Dienstag, 1. März 2016

Es gibt ein Leben nach Murksel

Plakat zum X. Parteitag der SED
Und da war es wieder: Dieses Gefühl, alles schon einmal erlebt zu haben, dieses Déjà-vu. Zwar mit anderen Personen, die auch nicht weniger lächerlich waren, aber fast genauso. Mir fällt auch prompt dieser Abend im Herbst der DDR ein, der Abend des 18. Oktober 1989, als sich der neue Generalsekretär der SED, Egon Krenz, im Fernsehen der DDR an "sein" Volk wendet und es geschlossen mit "Genossinnen und Genossen" anredet. Allein diese Anrede zeigte, wie weit der ehemalige Chef der FDJ von der Bevölkerung der DDR entfernt war, denn als Genossen bezeichneten sich untereinander nur die Mitglieder der SED. Nicht wenige seiner parteilosen "Genossinnen und Genossen“ werden schon nach diesem ersten Satz abgeschaltet haben, die meisten allerdings haben wahrscheinlich  schon im Oktober 1989 von der Staatsführung der DDR nichts Relevantes mehr erwartet und das damals noch gleich geschaltete DDR-Fernsehen erst gar nicht eingeschaltet.

So wie M. und ich. Ich selbst hatte Krenz bereits im Frühjahr 1976 anlässlich einer Bezirksdelegiertenkonferenz der Berliner FDJ zum ersten Mal live und in Farbe erlebt und war entsetzt gewesen. Schon damals wurde er als Kronprinz von Honecker gehandelt und war nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Satz fehlerfrei vom Blatt abzulesen. Meine Erwartungen an ihn als neuen Staatsführer der DDR waren dementsprechend äußerst niedrig, angelehnt an ein Zitat von Karl Kraus traute ich ihm das Niveau eines Gartenzwerges zu. Die Geschichte sollte mir Recht geben, die erbärmlichen Herumredereien, die Phrasendreschereien  des Egon Krenz läuteten wie Totenglocken das nahe  Ende der DDR ein.


Nun sind wir heute TV-mäßig etwas weiter. Wir wissen mittels Messung der Einschaltquoten ganz  genau, dass 6 Millionen Zuschauer die Murksel-Show am vergangenen Sonntag Abend in der Quatschbude von Anne Will gesehen haben. Immerhin noch 6 Millionen Menschen (von 84 Millionen TV-Glotzern in Deutschland)  erhofften sich nähere Erläuterungen zu ihrem berüchtigten Satz "Wir schaffen das!".

Selbst Lego kann die Grenzen kontrollieren
Mehr als die plumpe Selbstdarstellung einer offensichtlich beratungsresistenten, geistig überforderten, abgehalfterten Pfarrerstochter war dann allerdings nicht zu sehen. Nur Phrasendreschereien wie bei Krenz, während der Staat langsam, aber sicher den Bach herunter geht und sich selbst auflöst. Aber wir schaffen das! Und bis zum letzten Tag wird man Ordnungs- und Bußgelder kassieren.

Fazit der Murksel-Show: Es gibt offensichtlich keinen Plan A und erst Recht keinen Plan B. Tja, Leute, das war's dann wohl. Macht Euch mit dem Gedanken vertraut, dass uns kein höheres Wesen, kein Gott, kein Murksel, noch die SPD retten werden.

Die Geschichte wird denjenigen recht geben, die auch dieses Mal nicht eingeschaltet haben, denn wie sagte ein anderer gescheiterter Politiker am Ausgang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts?  "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!".

Und wir, die Bevölkerung dieses Landes, sollten uns ganz schnell mit dem Gedanken vertraut machen, dass es ein Leben nach Murksel gibt, noch geben kann. Ansonsten bestraft das Leben uns. Und das Leben ist gnadenlos...

2 Kommentare:

  1. ...allerdings frage ich mich, so wie ich mich 1989 gefragt habe, wie waren die Fehler vermeidbar. Die Prognose lautete sowieso, 20 Jahre nach Übernahme durch kohl und konsorten ist Schluss mit lustig. Na, nun sind es 25 geworden. Jedenfalls werden wir noch die nächste wende\kehre erleben. Barnimer

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  2. Jeden Tag von früh bis abends "Der schwarze Kanal". So komme ich mir vor. Aber das Leben WIRD uns bestrafen, ob wir wollen oder nicht, obwohl ein großer Teil von uns schuldlos ist. Wir sind die Steuerzahler, wir müssen die ganze Choose bezahlen. Die Wirtschaft, die jetzt so großartig Werbung im Fernsehen geschaltet hat, die wird Null-Komma-Nix zahlen. Einzig der Gedanke tröstet mich, dass auch die Teddywerfer mit bestraft werden. Den gönne ich es von ganzem Herzen!

    @Anonym: Ich bin zu den Schluss gekommen, dass die Fehler nicht vermeidbar waren. Der Mensch ist anscheinend nicht in der Lage, sein großartiges Hirn richtig einzuetzen. In den Genen des Menschen scheint das Raffen, die Gier, Machtgelüste und etwas messiehaftes (Milliardäre = Geldmessies z.B.) verankert zu sein. Vielleicht war das in irgendeiner Phase unserer Entwicklung überlebensnotwendig. Wir haben uns schließlich physisch kaum vom Steinzeitmenschen entfernt. Der Sozialismus à la DDR krankte daran, dass es keinen neuen Menschen gab, egal auf welcher gesellschaftlichen Ebene. Man konnte erziehen wie man wollte. Das hat nicht funktioniert. Deshalb konnte auch alles andere nicht funktionieren. Ich erinnere mich noch daran, dass die Zwickauer Autobauer nach dem Anschluss stolz darauf waren ein paar Aktien ihres Arbeitgebers erhalten zu haben. Dass ihnen mal das ganze Werk gehört hatte (zumindest das Vorgängerwerk), hatten sie nie geschnallt.

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