Das war der Hauskassierer Lehmann,
Ein guter Mensch und SPD-Mann;
Dem hatte nachts ein Mann in Braun
Zwei Backenzähne eingehaun.
Hier mußte Lehmann nun erfahren,
Daß gegen's Rüstzeug der Barbaren
Die geistige Waffe nicht genügt,
Wenn man eins in die Fresse kriegt.
Zum Glück erschienen da zwei starke
Rotfrontler aus dem nahen Parke;
Die haben den im brauen Hemd
Ein bißchen auf und ab gestemmt.
Und was war schließlich das Ergebnis?
Beeindruckt stark von dem Erlebnis,
Trat Lehmann von der SPD
Ins rote Einheitskomitee.
Die Sache aber sprach sich weiter
Und kam vor den Abteilungsleiter,
Der Lehmanns Seelenheil betreut;
Der war nun weniger erfreut.
Er schrie ihn an: "Genosse Lehmann,
Sie sind nicht länger SPD-Mann,
Sieht man sie noch ein einziges Mal
Als Gast in dem Rotfrontlokal!"
Darob erschrak der Lehmann höllisch.
Und da nicht von Natur rebellisch,
So sagte er: "Genosse Schmidt,
Es war ein übereilter Schritt!"
Die Sache hat sich zugetragen.
Nun möchte man bescheiden fragen,
Wie er sich nächstes Mal verhält,
Wenn man ihn wieder überfällt.
Er würde, die zu Hilfe kämen,
Wahrscheinlich nicht in Anspruch nehmen,
Damit, was hinterher passiert,
Nicht wieder zu Konflikten führt.
Und wird er auch halbtot geschlagen,
Er wird es im Bewußtsein tragen:
Es blieb bei dem Zusammenstoß
Doch sein Parteiherz makellos!
" Ein übereilter Schritt" von Erich Weinert, 1932
Es ist schon erstaunlich, wie viele Parallelen es zu den Jahren vor 1933 gibt, nicht nur im Schaffen Weinerts, auch bei Tucholski fällt das ins Auge... ich habe allerdings nur wenig Hoffnung, daß wirklich aus der Geschichte gelernt wurde, siehe Deine Beiträge über Heuss und Globke.
AntwortenLöschenGruß, Jeanette