Mmh. Gedenktag. Klingt einerseits, als wäre die Demokratie schon tot. Sollen wir an diesem Tag alle nach der Grabstelle suchen ? Wer hat sie umgebracht und dann verscharrt ? Und wo? Andererseits: Warum ausgerechnet der 18. März? Mir wäre zunächst die leider unvollendete Revolution von 1848 mit ihren Toten vor allem auf Seiten der Revolutionäre eingefallen. An deren Unentschlossenheit und den ihnen damals fehlenden Guillotinen kranken wir heute noch. Aber natürlich geht es um die ersten nach westlichem Muster getürkten Wahlen in der DDR im März 1990. Die westdeutschen "Volks"-Parteien fielen schon Monate vorher mit einem nie gesehenen Aufwand und vor allem Terabytes an Versprechungen über das ostdeutsche Wahlvolk her. Die meisten Eingeborenen glaubten wohl den Mist, der ihnen im Namen der Freiheit vorgelogen wurde. Nach dem Muster "Eine Tafel Westschokolade - eine Stimme" wurde aber auch allen Alles versprochen. M.s Arbeitskollege H. , 40 Jahre lang eine artige, unterwürfige Blockflöte, tauchte plötzlich als strammer CDUler an der Uni auf und versuchte, seine Kolleginnen mit Eingeborenen-Tand wie Handspiegel, Nähzeug und ähnlichem Tinneff **als Wähler zu ködern.
Berühmt wurde vor allem Kohls Satz vom Frühjahr 1990: "Keinem wird es schlechter gehen, aber vielen besser." Heute diskutieren wir deshalb über Riester-Rente und Hartz 4 im Alter und unsere Rentner bekommen immer noch nur 81 % der Westrente! Von den Löhnen und Gehältern ganz zu schweigen. Die Erfahrungen von Millionen Ostdeutschen nach der Wende scheinen klar und deutlich zu zeigen, dass in dieser inzwischen weltweit praktizierten Art von Marktwirtschaft keine Zukunftsperspektive für das einfache Volk zu erkennen ist. Nicht mehr und nicht weniger. Dem wird man auch mit vermehrter Gehirnwäsche bei den Jugendlichen und weiteren verlogenen Gedenktagen nicht beikommen können. Eigene Erfahrungen wiegen nunmal schwerer. Und - jetzt mal im Ernst: Was soll diese Studie, was soll diese mit Steuergeldern alimentierte Forschungsgruppe an der FU? Man will doch ganz offensichtlich wieder einmal dem dummen Volk nur eines suggerieren: Dass es nämlich zur heutigen Gesellschaftsordnung keine Alternative gibt. Aber auch diesen Unsinn haben wir schon mal in einem früheren Leben gehört...
*Thomas Lunacek (* 14. September 1964 in Berlin) flüchtete im April 1989 in den Westen und trat dort sofort der CDU bei. Seit Oktober 1994 ist er Mitglied des Landtages Brandenburg. Bei den Landtagswahlen 1999 erhielt Lunacek als Direktkandidat im Wahlkreis 13 - Barnim I 25,3 % Erststimmen und 24,8 % Zweitstimmen bei einer Wahlbeteiligung von 52,6 %. Im Jahr 2004 entfielen auf ihn dürfige 17,5 % der Erststimmen und 15,4 % der Zweitstimmen bei einer nochmals gesunkenen Wahlbeteiligung von 50,3%. Lunacek zog deshalb jeweils über die Landesliste der CDU Brandenburg in das Parlament. Seine Rente scheint jedenfalls gesichert- auch wenn er weiterhin nicht durch übermäßig helle Gedankenblitze auffällt.
**Tinneff: "Tand", "Schund", "nutzlose Ware"; kam im 19.Jh. aus dem hebr. "tinnuf" (jidd. "tinnef") = "Kot", "Schmutz"
Quellen der Daten zu Lunacek: Wikipedia und Veröffentlichungen des Landeswahleiters Brandenburg
Foto: KFM(pixelio.de)
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