Neulich im Hotel. Es war in Madrid, wir wohnten in einer kleinen, preiswerten, aber feinen Herberge nur ein paar Schritte vom Plaza de Colón entfernt. Das Haus befand sich in einer Sackgasse und wir hatten eine himmlische Ruhe. Zu M.s runden Geburtstag brachte der Portier den Rosenstrauß nach oben ans Zimmer. So ein Hotel war das.
Allerdings war ein Haken dabei: Im Hotelfernsehen gab es als einzigen deutschen Sender den Unterklassenfunk von RTL aus Köln. Nichtsahnend schalteten wir abends spät den Fernsehapparat ein und da waren sie: Ein kleiner, häßlicher Mann, der wie ein Klops oder wie der kleine fette Pfannekuchen aus dem Märchen aussah und den jeder Diätarzt sofort in einen Hungerturm sperren würde, surreal gekleidet wie dieser Gottschalck beim ZDF. Also in eine Art hautengen Tropenanzug gesteckt, der offenbar von einem durchgedrehten Klapsmühlenbewohner entworfen worden war. Ein Nachtgeschirr auf dem Kopf. Eklig. Dazu eine ziemlich vulgäre Frau, die wohl auch schon bessere Tage gesehen hat. Doppelt eklig. Beide ergingen sich in wüsten Reden über irgendwelche Gefangene im australischen Busch, wobei eigentlich diese beiden Wächter hinter Gitter gehört hätten.
Schließlich merkten auch wir Nichtfernsehbesitzer und NOCH GEZ-Ignoranten, wohin wir da geraten waren: Es ging um das allseits beliebte und quotentreibende Guantanamo für Arme, das RTL-Dschungelcamp. Mit dieser einmal gewonnenen Erkenntnis war alles weitere leicht. Ausschalten! Zwar kannten wir sowieso keinen der Gefangenen, überlegten aber - als Menschenfreunde, die wir nunmal sind - wie die armen Knastis in die Fänge von CIA- oder anderen Häschern gelangt und welcher Art ihre Verbrechen waren.
Am Wochenende erfolgte Aufklärung. Deutschland ist so geil auf diesen Mist, dass RTL sensationelle Einschaltquoten einfahren konnte. " 7,95 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 33 %) verfolgten am Freitagabend das Ausscheiden von Hochzeitsplaner Froonck. Beim Rauswurf von Eva Jacob waren 7,79 Millionen Zuschauer (Marktanteil 29,7 %) dabei. In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen verfolgten am Samstag 4,87 Millionen Zuschauer die neunte Liveshow von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" - ein neuer Staffelrekord, wie RTL mitteilte. "(Zitat: Welt online). Da kann einem Menschen mit etwas Grips schon ein wenig Angst werden.
Mich verfolgen allerdings wieder Fragen über Fragen:
- Welcher gewaltige Organismus hat den Froonck ausgeschieden? Und warum heißt dieser Froonck Froonck und nicht Frunck, Frinck, Frenck, Frünck, Frönck oder einfach nur Frank?
- Ist die Eva Jacob wirklich eine der großartigen Jacob Sisters aus Sachsen, einer jener legendären blonden und knuddligen Ulknudeln, die sich überwiegend über ihre Pudel definierten und die schon meine Urgroßmutter bei der Eröffnung des Fernsehens damals in der Reichshauptstadt in der Flimmerkiste sehen durfte ?
- Wie lange mussten die beiden dort im Konzentrationslager aushalten und warum?
- Wie hat RTL so schnell ein Land gefunden, dass den Frünck oder Frönck und die dicke Eva aufnehmen will und wo vor allem niemand an einer Pudelallergie leidet?
- Wo bleiben jetzt die abgetragenen orangefarbenen Overalls? Wie trennt man die Dinger schön ökologisch?
Foto: Marianne J. / pixelio.de
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