Unter dieser
Überschrift sollen die Brandenburger feiern. Wen sollen sie feiern? Natürlich
die Landesregierung und damit die Parteien, die für den derzeitigen Zustand des
Landes verantwortlich sind! Deshalb waren die Bürger des Landes für den 26.
September nach Potsdam eingeladen. Wer fuhr nach Potsdam und feierte?
Mir fallen da
zunächst die Mitarbeiter in den Verwaltungen ein. Sie haben kurze Wege zur
Arbeit, ein übersichtliches Aufgabengebiet, also Dienst nach Vorschrift, und
werden auskömmlich, manche sogar gut bezahlt. Dann gehören dazu die Beamten,
die nicht nur einen sicheren "Job" haben sondern auch eine
überdurchschnittlich hohe Pension erwarten dürfen. Schließlich gehören zu
diesem Kreis auch die meisten Juristen, denen es - egal ob als Richter oder
Anwalt - kaum besser gehen könnte.
Es gibt noch weitere
Berufsgruppen, die - von Ausnahmen abgesehen - mit ihren Tätigkeiten und der
Entlohnung wohl überwiegend zufrieden sein können - dank ihrer eigenen fleißigen
Arbeit. Ich denke da z.B. an Ärzte und Pfleger, Lehrer und Erzieher, Polizisten
und Feuerwehrleute - egal ob männlich oder weiblich. Ihnen sei eine Feier
- egal aus welchem Anlaß - herzlich gegönnt. Die Landesregierung, die ja so
gerne gefeiert werden will, hat allerdings an ihrem Wohlergehen einen nur kleinen Anteil.
Was gibt es - ganz
konkret - eigentlich zu feiern? Da wird jedem sicher etwas anderes einfallen,
manchen auch gar nichts. Es gibt nämlich leider viele, denen so gar nicht nach
Feiern zumute ist. Hier habe ich besonders die Einwohner des Landkreises Barnim
im Blick.
Zuerst denke ich an
die Menschen, die ihren Arbeitsplatz z.B. im Walzwerk, im Kranbau, in der
Chemischen Fabrik und im Leuchtenbau,
aber auch in der Schweinemast (SZMK) und im Fleischwerk in Britz (SVKE) oder im Schichtpressstoffwerk Bernau, in der Großbäckerei oder im Kabelwerk Schönow
verloren haben und nun zur Arbeit - nicht im Barnim! - täglich weite Wege
fahren müssen.
Ich denke an
diejenigen, die gar keine Chance mehr auf einen Arbeitsplatz haben und nun -
dank Hartz-IV-Gesetz - in Armut leben. Ich denke an die vielen, die als
Bezieher kleiner Renten unterhalb der Armutsgrenze bleiben und an diejenigen,
die mit Mindestlohn in Teilzeitjobs ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen und
denen es oft noch schlechter geht als Empfängern von Sozialhilfe. Ihre
Lebenssituation wird ihrer Arbeitsleistung nur selten gerecht. Ihr Leben ist
ein unwürdiges Dasein. Hier ist die Würde des Menschen, die doch unantastbar
sein soll, massiv verletzt. Ein solches Leben ist das Ergebnis von 25 Jahre
"Einheit" und 25 Jahren Land Brandenburg und man muß wohl Verständnis
dafür haben, dass das wahrlich kein Grund zum Feiern ist.
Brandenburg wie immer weit hinten |
25 Jahre Brandenburg,
das ist 25 Jahre Deindustrialisierung. Das ist 25 Jahre Zerschlagung
funktionierender Strukturen z.B. im Bildungswesen, im Gesundheitswesen, im
Naturschutz und in der Wasserwirtschaft. 25 Jahre Brandenburg, das ist extreme
Unterversorgung mit Dienstleistungen und Waren des täglichen Bedarfs auf dem
Land, aber auch Kultur findet nicht mehr statt, es sei denn gelegentlich ein
Fußballspiel des Dorfvereins - soweit es den noch gibt, denn die jugendlichen
Spieler haben ihr Dorf längst verlassen! Statt dessen beweisen uns täglich
Heerscharen von Versicherungsgesellschaften und Banken, ungesund aufgeblähte
Verwaltungen und oft mehr als drei Briefträger an einem Tag die Ineffektivität
dieses Gemeinwesens. Am Rande von Ballungsgebieten drängeln sich die
Supermärkte und täuschen Wettbewerb zugunsten der Kunden vor. Wenn es jedoch
darum geht, Preise zu erhöhen, sind sich alle einig! Trotzdem verschwinden auch
große Unternehmen nicht selten ganz plötzlich und mit ihnen die Waren im
niederen, günstigen Preissegment. Wir spüren das im Geldbeutel. Die Jagd nach
Geld, nach Profit hat oberste Priorität. Auf echte Leistung kommt es nicht an.
Obwohl die
Verwaltungen ja von den Bürgern bezahlt werden, kassieren sie für jeden noch so
kleinen Verwaltungsakt extra - eine Gebührenordnung macht's möglich. Da wird
dann das Geld für die Feier knapp.
Wer etwas Geld, auch
als Notgroschen gedacht, zurücklegen konnte, etwa weil sein Häuschen nun
bezahlt ist, dem werden die Ersparnisse mit Ausbaubeiträgen, gegen die er sich
kaum wehren kann, aus der Tasche gezogen. Hier haben sich Straßenausbaubeiträge
und Wasser-/Abwasseranschlußbeiträge, sogar sog. Altanschließerbeiträge
"bewährt". Vier- und Fünfstellige Beträge sind die Regel! Und das
sollen wir feiern?
Permanent werden
Reformen auf verschiedensten Gebieten -
oft gegen jede Vernunft und unter Mißachtung überzeugender Argumente - mit
Gewalt durchgesetzt, um dann - die Argumente sind stärker! - wieder
scheibchenweise aufgehoben und korrigiert zu werden. Jeder hat inzwischen
gemerkt, daß die sog. Polizeireform ein Flop war und daß die Schulreform nicht
funktioniert.
Wer auf einem Dorf lebt, der sollte möglichst nicht krank werden,
denn der Weg zu Arzt und Apotheke ist weit! Manchmal ist es sogar ein Problem,
Geld vom eigenen Konto abzuheben, denn auf dem Dorf gibt es nicht einmal mehr
einen Geldautomaten. Der rechnet sich nicht! Wohl dem, der Kinder und Enkel
hat, die gut versorgt sind! Wer dieses Glück nicht hat und seine Kinder nicht
belasten will, der sollte, angesichts der üblich schwindelerregenden
Friedhofsgebühren, besser auf das Sterben verzichten!
Ein Kabinettstück der
Landesregierung ist die bevorstehende Verwaltungsstrukturreform, die gegen alle
Widerstände mit Gewalt durchgesetzt werden wird, obwohl bereits die vorherige
Reform keine Effektivität - etwa Einsparung von Geld oder verbesserte
Dienstleistungen für die Bürger - gebracht hat. Sollen wir die Landesregierung
für derlei Aktionismus, fernab jeder demokratischen Legitimation, feiern?
Es ist wahrlich keine
Leistung, die man feiern kann, wenn sich - geködert mit Millionen Förderung aus
Steuergeld - Unternehmen rund um Berlin
angesiedelt haben. Ein Standort in Steinwurfweite von der Hauptstadt ist
nun mal für viele Unternehmen günstig, ja unverzichtbar. Trotzdem hat sich eine
stattliche Zahl von Unternehmen wieder verabschiedet, kaum daß die Fördermittel
verbraucht waren. Man zieht einfach weiter um woanders erneut Fördermittel
"abzugreifen". Der Minister kommt gern persönlich zum Sektempfang -
man gönnt sich ja sonst nichts! - übergibt öffentlichkeitswirksam den
Fördermittelbescheid und macht gleich noch ein bißchen Wahlwerbung. Was gibt es da zu feiern?
Die Landesregierung ist
unfähig, den Fortgang des Kahlschlages im industriellen Bereich zu
stoppen.Selbst bei einem Bundesunternehmen wie dem RAW in Eberswalde wird das
Firmenlegen - trotz guter Auftragslage - konsequent fortgesetzt und die
Landesregierung ist untätig und machtlos. Was sollen die Bahnwerker feiern?
Statt dessen wird es eine weitere Mahnwache geben!
Die Fehlleistungen
der Landesregierung sind jedoch nicht auf die Industrie beschränkt! Landwirte
beklagen zu Recht, daß ihnen die Landesregierung ihr Pachtland an meistbietende
Bodenspekulanten verscherbelt. Sie haben
keine Chance, das Land selbst zu kaufen!
Es tönt landauf und
landab, daß man nur gut ausgebildet sein muß, um hier in Brandenburg gut leben
zu können und eine Zukunft zu haben. In Wahrheit schützt nicht einmal ein
abgeschlossenes Studium vor Arbeitslosigkeit. Selbst Master (Diplom haben wir
abgeschafft!) mit Doktorhut müssen sich
oft genug mit zeitlich begrenzter "Projektarbeit" ihre
Brötchen verdienen und nicht alle haben das Glück, irgendwann einmal fest
angestellt zu werden. Es bleibt ihnen oft nur der Weg in den "richtigen
Westen" oder ins Ausland und viele gehen ihn, oft widerwillig, aber was
denn sonst? Ihre Kinder sind dann natürlich auch keine geborenen Brandenburger!
Jedenfalls werden die bei der Feier nicht dabei sein.
Fast täglich lesen
und hören wir von "Fehlern" der Landesregierung, die überwiegend erst
zugegeben werden, wenn sie lange zurück liegen. Pfusch und Fehlinvestitionen wo
man hinsieht! Jeder weiß um die Affairen Lausitzring, Autobahndreieck Havelland
und Flughafen BER - nur drei Beispiele für Millionen- und Milliardengräber im
Ergebnis von Schlendrian und Verantwortungslosigkeit der Landesregierung.
Immer
öfter werden auch Fälle von Korruption bekannt, obwohl die Landesregierung natürlich
mit Fleiß bemüht ist, solche Fälle nicht bekannt werden zu lassen und - wenn
das nicht gelungen ist - sie als bedauerliche Einzelereignisse kleinzureden.
Jedem Bürger mit nur etwas Lebenserfahrung ist jedoch klar, daß
"Speer" und "Fürniß" nur die Spitze eines Eisberges sind.
Fälle von Vorteilsnahme und Begünstigung sind inzwischen in allen
Kreisverwaltungen und in so manch einer Amtsverwaltung angekommen. Wer gut
schmert, der gut fährt! Wer ein bestimmtes Parteibuch hat, ein guter Freund des
Landrats oder des Bürgermeisters ist - so eine Pflicht zur Stellenausschreibung
ist doch keine Hürde! - der kriegt den Job! Daran hat sich auch 25 Jahre nach
dem Ende der DDR nichts geändert. Das nenne ich Kontinuität und Stabilität!
Vielleicht ist das ja ein Grund zum feiern!?
Johannes Madeja
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