Die Unabhängige Fraktion in der Bernauer Stadtverordnetenversammlung hat – wie angekündigt – zur kommenden Sitzung der SVV einen Antrag zur Kostenübernahme der Altanschließerbeiträge eingereicht. Der Antrag sieht vor, dass Bürgermeister Stahl aufgefordert werden soll zeitnah alle Dokumente zusammenzustellen, aus denen hervorgeht, dass die Stadt Bernau von der Landesregierung gezwungen wurde, die Altanschließerbeiträge zu erheben. Denn nur in diesem Falle hat die Stadt einen Schadensersatzanspruch gegen das Land. Die Unabhängigen werden namentliche Abstimmung beantragen.
Das Bundesverfassungsgericht hatt mit Beschluss vom 12.11.2015 (1 BvR 2961/14, 1 BvR
3051/14) festgestellt, dass die in Brandenburg und somit auch im Verbandsgebiet des WAV Panke/Finow praktizierte Erhebung von Kanalanschlussbeiträgen (insb. Altanschließerbeiträgen) unter Bezugnahme auf § 8 Abs. 7 S. 2 KAG n. F. bzgl. der vor der Neufassung des Gesetzes verjährt gewesenen Forderungen verfassungswidrig ist. Die entsprechende Erhebung verstößt laut Feststellung des Bundesverfassungsgerichts gegen Art. 2 und Art. 20 Abs. 3 GG und somit gegen fundamentale Grundrechte. Der grobe Grundrechtsverstoß wird nicht dadurch geheilt, dass bestimmte niederrangige Gerichte die Beitragspraxis bis dahin gedeckt haben.
Vertreter aller Parteien haben auf Stadt-, Kreis - und auf Landesebene immer wieder betont, dass sie das Land in der Pflicht sehen, für die Kosten einzutreten. In der SVV wurde immer wieder betont, dass in Bernau bzw. im Verbandsgebiet die Beitragspraxis nur betrieben wurde, weil man vom Land hierzu gezwungen worden sei. Das Brandenburger Innenministerium stellt sich jedoch auf den Standpunkt, dass es ausschließlich die Kommunen bzw. die Zweckverbände seien, die rechtswidrig gehandelt hätten.
 |
Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de |
So erklärte der Landesinnenminister (SPD) mehrfach, dass er keine Grundlage für eine Kostenübernahme durch das Land erkennen könne. Auch das von der Landesregierung in Auftrag gegebene Rechtsgutachten „Die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Entscheidung des BVerfG vom 12. November 2015 (BvR 2961/14 u.a.)“ vom 23.05.2016 macht deutlich, dass mit einer generellen Kostenübernahme durch das Land nicht zu rechnen ist. Dieses Gutachten macht deutlich, dass eine Kostenübernahme durch das Land nur zu erwarten ist, wenn die jeweilige Kommune bzw. der Zweckverband durch das Land aufsichtsrechtlich gezwungen wurde, die Beiträge zu erheben. In Betracht kommen dabei Maßnahmen durch das Innenministerium wie auch durch die Kommunalaufsicht als untere Landesbehörde.
Da in der politischen Diskussion der Stadt Bernau, vor allem durch SPD und CDU im Verein mit dem ehemaligen CDU-Bürgermeister, die Beitragserhebung immer und immer wieder damit gerechtfertigt wurde, dass die Stadt Bernau so handeln müsse, dürfte es ein Leichtes sein, den Nachweis gegenüber dem Land zu führen, tatsächlich gezwungen worden zu sein, um so eine Kostentragung durch den WAV zu vermeiden.
Zugleich fordert die Unabhängige Fraktion von Bürgermeister Stahl (Die Linke) ein Bekenntnis dazu, dass es nicht nur zur zeitnahen Rückzahlung der Beiträge kommt, sondern dass auch die zukünftige Erhebung von Erneuerungsbeiträgen ausgeschlossen wird. Es bringt den Betroffenen wenig, wenn sich der Bürgermeister jetzt für die Rückzahlung der Beiträge rühmen lässt (was wohlgemerkt nicht auf seiner Arbeit fußt), in den kommenden Jahren aber Beiträge in neuem Gewand erhoben werden können. Dies muss ausgeschlossen werden.