Es gibt mittlerweile wohl 116 Berliner Ehrenbürger. Das Positive zuerst: Hitler, Göring, Frick und Goebbels sind es nicht mehr. Aber auch sonst ist die Liste dem Bundespräsidenten durchaus angemessen:
- Ehrenbürger Nr. 6: Freiherr von Schuckmann - Preußischer Innenminister, ließ u.a. E.T.H. Hoffmann bespitzeln, beschimpfte ihn noch nach seinem Tode als "Wüstling" und veranlaßte als Leiter der Zensurbehörde die Verstümmelung seiner Werke.
- Ehrenbürger Nr. 15: Baron von Kamptz- Geheimer Staats-und Justizminister, einer der Hauptstützen der reaktionären Partei, verfolgte u.a. den Theologen (!) Schleiermacher, legte sich sogar mit Kanzler von Hardenberg an, weil der nicht alle seine Denunziationen verfolgte.
- Ehrenbürger Nr. 25: Polizeipräsident Eugen von Puttkammer, gegen die Verleihung dieser Ehrenbürgerwürde gab es tatsächlich kurz vor der Märzrevolution Proteste.
- Ehrenbürger Nr. 29: Generalfeldmarschall Graf von Wrangel versuchte 1848 , die Nationalversammlung mit Bajonetten an der Arbeit zu hindern, stürmte mit 13.000 Soldaten durch das Brandenburger Tor und wurde nach der Niederringung der revolutionären Bürger zum Ehrenbürger der Stadt.
- Graf Helmuth Karl Bernhard von Moltke , Chef des Generalstabes der preußischen Armee.
- Reichspräsident Paul von Hindenburg, reaktionärer WK I-Marschall, der Ehrenbürger wurde ihm verliehen anlässlich der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Dadurch und durch die Unterzeichnung des Ermächtigungsgesetzes trug er wesentlich zum Untergang der Weimarer Republik bei.
- Theodor Heuss, 1949 bis 1959 erster Bundespräsident der BRD. Am 23. März 1933 stimmte der Reichstagsabgeordnete Heuss dem Hitlerschem Ermächtigungsgesetz im Reichstag zu, obwohl er sich vorher in seiner Fraktion der DDP gegen die Zustimmung ausgesprochen hatte.
- Ronald Reagan, der Neutronenbomber und Erfinder des realen "Kriegs der Sterne".
- Bush senior, u.a. Direktor der CIA (1976 bis 1977) und 41. Präsident der Vereinigten Staaten (1989 - 1993).
- viele Polizeipräsidenten und Generäle, denen man die Würde meist als Geschenk zum 50. Geburtstag hinterher schmiß.
- Ehrenbürger Nr. 72: KZ-Baumeister Heinrich Lübke.
- Ehrenbürger Nr. 115: Wolf Biermann, einst ein kritischer Sänger und Liederdichter aus der DDR, seit Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts Stütze des amerikanischen und israelischen Militarismus, unerträglicher Lobhudler der herrschenden Klasse, die ihn dafür aus Dank eifrig alimentiert. Entsprechend ist seine heutige künstlerische und politische Bedeutungslosigkeit.
In Freiburg/Breisgau ( Hartmut910 / pixelio.de) |
Zu dieser illustren Gesellschaft passt auch, dass man fast allen sowjetischen Militärs, die massgeblich die Nazis aus Berlin verjagten , nach 1990 die Ehrenbürgerwürde absprach. Darunter auch den Sergeanten Jegorow und Kantaria, die am 30.4.1945 die sowjetische Fahne auf dem Reichstagsgebäude gehißt hatten. Kantaria wurde übrigens im September 1993 im abchasischen Bürgerkrieg wegen seiner georgischen Abstammung von separatistischen Freischärlern aus Abchasien vertrieben. Der Bürgermeister von Sankt Petersburg Anatoli Sobtschak gewährte ihm daraufhin politisches Asyl in Russland. Drei Monate später starb Kantaria im Moskauer Kreml-Krankenhaus. Präsident Boris Jelzin kondolierte der Familie, doch die abchasische Regierung verweigerte ihr die Bestattung Kantarias in seiner langjährigen Heimat. Die Berliner Ehrenbürgerschaft wurde ihm allerdings schon 1992 genommen.
Selbst einem Pjotr Abrassimow, sowjetischer Botschafter in der DDR, der 1971 maßgeblich am Zustandekommen des Viermächteabkommens beteiligt war, das den Status quo für West-Berlin sichern und weitere Konflikte verhindern sollte, wurde als Ehrenbürger abgesägt. Siegerjustiz eben. Oder deutlicher gesagt: Späte Rache der Alt- und Neunazis, die diesen Staat maßgeblich aufgebaut haben und die Niederlage 1945 gegen die "russischen Untermenschen" nie verwunden haben.
Unser russophober Militärpfarrer wird sich jedenfalls so richtig wohl fühlen!
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