Dienstag, 23. Juni 2015

Steuervermeidungsverhinderungsregeln

Seit über zwei Jahren bin ich Mitglied im Ausschuss für Finanzen und Steuern der Industrie-und Handelskammer Ostbrandenburg. Obwohl von den diversen Unternehmerverbänden meiner Heimatstadt Bernau und des Landkreises komplett ignoriert - ich bin offenbar nicht in der richtigen Partei und damit nicht im richtigen Enddarm - macht die Arbeit im Ausschuss  Spaß, hört man doch immer schon frühzeitig von den neuesten oder geplanten Schandtaten unserer Bundesregierung. Der wesentliche Vorteil der Arbeit im Ausschuss ist, dass man seine Erfahrungen als Unternehmer offen darlegen kann und die Ausschusskollegen im Unterschied zu unseren Politzombies einander zu hören.

So ging es bei der gestrigen gemeinsamen Tagung der Steuerausschüsse von IHK Berlin, Ostbrandenburg und Potsdam vor allem um die neuen "Steuervermeidungsverhinderungsregeln" (so heißt das wirklich !), die im Bundesfinanzministerium in der Berliner Wilhelmstraße gerade zusammengeschustert werden.

Rosel Eckstein  / pixelio.de
Erinnern wir uns: Die Steuereinnahmen unseres Menschenfeindes auf Rädern sprudeln derzeit in ungeahnter Höhe. Trotzdem reicht das Geld nicht, offiziell will Schäuble eine schwarze Null einer Neuverschuldung des Bundes erreichen, inoffiziell wird es wohl um die Euro-, Griechenland- oder Ukraine-Rettung (hier wird man wohl demnächst mit deutschem Steuergeld extrem aufrüsten oder extra für die bösen Russen ein "Schaufenster des Westens" ähnlich Westberlin installieren müssen) und die Vorbereitung weiterer Auslandseinsätze der Bundeswehr gehen. Obwohl von Steuerfachleuten seit Jahren betont wird, dass die Bundesrepublik Deutschland kein Einnahmeproblem, sondern vor allem ein Ausgabeproblem hat, reicht es deshalb (s.o.) dem gierigen Schlund des deutschen Fiskus  hinten und vorne nicht. Fast jeder, der in den letzten Jahren Kontakt mit seinem Finanzamt haben musste, kann  Schauergeschichten erzählen.

Zurück zur Tagung der IHK- Ausschüsse: Das schöne Wort Steuervermeidungsverhinderungsregel habe ich mir extra aufgeschrieben. Und ganz eindeutig kommt unser Preisträger aus dem finstersten Schwaben auf diesem Gebiet nicht so richtig weiter. Konzerne wie Guckel, Kleinstweich, Elektrobucht, Amazonas oder Blähpahl schaffen es erfolgreich, den klebrigen Händen des bundesdeutschen Fiskus zu entwischen, indem sie sich einfach im EU-Ausland, zum Beispiel in Luxemburg oder Irland, ansiedeln. Man mag das menschlich oder moralisch verwerflich finden, allerdings ist unsere Gesellschaftsordnung eine kapitalistische (viel schöner gesagt: marktwirtschaftliche) und deshalb ist hier nicht alles, was moralisch verwerflich ist, auch ungesetzlich. Dieser hehre, aber fast kriminelle Satz wird dadurch bestätigt, dass der ehemalige Anführer des  Steuerschlupfloches Schurkenstaates Steuervermeidungsbeschleunigungsparadieses Luxemburg heute - zwar nicht vom Volk gewählt, aber von den Mächtigen auserkoren -  der Ober- Diktator der EU ist und eigentlich dafür sorgen müsste, dass so genannte Steuerschlupflöcher schnellstmöglich geschlossen werden. Da das nicht passiert, konzentriert sich der oben genannte Schwabe mit seinen Rundumschlägen und "Steuervermeidungsverhinderungsregeln" weit gehend auf kleine und mittelständische Betriebe - und natürlich auf den kleinen Arbeitnehmer.

Zu  später Stunde ging es dann in der Sitzung vor allem um die Reform der Erbschaftssteuer. Am 2. Juni diesen Jahres hat das Bundesfinanzministerium einen zweiten Entwurf zur Neuregelung der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen bei der Unternehmensnachfolge veröffentlicht. Natürlich geht es auch hier vor allem um mittelständische Firmen, denen man auf die eine oder andere Weise an die Wäsche will. Da wird gerechnet, dass die Schwarte kracht. Imaginäre und dubiose Faktoren und Quotienten, Multiplikatoren und wildeste Formeln sollen dafür sorgen, dass der Buchwert der zu vererbenden Firma möglichst hoch ist, damit viel und noch mehr Kohle an den Fiskus abgeführt werden muss. Ob die vererbte Firma nach Zahlung der Erbschaftssteuer dann noch Mitarbeiter beschäftigen oder ob man noch Material einkaufen kann - was interessiert es den Finanzbeamten? Die verschiedenen Modelle sind dermaßen unübersichtlich, willkürlich und abenteuerlich, dass man sich nach etwa 10 Minuten fragt, ob es nicht besser wäre, in der Wilhelmstraße einmal ordentlich mit dem Knüppel auf den Tisch zu hauen.

Doch der Wahnsinn hat Methode, verstehen kann das allerdings letztlich keiner mehr. Ich fühle mich in meinem Urteil  bestätigt, als ein Professor der Betriebswirtschaftslehre von der Europa-Universität Viadrina ziemlich lautstark sein Unverständnis ausdrückt und endlich einmal einfache, verständliche und selbstverständlich auch gerechte Regelungen fordert, die dann allein aufgrund dieser Eigenschaften auch von allen Betroffenen akzeptiert werden können. Eine allgemeingültige Forderung an das Steuerrecht, auch wenn es der berühmte "Bierdeckel" in Deutschland wohl nie sein wird.

Zwischendurch hatte ich bei der Vorstellung der dubiosen Besteuerungsmodelle schon den Schwefelgeruch der SPD wahrgenommen, mir diese Idee aber dann sofort ausgeredet, weil unser Schäuble ja in der CDU ist. In der dem Vortrag folgenden Diskussion wurde dann allerdings klar, wer hinter dem ganzen Kokolores steckt: Die wesentlich treibende Kraft ist  der "Koalitionspartner", also unsere Wischiwaschi- Systemstützen von der Verräterpartei. Deshalb freuen wir uns jetzt schon alle auf eine ähnlich verquaste hyper-bürokratische Spitzenleistung wie beim Mindestlohn oder der Frauenquote in DAX-Unternehmen ...








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