
Marian hat für uns ein Zitat gefunden, über das man mal nachdenken sollte. Ein auch durch eigenen Starrsinn gescheiterter Mann spricht hier am 03.Dezember 1992 einige Erkenntnisse gelassen aus. Vieles ist so geworden, wie er es vor 17 Jahren vorausgesagt hat. Ist er, sind wir deshalb Verlierer der Geschichte ?
"Ich habe für die DDR gelebt. Ich habe insbesondere seit Mai 1971 einen beträchtlichen Teil der Verantwortung für ihre Geschichte getragen. Ich bin also befangen und darüber hinaus durch Alter und Krankheit geschwächt. Dennoch habe ich am Ende meines Lebens die Gewissheit, die DDR wurde nicht umsonst gegründet. Sie hat ein Zeichen gesetzt, dass Sozialismus möglich und besser sein kann als Kapitalismus. Sie war ein Experiment, das gescheitert ist. Doch noch nie hat die Menschheit wegen eines gescheiterten Experiments die Suche nach neuen Erkenntnissen und Wegen aufgegeben. Es ist nun zu prüfen, warum das Experiment scheiterte. Sicher scheiterte es auch, weil wir, ich meine damit die Verantwortichen in allen europäischen sozialistischen Ländern, vermeidbare Fehler begangen haben. Sicher scheiterte es in Deutschland unter anderem auch deswegen, weil die Bürger der DDR wie andere Deutsche vor ihnen eine falsche Wahl trafen und weil unsere Gegner noch uebermächtig waren. Die Erfahrungen aus der Geschichte der DDR werden mit den Erfahrungen aus der Geschichte der anderen ehemaligen sozialistischen Länder für die Millionen in den noch existierenden sozialistischen Ländern und für die Welt von morgen insgesamt nützlich sein. Wer seine Arbeit und sein Leben für die DDR eingesetzt hat, hat nicht umsonst gelebt. Immer mehr "Ossis" werden erkennen, dass die Lebensbedingungen in der DDR sie weniger deformiert haben, als die "Wessis" durch die "soziale" Marktwirtschaft deformiert worden sind, dass die Kinder in der DDR in Krippen, in Kindergärten und Schulen sorgloser, glücklicher, gebildeter und freier aufwuchsen als die Kinder in den von Gewalttaten beherrschten Schulen, Strassen und Plätzen der BRD. Kranke werden erkennen, dass sie in dem Gesundheitswesen der DDR trotz technischer Rückstände Patienten und nicht kommerzielle Objekte für das Marketing von Ärzten waren. Künstler werden begreifen, dass die angebliche oder wirkliche DDR-Zensur nicht so kunstfeindlich war wie die Zensur des Marktes. Staatsbürger werden spüren, dass die DDR-Bürokratie plus der Jagd auf knappe Waren nicht soviel Freizeit erforderte wie die Bürokratie der BRD. Arbeiter und Bauern werden erkennen,dass die BRD ein Staat der Unternehmer (sprich Kapitalisten) ist und dass die DDR sich nicht ohne Grund einen Arbeiter-und-Bauern-Staat nannte. Frauen werden die Gleichberechtigung und das Recht,über ihren Körper selbst zu bestimmen, die sie in der DDR hatten,jetzt höher schätzen. Viele werden nach der Berührung mit dem Gesetz und dem Recht der BRD mit Frau Bohley, die uns Kommunisten verdammt, sagen: "Gerechtigkeit haben wir gewollt. Den Rechtsstaat haben wir bekommen." Viele werden auch begreifen, dass die Freiheit, zwischen CDU/CSU, SPD und FDP zu waehlen, nur die Freiheit zu einer Scheinwahl bedeutet. Sie werden erkennen, dass sie im täglichen Leben, insbesondere auf ihrer Arbeitsstelle, in der DDR ein ungleich höheres Mass an Freiheit hatten, als sie es jetzt haben. Schliesslich werden die Geborgenheit und Sicherheit, die die kleine und im Verhältnis zur BRD arme DDR ihren Bürgern gewährte, nicht mehr als Selbstverständlichkeit missachtet werden, weil der Alltag des Kapitalismus jetzt jedem deutlich macht, was sie in Wahrheit wert sind."
Ich glaube, der größte Fehler - vor allem des Zitierten - war, dass man uns nicht heraus gelassen hat, dass wir vor 1990 selbst bei Besuchen "drüben" nur die Urlaubsgesichter der Gesellschaft gesehen und niemals erfahren haben, was die ganze schöne bunte Freiheit kostet und wer sie letztendlich womit bezahlen muss...
Übrigens, der Zitierte heißt Erich Honecker.
Grafik: Gerd Altmann (www.pixelio.de)
Ich sehe es als Geschenk an, im anderen deutschen Staat aufgewachsen zu sein und da geht es mir nicht mal so sehr um Verklärung. Aber heute ist mir wieder mal eines aufgefallen. Hier schauen wenig über ihren eigenen Tellerrand hinaus. Das ging irgendwie in der DDR nicht und ich habe es mir wohl auch noch nicht abgewöhnt.
AntwortenLöschenKleines Beispiel: Im meinem Blog habe ich ja auf die Ankunft des "Zuges der Erinnerung" hier in Mainz aufmerksam gemacht und heute gleich auf der Arbeit zwei Kollegen, von denen ich meine (auch jetzt noch), sie sind einigermaßen politisch interessiert, gefragt, ob sie mit mir hingehen würden. Beiden mußte ich erstmal erklären, was der Zug der Erinnerung ist. Ich finde das traurig und ich weiß auch nicht, ob ich es so drüberbringen konnte, wie ich es meine, es betrifft eigentlich alles, was mit Politik zusammenhängt.
Und was immer man dem alten halsstarrigen Mann vorwirft, er hat den Nagel mit dieser Äußerung wohl auf den Kopf getroffen, zu einer eit, wo viele Neubundes-bürger noch glücklich über die neue Freiheit waren.
Danke für die Verlinkung zu meinem Blog, ich habe erst heute gesehen, daß ich die FDJ bin, als ich wissen wollte, was sich hinter diesem Link verbirgt ;-).
Zur Verlinkung: gern geschehen :-)Was den Jugendverband betrifft, sind wir ja auch Kollegen, nicht nur beim Bloggen.
AntwortenLöschenZu Erich H.: man möchte an einen Ghostwriter glauben oder ein Fake, das Irgendeiner gerade gestern gefälscht und ins Netz gestellt hat. Aber wahrscheinlicher ist, dass Macht korrumpiert, dass diese Menschen wie H. oder Merkel oder wer auch immer gerade Zar ist, regelmäßig innerhalb kürzester Frist völlig abheben.Wie auch immer: Leider hat unser Erich recht behalten. Und das was Du über deine Kollegen dort im tiefsten Westen schreibst, hat er ja auch genau erkannt...
Ich sehe auch für SU so: das war gar nicht "einfach so", das war Experiment, der zeigte, das Sozialismus besser ist. Und man soll aus Fehler lernen, und nächste Version des Sozialismus wird überstehen und gewinnen.
AntwortenLöschenLeider geht die Zeit und die Propaganda, und die Leute erinnern noch sehr schlecht, wie es in Wirklichkeit war... Also man muß etwas dagegen tun.