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Montag, 2. Februar 2009
Reiche Länder, Bildung und die Ware Arbeitskraft
Laut einer dpa-Meldung von heute gehen wohlhabende Bundesländer, die selbst nicht genug Lehrer für ihren Bedarf ausgebildet haben, in ihren Nachbarländern oder in Ostdeutschland zur Zeit gezielt auf die Jagd nach Junglehrern. "In Hessen und Baden-Württemberg laufen regelrechte Abwerbeaktionen", sagte die stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer. "Damit werden die Preise noch einmal hochgetrieben." Das Nachsehen hat zum Beispiel Berlin, das seine jungen Lehrer seit einigen Jahren nicht mehr verbeamtet. Zum neuen Halbjahr gibt es in der Hauptstadt Probleme, offene Stellen zu besetzen. Denn die Kollegen ziehen lieber nach Hamburg, das ihnen mit Beamtenstellen bis zu 800 Euro mehr bieten kann. "Wir bekommen am Beispiel der Lehrer zu sehen, wohin Wettbewerbsföderalismus führt. Er ist nur für die finanzstarken Länder gut", sagte Demmer. Denn sie könnten es sich leisten, bei einem knappen Lehrermarkt mit gut dotierten Stellen zu locken.Ein Wettbewerb zwischen völlig ungleichen Bundesländern könne nicht zu einer einheitlichen Lehrerversorgung aller Schulen führen.
Nebenbei bemerkt: Der Reiche gewinnt immer. Ob es die Entwicklungsländer oder die armen Staaten Osteuropas sind, denen man mal kurzerhand die Ärzte oder andere Fachkräfte abwirbt - es läuft schon seit Jahrzehnten immer nach dem gleichen Muster und von Fairness ist natürlich keine Rede. Der Osteuropaforscher der Freien Universität Berlin, Gert Leptin, schrieb 1980, dass in der Zeit von 1960 bis 1961 jährlich zwischen 144.000 und 330.000 Menschen aus der DDR in die BRD übersiedelten. Darunter war der Anteil der Jugendlichen unter 25 Jahren besonders hoch."Wenn man berücksichtigt, dass jeder arbeitsfähige Flüchtling beim innerdeutschen Wirtschaftsvergleich einen Arbeitskräfteunterschied von zwei Personen ausmacht (im Osten - 1, im Westen + 1), dann wird die wachstumspolitische Bedeutung der Fluchtbewegung besonders deutlich" - so Gert Leptin.* Man muss außerdem berücksichtigen, dass es sich bei den Flüchtlingen zu einem großen Teil um gut ausgebildete Fachkräfte sowie um Hoch- und Fachschulabsolventen wie Ingenieure, Ärzte und Rechtsanwälte gehandelt hat, deren Ausbildung von der DDR finanziert worden war. Es gab viele, die ihre Einstellungsverträge von westdeutschen Firmen bereits während des Studiums in der Tasche hatten, während sie noch Studium, Stipendium und Sozialleistungen des sogenannten Terrorregimes der DDR in Anspruch nahmen.Denn die Vorteile musste man ja schnell noch mitnehmen, bevor man diesem Staat und den Mitbürgern den Rücken kehrte....
* Zitiert nach Siegfried Wenzel: "Was war die DDR wert ? Und wo ist dieser Wert geblieben?" Verlag Das Neue Berlin, 7. Auflage, 2006
Grafik: Gerd Altmann (www.pixelio.de)
2 Kommentare:
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In unserer freien und demokratischen BRD gilt eben "Gleiches Geld für gleiche Arbeit" nicht. Also sind die ärmeren Länder beschissen dran, immer dann, wenn es in reicheren Ländern einen Mangel gibt, den arme, wie auch immer, bedienen können.
AntwortenLöschenHab's grade in unserem Pressespiegel gelesen: NRW ist auch dabei kräftig anzuwerben. Hintergründe werden natürlich in der hiesigen Jubelpresse nicht dargestellt.
AntwortenLöschenLeider ist es eben nicht nur unser toller Förderalismus -- das Ost-West-Lohngefälle im öffentlichen Dienst bzw. bei den Beamten gibt es ja (meines Wissens nach) bundesweit.