Sonntag, 13. Januar 2019

Oh, er ist klug und weise...

Rein zufällig neulich im Plattenschrank die alte Opernkassette von ETERNA, der DDR-Plattenfirma für klassische Musik, mit einer Aufnahme von "Zar und Zimmermann"  wieder entdeckt. Mit den neuen Boxen hören sich selbst die alten Aufnahmen frisch und neu an, ein gelegentlicher Kratzer erzeugt nur die Atmosphäre von Lebendigkeit - als ob man im Opernhaus sitzt, da raschelt ja auch alle naselang irgend jemand herum.

Also nacheinander die drei LPs aufgelegt und da kam er, im 1. Akt und 6. Auftritt.: Zaandams Bürgermeister van Bett,  eine Koryphäe heutigen Maßstabs:

"O sancta justitia! Ich möchte rasen,
Von früh bis spät lauf ich herum;
Ich bin von Amtspflicht ganz aufgeblasen,
Das Wohl der Stadt bringt mich noch um.
Plerique hominum auf dieser Erde,
Sie ruhn doch mal von Qual und Beschwerde;
Doch kaum schaut der Morgen in meine Kammer,
So rufen die Akten mein Genie,
Und bis zur Nacht bin ich, o Jammer,
Re vera übler noch dran als ein Vieh!
Kein Zugpferd in der Tat hat's so schlimm,
Als ein Vorstand und Rat.
Ein Glück, daß ich mein Amt verstehe,
Und sapientissime alles wend und drehe,
Daß mein Ingenium Akten weiß zu schmieren
Und das Consilium am Gängelband zu führen.
Denn ich weiß zu bombardieren,
Zu rationieren und zu expektorieren,
Zu inspizieren, zu räsonieren,
Zu echauffieren und zu malträtieren.
Rem publicam hab ich stets im Sinn..." (weiter...)


Irgendwie kam mir der Typ bekannt vor. Aber der musste doch schon fast 200 Jahre tot sein, oder ? Bis mir aufging, dass Lortzing hier den typischen Vertreter dieser Zunft, eitle Wichtigtuer, so wie sie auch heute in Deutschland fast überall in ihren Amsstuben sitzen und sich selbst beweihräuchern oder sich beweihräuchern lassen, karikiert hatte. 

Tor in Bernau (© rograb  / pixelio.de)
Passend dazu gestern im Zentralorgan seiner Hohheit, des Bernauer Bürgermeisters Stahl, der "Märkischen Oderzeitung" , Lokalredaktion Bernau, ein Interview zur weiteren Entwicklung der Stadt mit Dero Hohheit himself  und natürlich einem schönen bunten Foto, diesmal nicht in Hemdsärmeln. Wie üblich der Text nichtssagend, voll tönend, keine Perspektiven aufzeigend. Nicht ein Wort, wie dieser Mensch sich z.B. die weitere wirtschaftliche oder auch kulturelle Entwicklung der Stadt vorstellt. Natürlich fragt die verantwortliche Redakteurin auch nicht nach. Aber gerade hier hätte er Gelegenheit, sich planerisch oder mit Ideen und Initiativen einzubringen! Aber nichts dergleichen. 

Immerhin ist ihm schon aufgefallen, dass die Stadt langsam genug Einwohner hat. Bei dieser Erkenntnis bleibt es. Und bei einer ziemlich sinnfreien Aufzählung von Buslinien, die nun öfter fahren sollen. Wenn  der Kreis zustimmt, denn dem gehört die Busgesellschaft. Nebenbei: Auch über die von ihm genannte eingleisige S-Bahnstrecke bestimmt er nicht. Und die neuen Bernauer Bürger, die man mit vergleichsweise günstigen Mieten anlockt, müssen meist zur Arbeit nach Berlin...

2 Kommentare:

  1. keine Grossprojekte mehr...was ist mit der WOBAU die in SüD noch bauen will, Zepernicker Chaussee, WOBAU Schwanebecker...Sein Hotelneubau am Wasserturm …
    vor dem Krankenhaus Mehrzweckhalle...Parkhaus Schule...

    Kreisverkehr...wer von Berlin kommt und nach Zepernick will soll zukünftig um den großen Kreisring fahren ,ich denke Gott und die Welt biegt am Gericht ein...Mehr als 1 Million Liter Kraftstoff werden da zusätzlich verbrannt

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