zynisch oder enttäuscht. Wenig wird unternommen, nichts wird erreicht. Die Diagnose "Injelititis" führt meist in das Insolvenzverfahren. Nach meinen eigenen Beobachtungen zunächst aber fast imnmer in den Verkauf des Unternehmens an einen noch schwerfälligeren Verein. Bis dann alles zusammen untergeht. 

Im Jahr 1960 stellte Parkinson in seinem Werk “ The Law and the Profits" ein weiteres wichtiges Gesetz auf: Die Ausgaben steigen im selben Maße wie die Einnahmen. (Siehe Staatsfinanzen)

Parkinson sitzt seit 22 Jahren auf seiner Wolke und beobachtet fein lächelnd, wie sich Bürokratie und Verwaltungen in all den vielen menschlichen Institutionen getreu seinem vor fast 50 Jahren aufgestellten Naturgesetzen munter und ungebremst wie Krankheitserreger vermehren.

Dass mir persönlich bei all diesen unerfreulichen Tatsachen ausgerechnet die Karrieren der Frau Merkel und fast aller der unglaublichen Typen auf ihrem absolut unnötigen G7-Gipfel einfallen, verwundert wohl nur auf den ersten Blick...





Quelle: Gerhardt Pretting, www.brandeins.de, die benutzten Textteile aus Concept Ophthalmologie 05/2015) wurden zusammengefasst, gestrafft und mit eigenen Beobachtungen ergänzt.

  


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Wir sind noch lange nicht am Ende, wir fangen ja gerade erst an...