Am Montag waren meine engste Mitarbeiterin und ich bei Harry Peter Carstensen eingeladen. Harry Peter und Ole von Beust wollten mit uns und einigen anderen über "Life Science Nord" Bilanz ziehen. Dazu gab es in der Vertretung des Landes Schleswig-Holstein beim Bund ein Symposium mit Empfang. Konkret sprach man über den Innovationskurs der Medizintechnik in den Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein. Harry Peter und Ole sind nette Menschen mit gutem Benehmen, sie können sogar als Erste grüßen - aber das nur nebenbei. Es waren auch Manager von richtig großen Unternehmen der Medizintechnik eingeladen und die diskutierten sehr offensiv. Als nämlich plötzlich lauter Stimmenlärm in unseren Sitzungssaal drang, musste Harry Peter Farbe bekennen: Etwa zweihundert Studenten der Universität Lübeck protestierten hier vor der Tür in den Berliner Ministergärten gegen den durch die Landesregierung Schleswig-Holstein geplanten Abbau des Medizinstudienganges und die damit programmierte Schließung ihrer Uni! Denn die Uni Lübeck zeichnet sich durch eine bundesweit einmalige Vernetzung zwischen Medizin und Medizintechnik aus. Unternehmen wie Olympus (Optik) und Stryker (Implantate) profitieren unmittelbar von der guten Arbeit der Uni. In der Podiumsdiskussion mit dem bezeichnenden Titel "Kooperation in der Medizintechnik - schneller von der Forschung zum Patienten" bekannten sich beide Unternehmen ausdrücklich zur Uni Lübeck. Sie haben am Montag klar und deutlich ihre unternehmerischen Positionen abgesteckt: Wenn die Uni geschlossen wird, sind die Unternehmen weg aus Lübeck und aus Schleswig-Holstein! Ade, Life Science Nord. Ade, Kooperation zwischen Anwendung und Entwicklung.
Im Anschluß hatte ich noch Gelegenheit, mit Studenten und Professoren der Universität Lübeck zu sprechen. Niemand kann sich die Gründe für die Schließungsabsichten erklären, die Uni bringt etwa so viel Geld wieder rein, wie sie das Land kostet. Das Flugblatt der Studenten und Unimitarbeiter habe ich hier angehängt, es spricht für sich. Die Politik redet also auf der einen Seite von Bildung als quasi letzter Chance im Prozess der wirtschaftlichen Globalisierung, tut aber auf der anderen Seite alles, um Bildungsmöglichkeiten einzuschränken und gut funktionierende Bildungs-und Forschungsstrukturen zu zerschlagen.
Es bleibt letztlich nur eine Schlussfolgerung übrig: Unsere Politiker leiden an einer besonders heimtückischen Auswirkung der Gipfelitis, einer bisher unbekannten Form der Schizophrenie. Sie reißen demnach mit dem Hintern wieder ein, was sie (oder besser: wir) gerade mit den Händen aufbauen. Anders ist soviel Idiotie nicht mehr zu erklären...


Flugblatt der Uni Lübeck (zum Vergrößern mit linker Maustaste anklicken)
Es scheint fast so, als ob die Uni Lübeck gerettet ist: http://www.luebeck-kaempft.de/wordpress/?p=3799
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