Donnerstag, 23. Mai 2013

Abiturfeiern

Jetzt irgendwann im Juni werden im Lande wieder unzählige Abiturfeiern statt finden. Zeit für mich, mal in meinem Tagebuch zu blättern und die Feier meines jüngsten Sohnes zu rekapitulieren. Der "Bengel" ist inzwischen ein gestandener Mann, herausragender und gut verdienender Anwalt, der sich schon mit 12 Jahren zu diesem Beruf wahrhaft berufen fühlte. Trotz Anwaltschwemme. Alle Versuche, ihm das Studium auszureden, fruchteten nichts, auch richtig gemeine Anwaltswitze hielten ihn nicht auf. Aber gehen wir mal zurück zum Anfang, zu seiner Abiturfeier inklusive Zeugnisausgabe vor vielen, vielen Jahren:

" ... Vor der Abiturfeier die Zeugnisausgabe im Theater der Freundschaft, Parkaue in Lichtenberg. Das Theater heißt jetzt Carousel und ist in einem grauenhaften Zustand. Die Veranstaltung gut gelungen. Wie immer befällt arglose Eltern von Söhnen (also M. und mich) ein Gefühl von Minderwertigkeit, wenn immer die drei selben Mädchen auf die Bühne müssen, um sich ihre Auszeichnungen für hervorragende Leistungen in den Fächern Sport, Musik, Mathematik Physik, Nadelarbeit, Deutsch, Englisch usw. abzuholen. Während meines Studiums wurde ein Mädchen ähnlichen Zuschnitts regelrecht verrückt und musste in die Klinik, weil sie im Chemiepraktikum mit Pauken und Trompeten durchfiel. Das Leben hat uns deshalb schon etwas gelassener gemacht und der von uns ausgeübte Leistungsdruck hielt sich - glaube ich - in Grenzen. Das Zeugnis unseres Sohnes ist also ok, er hat aber sicher noch Reserven.

Einige Dinge gibt es zur Feier noch anzumerken: Früher traten ja auch immer die Schulchöre auf. Während aber damals das erste Lied des Chores garantiert ein sowjetisches war, ist es heute ein US-amerikanisches. Dazu fällt uns noch besonders die eigenartige Freude der Musiklehrerin an Marschmusik auf.

Dieter Schütz  / pixelio.de
Was noch? Jeder Ballkünstler, der mal ein Tor geschossen hat, muss auf die Bühne und erhält ebenfalls eine Auszeichnung - seltsamerweise ein Buch.

Die vier Schüler, die das Jahrgangsbuch erstellt haben, werden wenigstens genannt. Eine Auszeichnung gibt es nicht, diese Leistung ist nicht so wichtig wie ein Tor im Fußball.

Geistiges ist wie immer verdächtig, Eigenes sowieso. Niemand hat das Jahrgangsbuch bisher gelesen: Wer weiß, welchen Lehrer die da angreifen, verhöhnen, kritisieren? Und dann dafür noch eine Auszeichnung ? Deutschland hat in 50 Jahren gerade mal zwei Literatur-Nobelpreisträger hervor gebracht. Wahrscheinlich, weil den jungen Menschen spätestens bei der Abiturfeier klar wird, dass sich in diesem angeblichen Land der Dichter und Denker nur das Tore schießen lohnt? ... "


Im Jahr 2013 entstehende eventuelle Ähnlichkeiten dürften wohl rein zufällig sein...


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