Dienstag, 14. Oktober 2014

Dödelfernsehen

Nun hat sich auch das ZDF des Themas angenommen. Nachdem vor kurzem auf Sat1 ein eher humoristischer Film über die Schlecker-Pleite lief (ich habe mir das in meinen Augen traurige Spektakel gespart), nun also das öffentlich-rechtliche Bild von einem übergeschnappten schwäbischen Unternehmer, der mit übler Ausbeutung seiner Mitarbeiter und Erpressung der Zulieferfirmen ein Milliardenvermögen zusammenramschte, um dann letztendlich an seinem Größenwahn in die Pleite zu gehen. 34.000 Arbeitsplätze kostete die Dummheit und Arroganz des Chefs und seiner Familie allein in Deutschland.

Schlecker stand aufgrund seiner Arbeitsbedingungen in der Kritik. So war in den Läden bisweilen nur eine einzige Arbeitskraft anwesend. In der Regel arbeiteten in einer Filiale eine Vollzeitkraft und zwei Halbtagskräfte, die je nach Bedarf eingesetzt wurden. Telefon gab es nicht, die Bestellungen wurden mit dem mitarbeitereigenen Handy aufgegeben. Die Filialen und damit die Mitarbeiter waren Freiwild für Langfinger, da die Läden durch die eine anwesende Arbeitskraft nicht wirksam  kontrolliert werden konnten und es keine Möglichkeit gab, schnell die Polizei zu rufen. Überwachungskameras waren teuer und damit beim Patriarchen verpönt. Allerdings gab es wie in jeder guten Diktatur große Fotos des Chefs samt Ehefrau, die im Büro jeder Filiale aufgehängt werden mussten.

Kassenlaufband (Fionn Große  / pixelio.de)
Zum gestrigen ersten Teil des Films (Titel: "Alles muss raus -eine Familie rechnet ab"): Nun, der erste Teil war nicht schlecht. Man hat eine Kunstfigur namens Faber geschaffen, die in sich ausdrücklich auch Fazetten der Quelle-und Neckermann- Erben und anderen westdeutscher Pleitiers beinhalten soll. Insofern ist der Film ganz interessant, macht er doch auch die soziale Primitivität des Firmenpatriarchen deutlich. Am kommenden Mittwoch folgt der zweite Teil, diverse Wiederholungen sind schon angekündigt.


Dreifach enttäuschend die anschließende ZDF- Dokumentation. Einmal , weil man versucht an Hand von Zitaten aus dem Spielfilm den Hintergrund der Pleite zu erklären. Zweitens: Der Stil der Doku ist wieder einmal vom Privatfernsehen geklaut (mit anderen Worten: Primitiv) und hat offenbar nur ein Ziel: Anton Schlecker, den großen Diktator, als armen, getriebenen, aber überaus sympatischen Mann darzustellen, der völlig unverdient ein derartig schweres Schicksal hinnehmen musste. Das Schicksal der Schlecker-Angestellten interessiert da in der Doku auch nur am Rande. Die dritte Enttäuschung: Keiner stellt oder klärt gar die Frage, wieviel vom Privatvermögen die so arg gebeutelte Schlecker-Familie übrig behalten hat.  Die Antwort darauf liefert nicht etwas das Staatsfernsehen ZDF mit seinem sogenannten Bildungs- und Informationsauftrag, zwangsfinanziert aus Fernsehbeiträgen, sondern das  Manager Magazin: Der Familie Schlecker stehen weiterhin rund 70.000 €  monatlich aus Vermögen der Kinder und der Ehefrau zur Verfügung. Und den ehemaligen Angestellten?

Fazit:
Primitives Dödelfernsehen + Staatsfernsehen = ZDF. Nur nichts Böses über "unsere" Kapitalisten.

Eine private Ergänzung: Ende der 90iger Jahre holten wir uns einen Hund aus dem Tierheim. Der war ziemlich groß und Respekt einflößend, eine Schäferhund-Labrador- Mischung. M., ich und der Hund Willy gingen eines Abends noch schnell zu Schlecker, Zahnpasta kaufen. Willy und ich bauten uns vor dem Schaufenster auf, M. ging in den Schlecker-Laden.  Schon geraume Zeit hatte ich drei Jugendliche wahrgenommen, die im Laden herum wuselten und versuchten, die einzige Verkaufskraft abzulenken. Plötzlich hatten die Drei dann auch mich und den Willy-Hund vor dem Schaufenster bemerkt. Nach kurzer Zeit kamen sie aus dem Laden, bedachten uns zwei mit ziemlich bösen Blicken und aus sicherer Entfernung mussten wir völlig Unschuldigen uns dann anhören, dass wir Arschlöcher seien. Wir - d.h. wohl  vor allem der große Hund - hatten ihnen offenbar den Griff in die Kasse vermasselt...
 

1 Kommentar:

  1. Ich spare mit solch einen Mist. Dass in dieser Bananenrepublik die Unternehmer fast liebevoll gezeichnet werden, ist logisch. Niemanden interessiert sich wirklich für die herrschenden Verhältnisse. Wenn man sich mal das Fernsehprogramm anschaut - bei den ÖR, was ich also bezahle - liest sich das wie ein Groschenliebesroman, wo der Unternehmer irgendeine kleine Angestellte zum Schluss dann heiratet. Es tummeln sich Unternehmer, Ärzte, Manager, Politiker u.ä. in den Filmen/Serien, die nichts mit dem Leben, was wir haben, zu tun haben. Es scheint, dass es der Masse gerade so gefällt, einschließlich der Adelssendungen. Lieschen Müller will das so.

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