Neulich in der Staatsoper im Berliner Schillertheater. M. ist beim Ältesten und seiner Familie, betreut und bekocht das Enkelchen und den Sohn und hilft auf diese Art ein Wenig mit, die neue Enkeltochter auf die Welt zu bringen. Da unsere kleine Prinzessin etwas zu früh kommt, haben wir langfristig bestellte Opernkarten und ich gehe also mit dem Jüngsten in die Staatsoper. Der ist am Anfang nicht sehr begeistert, kann die Karte aber nicht an seine operninteressierte Frau weitergeben, weil die wiederum in den USA bei ihren Eltern ist. Der Jüngste und ich sind demnach beide Strohwitwer und der Abend wird dann ganz nett. Fast ein organisatorisches Meisterstück, denn die teuren Karten werden natürlich nicht zurück genommen. Wir müssen hin oder sie verfallen lassen. (Ich erzähle das so ausführlich, weil wir uns somit vor dem Besuch der Oper ausgiebig mit dem Datum der Aufführung und auch den Nummern unserer Sitzplätze auseinandergesetzt haben)
Wir kommen also in den Zuschauerraum und müssen bis zur Mitte unserer Reihe. Die halbe Reihe steht auf und lässt uns durch. Als wir an meinem Platz ankommen, ist der schon von einem wohl distinguierten Herrn mittleren Alters besetzt. Der beharrt natürlich darauf, auf dem richtigen Platz zu sitzen. Na gut, wer bin ich schon, dass ich auch nur einmal in meinem Leben Recht haben könnte. Die Diskussion mit solchen von sich überzeugten Menschen habe ich schon vor langer Zeit aufgegeben. Also wird ein Offizieller im schönen weinroten Sakko geholt - die halbe Reihe steht zweimal auf und lässt uns durch - dessen Autorität sich der feine Herr nicht verschließen kann.
Und siehe da, dieser von sich überzeugte Mensch sitzt geschlagene 10 Tage zu früh auf meinem Platz. Der hat eine Karte für den Vierzehnten, nicht für den Vierten! Und die Kartenabreisser haben ihn rein gelassen!
Das ist das Schönste in diesem wundervollen Deutschland: Man kann Analphabet sein, an Dyskalkulie leiden, schon ein wenig dement sein, völlig blöd oder ein totaler Soziopath wie so mancher Politiker - Hauptsache, man ist von sich überzeugt und lässt von Anfang an erst gar keine andere Meinung aufkommen...
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