Donnerstag, 14. Februar 2013

Die geistige Aufrüstung (Teil II und Schluss)

Als mein Vater im Jahre 1946 aus englischer Kriegsgefangenschaft kam - er war 17-jährig im November 1944 zur Wehrmacht eingezogen worden und dank vernünftiger Obergefreiter schon im zeitigen Frühjahr 1945 in Gefangenschaft geraten - kam er in ein völlig zerstörtes Brandenburg zurück.
Mein Großvater - 1899 geboren und schon im WK I bei der Kriegsmarine - war trotz schweren Asthmas und eines Leistenbruchs noch im Februar 1945  als Geschützbedienung zur Marine-Flakabteilung 232  eingezogen worden. Auch er geriet in englische Gefangenschaft und wurde aufgrund seiner Krankheiten schon im November 1945 entlassen.

Meine Familie wohnte damals in  einem 1944 erbauten sogenannten Behelfsheim auf dem Grundstück hier in Schönow. Wenigstens das Land hatte ihnen der Krieg nicht nehmen können. Sie waren in Berlin dreimal ausgebombt worden und das wenige, das man aus den brennenden Wohnungen gerettet hatte, fiel dann den Plünderungen durch die Besatzungsmacht zum Opfer. Immerhin - der Krieg war zu Ende. Man dachte wieder über die Zukunft nach.

Im Jahre 1946 ging mein Vater also wieder in die Lehre bei einer  Berliner Firma. Diese lag im Westteil der Stadt. Schon nach kurzer Zeit waren dort die strammen Parteigenossen der NSDAP wieder am Ruder. Die Lehrmeister konnten den ehemaligen Wehrwirtschaftsführern gar nicht schnell genug in den Hintern kriechen. Mein Vater - Zeit seines Lebens kein Kommunist und häufig mit den strammen SED-Genossen aus Margot Honeckers Volksbildungsverwaltungen in Clinch - zog die Konsequenzen: Er setzte seine Berufsausbildung  in Ostberlin fort. Ein Verlassen Ostdeutschlands oder der späteren DDR kam für ihn nie in Frage. Er hatte während seines relativ kurzen Kriegsdienstes zuviel Elend gesehen und konnte die Rückkehr der Verursacher an die Macht  nicht ertragen. Der bessere deutsche Staat war für ihn fortan im Osten.

Warum die ausgiebige Einsicht in die Familiengeschichte? Nun, weil wir alle von unserem Umfeld, von unseren Familiengeschichten mehr oder auch weniger geprägt sind. Ein Pfarrer Gauck, dessen Mutter schon 1932 in die Nazipartei eintrat (damals gab es dafür noch überhaupt keinen wie auch immer gearteten "Zwang" ) und dessen Vater von den Russen als Kriegsverbrecher  verurteilt und auch nach 1990 nie rehabilitiert wurde, musste zwangsläufig zum Kommunistenfresser mutieren, wenn sich ihm später die Gelegenheit dazu bot. Alles menschlich, alles verständlich - allerdings nicht gut zu heißen. Auch muss man sich vor allzu schnellen Schlussfolgerungen a la Sippenhaft  hüten: Größere Geister haben sich stets von ihren reaktionären Elternhäusern losgesagt. Gauck tat das nicht, sondern folgte Mama und Papa in ihrem Hass.

Auch bei Thomas de Maizière, dem derzeitigen bundesdeutschen Kriegsminister, lohnt es sich, Einblick in die Familiengeschichte zu nehmen. De Maizière ist 1954 geboren, mithin ein Vertreter meiner Generation, die  durch ihre Väter geprägt worden sind - wenn sie denn aus dem Krieg zurück kehrten. War dieser Vater auch in Kriegsgefangenschaft, lag er in den eisigen Frühjahrstagen 1945 ohne Mantel im Dreck an der belgischen Kanalküste und überlebte nur, weil der Golfstrom etwas wärmeres Wasser heranführte und es endlich richtiger Frühling wurde?

Dank des Internets erfahren wir einiges über den Background unseres obersten Truppenverwesers, des Friedensengels Thomas de Maizière, der so gern in Drohnen investiert und die Bundeswehr - Söldner noch öfter in  die Weltgeschichte eingreifen lassen möchte. De Maizière ist der Sohn des ehemaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr Ulrich de Maizière. Dieser diente in der Reichswehr und  der Wehrmacht und war zuletzt General des Heeres der Bundeswehr.

Ulrich de Maizière hat es immer verstanden, den Reaktionären zu Diensten zu sein und hat wahrscheinlich nie in den Wolchowsümpfen gefroren. Auch kümmerte ihn das Schicksal der von der Wehrmacht eingeschlossenen Stadt Leningrad nicht die Bohne. Befehl ist Befehl und nur durch treue Befehlserfüllung kann man sich in den Generalstab des Heeres im Oberkommando des Heeres hoch dienen. Und immerhin konnte er auch noch zu guter Letzt seinen Führer persönlich kennen lernen. Mich ekelt es, ich kann nicht mehr weiter lesen bei Wikipedia. Diese Menschen sind schon immer wie die Fettaugen auf jeder Suppe geschwommen. Zu Lasten ihrer Untergebenen und des ganzen Volkes.

Es ist klar,dass dieser Mensch für den Neuaufbau der Bundeswehr  gebraucht wurde. Wie gesagt, das Internet vergisst nichts - man kann alles nachlesen. Und man müsste speien. Wenn man dann noch den Querverweisen folgt und liest, dass einer der famosen ehemaligen Chefs des Ulrich de Maizière (der Ritter von Leeb, ein verurteilter Kriegsverbrecher) es zum Namensgeber der Bundeswehrkaserne in Landsberg am Lech gebracht hat, wundert einen nichts mehr: "Im Moment sind 32 Kasernen nach Wehrmachtsangehörigen benannt. Nur zehn davon gehörten zumindest zeitweise dem militärischen Widerstand an. Kriegsverbrecher seien keine darunter, behauptet die Bundesregierung – mit dem wenig überzeugenden Argument, es sei ja keiner von ihnen verurteilt worden. Ausdrücklich bekennt sie sich zu General Adolf Heusinger, der sich »um den Aufbau der Bundeswehr in besonderer Weise verdient gemacht« habe. Da stört es nicht weiter, daß Heusinger zuvor im Oberkommando des Heeres die Planungen für den Überfall der Naziarmee auf die Sowjetunion erarbeitet hatte." schreibt die "junge welt"  am Dienstag dieser Woche. Und weiter im traurigen Text: "34 Divisionen der Naziarmee wurden am Volkstrauertag im November vorigen Jahres (2012 !)  auf dem Gelände des Ausbildungszentrums Munster geehrt, darunter auch die Panzergrenadier-Division Großdeutschland, die sich unter anderem der Ermordung mehrerer hundert französischer Kriegsgefangener schuldig gemacht hatte. Zum Abschluß der Zeremonie sangen zwei rüstige Rentner das »Treuelied der SS«".

Wie die Väter, so die Söhne. Es ist deshalb kein Wunder, dass unser gegenwärtiger Kriegsminister so vehement für sein Ressort die Werbetrommel rührt. So wurde auch der Wehrkundeunterricht a la Margot Honecker wieder eingeführt. Im Rahmen dieses Unterrichts konnten Jugendoffiziere der Bundeswehr 2012  fast 144.000 Jugendliche erreichen – 10.000 mehr als im Vorjahr. Die Vorträge der Jugendoffiziere gelten als regulärer Unterricht mit Anwesenheitspflicht. Nur, diesmal ist das natürlich völlig  in Ordnung. Denn während es damals im Kalten Krieg nur um ein militärisches Gleichgewicht und um die Verteidigung eines angeblichen "Unrechtsstaates" ging, dürfen die umworbenen Schüler heute überall auf der Welt für das Kapital sterben.
Gerd Altmann  / pixelio.de

Kriegshetze mit Nachwuchswerbung im Klassenzimmer, Kriegseinsätze in aller Welt, Aufrüstung um jeden Preis ( Bundeskriegsminister Thomas de Maizière lobte die angeblich präzise Kampftechnik von Drohnen und wehrte sich gegen Kritik: »Wir können nicht sagen: ›Wir bleiben bei der Postkutsche‹, während alle anderen die Eisenbahn entwickeln«, erklärte der Minister am 31. Januar im Bundestag. »Militärisch gesehen ist eine bewaffnete Drohne nichts anderes als ein Flugzeug, das Raketen abschießt.« - Tagesspiegel vom 10.2.2013), immer noch die alten Kameraden von Wehrmacht und SS als Vorbild und Muster. Dass sich der Bundeskriegsminister in einem Gespräch mit DGB-Chef Sommer nicht entblödete, von der Bundeswehr selbst als Teil der Friedensbewegung zu schwafeln, setzt dem Fass die Krone auf und ist pure ideologische Kriegsführung gegen die eigenen Bevölkerung.

Wie die Väter, so die Söhne. Diese "Friedensbewegten" haben nichts, aber auch gar nichts aus den "Friedensmissionen"  von kaiserlichem Heer, Wehrmacht und SS im vorigen Jahrhundert gelernt. Stoppt diese Mörder ! Raus aus Afghanistan! Deutsche Soldaten haben im Ausland nichts zu suchen! Nie wieder Krieg - egal unter welchem Vorwand und mit welchem Verbündeten !

Damit die Militaristen, Kriegsgewinnler und Verwalter des Todes bei ihrer Volksverblödung und in ihrem Mordsgeschäft öfter mal aus dem Tritt kommen, sollten wir die Geschichten unserer eigenen Väter nie vergessen und sie an unsere Kinder und Kindeskinder weitergeben...



3 Kommentare:

  1. So etwas müsste noch viel öfter in die Köpfe der Menschen gerückt werden. Mein Onkel, den ich sehr veehrt habe, was Kommunist und in Brandenburg inhaftiert, bis er in das KZ Börgermoor kam. Er war immer ein herzensguter Mensch. Meine Mutter hatte als Dienstverpflichtete die Zwangsarbeiter aus Polen in ihrem Betrieb gesehen, wie sie ausgebeutet wurden und wie schlecht es denen ging. Sie wurde gezwungen, in der Hasag für den Krieg zu arbeiten ohne, dass sie etwas hätte dagegen tun können. Als die Judenverfolgung begann, wurde eine Kollegin von ihr, wo sie damals arbeitete, verhaftet, weil sie südländisch aussah. Die durfte dann, als sie wieder freigelassen wurde, nichts über ihre Erlebnisse erzählen. ... Und alles beginnt wieder von vorn ... Oder es hat, wie in der alten BRD, nie aufgehört. Schlimm, dass sich viele von diesen braunen Geist infizieren lassen. Ich möchte nicht wissen,wieviele Menschen, die beim Event "Lichterkette" in Dresden dabei sind, im Freundeskreis gegen die Über"fremdung" herziehen.

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  2. ..und gerade .deshalb. haben wir diesen BuPrä und diesen Kriegsminister.
    Jeder bekommt das, was er vierdient!
    Haben wir das verdient???
    Barnimer

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  3. Ich denke: Wir haben es verdient. Wir lieben ja diese Konsorten und ein Quentchen Wahrheit ist immer in den Meinungsumfragen

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