Auch die von 10 Fürsten gesteuerten deutschen Medien lassen kein gutes Haar an ihm. Jeder mündige Bürger auch in Deutschland, der sich abseits der im Bundestag vertretenen 5 bis 6 Einheitsparteien politisch engagiert, kennt diese gönnerhafte Häme, diese Ignoranz und die damit verbundenen üblen Nachreden. Verfolgte man am vergangenen Wochenende allein die Leserkommentare auf "Zeit" und " Spiegel online", musste man unwillkürlich den Eindruck gewinnen, in Rom, aber auch in Paris, Warschau, Bukarest und Sofia würden noch die freundlichen deutschen Friedenstifter mit den schwarzen Uniformen und den Totenköpfen an der Mütze stehen, um den dort hausenden niedrigen Völkern richtiges politisches Denken im großdeutschen Sinne beizubringen. Volkes Stimme ist meist Frucht der herrschenden allmächtigen Demagogen.
Auch das also Grund genug, mal nach zu sehen, was die Partei ."Movimento cinque stelle" eigentlich will. Diese "Bewegung Fünf Sterne", die sich nach ihren fünf Leit-„Sternen“ (Wasser, Umwelt, Transport, Internet, Entwicklung) aus dem Gründungsprogramm benannt hat. "Eine Bewegung, die kein Geld hat, keine Fernsehsender, keine Tageszeitung, kein Verlagshaus, keine Banken, schaffte es, stärkste Partei zu werden." schreibt der Tagesspiegel abseits des Mainstreams heute.
Wie gesagt: Vertraut man den meisten deutschen Medien, kann da nicht viel dahinter stecken. Nun, ich bilde mir gern selbst ein Urteil, das darf man ja in Deutschland abseits des Mainstreams schon fast nicht mehr und so lese ich im Programm der Beppe-Grillo-Partei nach. Nach einigem Suchen ist es im Internet sogar in deutscher Sprache zu finden. Und da wird es interessant. Kaum eine Forderung, die man als kritisch denkender Mensch nicht auch für Deutschland unterschreiben könnte. So z.B. im einleitenden Abschnitt "Staat und Bürger":
"Die derzeitige Organisation des italienischen Staates ist überdimensioniert bürokratisch, teuer und ineffizient. Da die Bürger bei den Wahlen nicht direkt Abgeordnete, sondern lediglich nur Parteien wählen dürfen, ist das Parlament nicht mehr direkte Repräsentanz der Bürger. Die Verfassung ist außer Kraft gesetzt. Der Wille der Parteien hat den Willen des Volkes verdrängt, die Parteien haben sich der Kontrolle und der Beurteilung des Volkes entzogen." heißt es da. Bestandsaufnahme der Realität oder purer Populismus?
Und die Forderungen könnte man fast alle übernehmen:
• Abschaffung der Provinzen
• Zusammenlegung der Gemeinden unter 5.000 Einwohner
• Abschaffung der pauschalen Kostenerstattung von Wahlkampagnen
• Abschaffung des Lodo Alfano (schon abgeschafft, dieses Gesetz sollte die Immunität von Berlusconi sichern - der Blogger)
• Lehre und obligatorische Prüfung der Inhalte der italienischen Verfassung für alle Kandidaten für öffentliche Ämter
• Beschränkung auf zwei Amtszeiten für Abgeordnete sowie für alle anderen öffentliche Ämter
• Abschaffung aller Privilegien für Abgeordnete, darunter auch das Recht auf Pensionsansprüche nach nur zweieinhalb Jahre Amtszeit
• Anpassung des Gehaltes der Abgeordneten an den nationalen Durchschnittslohn
• Verbot für Abgeordnete während ihrer Amtszeit einen anderen Beruf auszuüben
• Verbot der gleichzeitigen Ausübung zweier Ämter für Abgeordnete (z.B. Abgeordneter und Bürgermeister)
• Verbot der Kandidatur für ein öffentliches Amt für strafrechtlich verurteilte Bürger
• Möglichkeit einer Live-Verfolgung von öffentlichen Versammlungen über das Web für alle Bürger, wie es bereits für die Abgeordnetenkammer und den Senat der Fall ist
• Abschaffung der Kontroll-Ämter (Authorithies) und gleichzeitige Einführung von Sammelklagen
• Einführung von Bürgerbegehren ohne Quorum zur Aufhebung bzw zum Vorschlag von Gesetzen
• Pflicht der parlamentarischen Debatte und Abstimmung über die Gesetzesvorschläge von Bürgerbegehren
• Genehmigung eines Gesetzes nur bei vollständiger finanzieller Deckung
• Gesetzesentwürfe mindestens drei Monate vor Genehmigung online verfügbar, um Kommentare der Bürger einzuholen.
Und so geht es weiter zu den Themen Energie, Information, Wirtschaft, Verkehr, Gesundheit und Bildung. Da fordert man z.B. bei der Energienutzung eine Erhöhung der Effizienz sowie die " Sofortige Umsetzung der Gesetze über die energetische Zertifizierung von Gebäuden (Gesetz 10/91, nach Vorgabe der Europäischen Richtlinie 76/93) und eine "Festsetzung der Klasse „C“ als Mindestanforderung an Energieeffizienz für alle neuen Baukonzessionen sowohl für Neubauten als auch für die Renovierung existierender Gebäude". und ganz konkret die " Förderung der dezentralen Produktion von Wärme durch erneuerbare Ressourcen, speziell Biomasse, in kleinen Anlagen für die Selbstverwendung und Brennholz soll auschließlich aus Wiederverwertung stammen. Die Fernwärme soll wegen ihrer Ineffizienz und Umweltbelastung sanktioniert werden".
Besonders der Punkt Information hat es in sich. " Informationspluralismus ist einer der Grundsteine der Demokratie und der individuellen Existenz. Werden Informationen von wenigen Akteuren kontrolliert und reglementiert, ist ein antidemokratisches Abdriften unvermeidbar. Wenn die Medienbranche ihren Bezug eher zu den Interessen wirtschaftlicher Akteuren statt zu den Bürgern hat, siegen die Interessen der Multis und der mächtigen Wirtschaftskreise gegenüber denen der Bürger. Information ist also in jedem Bereich von sozialem Interesse. Der nicht oder schlecht informierte Bürger (sei es aus Desinteresse oder fehlendem Zugang zur Information) kann nicht entscheiden und nicht frei auswählen. Er ist auf die Rolle eines passiven Konsumenten und Wählers beschränkt, der von den Entscheidungen ausgeschlossen ist, die ihn betreffen." heißt es da. Dem Springerkonzern und den anderen angepassten Medien der Bundesrepublik müssen diese Sätze wie explodierender Sprengstoff in den Ohren klingen
Bella Italia (Andrea Damm / pixelio.de) |
und das Verbot des gegenseitigen Aktienbesitzes von Banken und Unternehmen greifen soll, wird die Angst der deutschen " Weiter so!"- Einheits- und Selbstbedienungspartei aus CDUCSUSPDFDPGRÜNEN direkt greifbar. Nur deshalb werden Infos zurückgehalten, wieder einmal diffamiert und klein geredet, was das Zeug hält.
Die geforderte Verantwortung der Finanzinstitute für die von ihnen angebotenen Produkte mit Anteilnahme am Schadenersatz sägt am Stamm der Profite der internationalen Finanzhaie und der Bankster-Boni. Und die Einführung einer Obergrenze für Managergehälter börsennotierter Unternehmen sowie bei Unternehmen, bei denen der Staat zu einem relevanten oder überwiegenden Teil Anteilseigner ist, wurde so ähnlich gerade in der Schweiz in einer Volksbefragung von einer großen Mehrheit der Bevölkerung bejaht.Nur bei uns heilt wieder einmal alles der "Markt". Meinen Merkel und die deutsche Politkaste.
Es kann jedenfalls ganz spannend werden in Italien, mit diesen "Grillini". Nun werde ich garantiert nicht über Nacht zum Anhänger dieser Partei. Ich wollte mir nur ganz gern eine eigene Meinung bilden, bevor ich mir von einem geborenen Dummkopf im Auftrag des rechten, neoliberalen Seeheimer Kreises der SPD die Welt der Clowns erklären lasse...
Hallo Frank,
AntwortenLöschenVielen Dank für diesen Beitrag. „Italia bella!“
Im Wesen nichts Neues,
Sonnige Grüße aus Antwerpen,
Nadja