Sonntag, 11. Mai 2014

Grandiose Sprachkunst: 450 Jahre William Shakespeare

Zwar 14 Tage zu spät in diesem Blog, aber nicht zu spät als Würdigung der Ewigkeit: Ein Kind namens William Shakespeare wurde am 26. April 1564 in Stratford-upon-Avon getauft. Die Eltern des Jungen waren der wohlhabende Landwirt und Handschuhmacher John Shakespeare sowie die Landadelige Mary Arden of Wilmcote.

Der junge William besuchte die Lateinschule in Stratford, lernte dort die antiken Dramen kennen. Sein  Vater stieg indessen zum Ratsmitglied auf. Bereits mit 18 Jahren heiratete William die acht Jahre ältere Tochter eines reichen Bauern, Anne Hathaway. Die Beiden hatten zwei Töchter und einen Sohn, der allerdings schon 1596 im Alter von 11 Jahren starb.William lebte da schon - ab 1592 - in London, er gehörte der Schauspielertruppe "The Lord Chamberlain' s Men" an. Er spielte selbst kleine Rollen und war finanziell an dem Ensemble  und an dessen  Spielstätte, dem "Globe"-Theater, beteiligt, das der Truppe ab 1599 gehörte.  Shakespeare erwarb so als Theater-Unternehmer ein kleines Vermögen und kehrte vermutlich um 1610 wieder in seine  Heimatstadt zurück.

Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht noch, dass der Gönner, Namensgeber und Förderer der Truppe, Lord Chamberlain, ein Cousin der regierenden Königin Elisabeth I. und höchstwahrscheinlich ein unehelicher Sohn des Blaubartes Heinrich VIII. Tudor war. Heinrich, der sechs Ehefrauen verschliss und wegen der vom Papst abgelehnten Scheidung von seiner ersten Frau sogar eine eigene Staatskirche gründete, soll Mary, die Schwester seiner später enthaupteten zweiten Frau Anne Boleyn, geschwängert haben.  Den Bastard - nämlichen Lord Chamberlain - erkannte er allerdings nie als legitim an, förderte ihn allerdings über alle Maßen. Dieser Ausflug auf die Seiten des "Goldenen Blattes " des Jahres 1600 möge mir verziehen sein.

Julias Balkon in Verona (© Rosel Eckstein/Pixlio.de)
Die Theaterbegeisterung des Publikums jener Zeit kannte keine Grenzen. Es war ein goldenes Zeitalter, in dem England unter Elisabeth I. zur europäischen Großmacht aufstieg und neben wirtschaftlicher Blüte ein eben solches Aufblühen von Kunst und Kultur erlebte. Shakespeares Dichtungen spiegelten die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen jener Zeit wieder. Es bildeten sich bereits frühkapitalistische Strukturen heraus. Die Idee des eigenständigen, selbst bestimmten und selbst handelnden Indiviuums griff  Raum in Literatur und bildender Kunst, in der Gesellschaft und in der Kultur. Die Charaktere Shakespeares sind deshalb denkende und fühlende Menschen wie Du und ich und uns deshalb heute noch so nahe. Dies ist neben der wunderschönen Sprache, der gedanklichen Tiefe und der Spannung, die in Shakespeares Stücken liegt, wahrscheinlich der wesentliche Grund, warum uns seine Werke auch heute noch so viel sagen.


Shakespeare hat in seinen Stücken nicht nur Ortsangaben aus seiner Heimatregion verwendet, er ließ seine Darsteller manchmal auch im Dialekt der Gegend um Stratford, in Warwickshire, sprechen. So finden sich Bezeichnungen für Vögel und Pflanzen, die auf diese Art damals nur in Shakespeares Heimatregion bezeichnet wurden. Mary Arden, seine Mutter, stammt aus einem alten normannischen Adelsgeschlecht, dass sich bis auf die Zeiten von Wilhelm dem Eroberer zurück führen lässt und dem große Stücke des "Ardenner" (so in der dt. Übersetzung von Schlegel und Tieck) Waldes gehörten. Der kleine William kannte also den Wald von Arden sehr genau und lässt seinen von eigenen Bruder abgesetzten Herzog Orlando und dessen Narren Touchstone im  Stück "Wie es euch gefällt" durch eben jenen Wald wandeln. Schon diese Fakten widersprechen der Theorie der "Anti-Stratfordianer", die noch heute bezweifeln, dass ein Mann aus - im Vergleich zum parasitären Hochadel -  kleinen Verhältnissen, der höchstens eine Latein-Schule besucht hat, derartige Meisterwerke schaffen konnte.
Shakespeare-Denkmal (© Bernadette Schilder/Pixelio.de)

Zwar klaffen in Shakespeares Biografie große Lücken und es sind keinerlei Briefe oder Originalmanuskripte seiner Werke erhalten. Allerdings war er nicht der ungebildete Tropf aus armen Verhältnissen, als den ihn die Zweifler gern hinstellen. Eher ein Vertreter des aufstrebenden Bürgertums, stellte er auch sicherlich nicht den Strohmann dar für einen adeligen und hochgebildeten Autor wie Sir Francis Bacon oder Edward de Vere, den 17. Earl of Oxford. In dem Film "Anonymus" des deutschen Regisseurs Roland Emmerich, der die Theorie der "Anti-Stratfordianer" wieder einmal breit unter die Massen bringen sollte, sind - wieder nur nebenbei bemerkt - wenigstens neunundvierzig nachweisbare historische Fehler enthalten.

Wenn wir uns das damalige Theater in der Form eines Stegreifspiels vorstellen, kommen wir der Wahrheit um Bill Shakespeare wahrscheinlich sehr nahe. Wahrscheinlich erarbeitete ein einzelner Autor oder eine Autorengruppe vor der Aufnahme jedes Stückes in den Spielplan ein Grundgerüst, das dann von den Schauspielern (und dem Publikum) selbst ausgeschmückt werden musste. Dieses Gerüst wurde dann nach jeder Vorstellung ergänzt und vervollkommnet. So entstand allmählich das vollständige, vollendete Stück als eine Gemeinschaftsleistung von einem oder mehreren Autoren, den Schauspielern und dem Publikum. Wir können heute nicht mehr klären, wie viel Shakespeare wirklich in Shakespeares Werken steckt. Trotzdem können wir uns von der Faszination an diesen sprachlichen, spannenden, genialen Kunstwerken tragen lassen.

1623, sieben Jahre nach dem Tod von William Shakespeare, wurden seine Dramen als Gesamtausgabe erstmals veröffentlicht. Im Vorwort zu  diesem Werk, "First Folio" genannt, heißt es:" Er war nicht eines Zeitalters, sondern für alle Zeiten!".

Die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft, die älteste literarische Gesellschaft der Welt, feierte Shakespeares 450. und den eigenen 150. Geburtstag mit Vorträgen, Musik, Tanz und natürlich mit Shakespeares Stücken vom 24. bis 27. April diesen Jahres in Weimar.