Die provokative Frage der Überschrift stellt heute keiner mehr. Für Kaiser Wilhelm II. und den reaktionären Teil seines Deutschlands war die Frage allerdings noch ganz normal. Inzwischen sind sie auch im spießbürgerlichen Bewußtsein sehenswerte Kunst: Die Werke des Impressionismus und des Expressionismus. Eine kleine, überschaubare und damit auch mental aufnehmbare Ausstellung, die beide Stilrichtungen der Malerei und Bildhauerei miteinander vergleicht, läuft zur Zeit in der Alten Nationalgalerei in Berlin.("ImEx- ImperessionismusxExpressionismus") Seit dem 22. Mai und bis zum 20. September laden der Verein der Freunde der Nationalgalerie mit seinem Kooperationspartner, der französischen Botschaft und dem Institut francaise zu einem Besuch ein.
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Auguste Rodin: Der Denker (© SV 2015) |
Die Eintrittspreise liegen bei zwölf Euro (ermäßigt sechs Euro), der künstlerisch hochwertige Katalog mit hervorragenden Texten zu beiden Kunstrichtungen und zum sozialen und politischen Umfeld der Zeit um die Jahrhundertwende in Deutschland und Frankreich kostet 29 €. Die Schlangen am Eingang waren zumindest am Donnerstag der vergangenen Woche moderat und nicht vergleichbar mit denen bei ähnlichen Ereignissen in Berlin. Dem Kunstinteressierten kommt außerdem zugute, dass die schreckliche Scheune der Neuen Nationalgalerie im Westteil der Stadt gerade restauriert wird und die Ausstellung daher in der Alten Nationalgalerie statt findet.
In der Ausstellung selbst kann der politisch interessierte Betrachter durchaus Parallelen zwischen der Zeit von vor 100 Jahren zu unserer heutigen Zeit ziehen. Besonders beeindruckend dabei die Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg und Frieden zum Beispiel in Franz Marcs "Die Wölfe (Balkankrieg) " von 1913. Auch die idyllischen Stadtansichten oder die Porträts zum Beispiel von der Hand Liebermanns,Renoirs, Pissaros oder des Expressionisten Kirchner hinterlassen einen schalen Beigeschmack, wissen wir Spätgeborenen doch vom Schicksal der porträtierten Städte und ihrer Bewohner in den zwei folgenden Weltkriegen.
“ Schon Jahre vor Beginn des Ersten Weltkrieges war die Gesellschaft des wilhelminischen Kaiserreichs tief gespalten in Bürokraten, in Nationalisten und die Träger sozialrevolutionärer Ideen... Das ohnmächtige Gefühl, am "Ende eines Welttages" (Georg Heym) angelangt zu sein, stand mit dem Wunsch nach Auflehnung und Erneuerung in stetem Widerstreit." Kaiserreich hin oder Bundesrepublik her: Dieser Ausstellungstext mit der Überschrift "Vision Krieg: 1913" entlässt den politisch
denkenden Besucher (trotz oder wegen aller Schönheit der ausgestellten Bilder) dann auch mit einem sehr unguten
Gefühl, hat sich doch offenbar in den vergangenen 100 Jahren in
Deutschland wirklich nichts geändert...
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