
Es gibt Tage, da möchte man auswandern, mit Pferdeäpfeln und Schlimmerem werfen oder irgend jemand den nackten A... zeigen. Wenigstens den Stinkefinger! Gestern war wieder einmal so ein Tag. Mit Kopfschmerzen und viel zu früh aufgewacht, draußen Dunkelheit und fiesester Sprühregen und auch sonst nichts Vernünftiges in der Planung.
Vormittags ist ein Besuch im Zollhauptamt angesagt. Normalerweise läuft ein Import so ab, dass man die Ware bzw. ein Muster bestellt und die Spedition bringt dann das Paket bis an die Haustür. Nicht so nach Äntschies Westpaket. Ich erwarte das Muster eines Abdecktuches aus einem Land, das assoziertes Mitglied der Europäischen Union ist und im Süden liegt. Der Zoll schickt mir einen Wisch, dass ich gefälligst vorzusprechen hätte, um mein Paket abzuholen und dabei die Geldbörse nicht vergessen soll. Denn selbstverständlich will man das Muster im Warenwert von geschlagenen 10 Euro verzollen. Passt zwar irgendwie, der Staat braucht Geld für die armen Bänker und unsere Kriegsabenteuer überall, macht mich aber trotzdem misstrauisch, denn vor rund 6 Wochen wurde ein Paket desselben Lieferanten problemlos und ohne Gebühren zugestellt. Wutschnaubend mache ich mich auf die 100 km lange Fahrt. Der Anwender und ich befinden uns in der Testphase. Da zählt jede Minute, das Paket ist sowieso schon überfällig.
Im Hauptzollamt angekommen, mache ich erstmal meinem Ärger Luft. Nun gut, inzwischen - nach 20 Jahren - wissen wir, dass uns das gegenüber deutschen Beamten überhaupt nichts nutzt. Ich muß das Paket aufmachen, da man Tücher wohl nicht auf dem Röntgenapparat sieht.
Plötzlich steht ein dicker Filzstift* neben mir, der wohl im Moment nichts weiter zu tun hat. Er verschwindet erst, als ich den nunmehr leeren Karton umdrehe und bemerke, dass keine Panzer oder Stinger-Raketen drin sind. Der Dicke war wohl dazu gedacht, mit seinem Leib die Splitter meiner Tücherbombe aufzufangen. Auf eine Zollerhebung wird nun verzichtet, ich kann das Paket mit etwa einwöchiger Verspätung an mich nehmen und mich auf den Heimweg machen. Der Vormittag ist vertan. Einen Kommentar zu diesen Schikanen spare ich mir.
Abends dann dieser Artikel in "Spiegel online". Der gibt mir fast den Rest. Das,was am Rest noch fehlt, kommt wenig später dazu. Die Mächtigen in diesem Land sehen ihre Pfründe gefährdet, sie drehen durch. Da passt natürlich auch die Terror-Paranoia voll in das Bild und bietet den Vorwand für verschärfte Kontrollen und weitere Restriktionen gegen das eigene Volk. Wohin auswandern ?
Morgens dann - die Kopfschmerzen sind noch da und es regnet immer noch- beschließe ich, noch mal über Demokratie nachzulesen. Demokratie (griechisch: Δημοκρατία) heißt eigentlich Volksherrschaft und kommt von δῆμος [dēmos], „Volk“, und κρατία [kratía], „Herrschaft“. Ich nehme mir auch mein altes Fremdwörterbuch von 1986 aus dem Verlag VEB Bibliographisches Institut Leipzig vor. Was ich da lese, erhellt meine Stirn und beruhigt mich gleichzeitig. Es ist alles ganz normal! Die bürgerliche Demokratie ist die auf dem kapitalistischem Eigentum an den Produktionsmitteln beruhende, parlamentarisch getarnte Diktatur der Bourgeoisie über die von ihr ausgebeutete Mehrheit der Werktätigen.
Zwar ist diese Definition DDR-nostalgisch, aber irgendwie erhellend, oder ? Nun gut, statt Werktätige sagt man heute Arbeitnehmer und HartzIV-Empfänger, Aufstocker und Ein-Euro-Jobber, für das schwierige Wort Bourgeoisie nehmen wir einfach Bänker und Großkapitalisten. Äntschie und Gu-i-do sind deren Handpuppen, die können wir getrost vergessen.
Es darf nicht sein, dass wir, das Volk, seine Herrschaft ausübt. Einmal alle vier Jahre dürfen wir zur Wahlurne gehen. Das reicht. Die Herrschenden bestimmen dann für uns z. B. über die Listenplätze der Parteien, wer in den Parlamenten für uns bestimmt. Volksentscheide zu Stuttgart 21, Gorleben, Flughäfen, Atomkraftwerken, Euro, Hartz-Scheiße, Rentenlügengesetz, Sozialabbau, EU-Blödsinn aus Brüssel? Selbstbestimmtes Denken oder gar Handeln der Beherrschten? Oh Gott, das ist alles Teufelswerk, das mindert nur den Profit. Dagegen gibt es Gesetze, Pfefferspray, Gummiknüppel und Wasserwerfer. Zur Not auch Heiner Geißler. Ach ja, und den "Spiegel"...
P.S. Keine Angst, ich wandere nicht aus. Ich lasse Euch doch nicht mit dieser Bande allein.
* Filzstift: Von Stift = Lehrling/Azubi und Filzen = Durchsuchen.
Bild: Welthandel (Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de)
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