Freitag, 30. November 2012

Unser Hubert, das neue Rathaus und die vielen Geheimnisse

Nachrichten aus dem Bernauer Rathaus sorgen bei mir wechselweise für Wutanfälle, Kopfschütteln oder lautes Gelächter. In dieser Woche war letzteres angesagt: Es ging wieder einmal um das sogenannte Rathaus II, einen Ergänzungsbau für das alte Rathaus auf dem Marktplatz. Als Standort war dafür bisher das Grundstück des alten Staatsbankgebäudes  an der Bürgermeisterstraße 25 ausersehen. Folgerichtig wurde das Gebäude Ende 2010 von der Stadt gekauft - wobei der Kaufpreis aufgrund idiotischer Verträge ein Vielfaches des ursprünglichen Wertes des Hauses betrug und die Kaufsumme wegen erwiesener  Schlamperei/Blödheit/Desinteressiertheit der Stadtverwaltung (Nichtzutreffendes bitte streichen !) nicht rechtzeitig überwiesen wurde. Aus diesem Grunde musste die Stadt neben dem überhöhten Kaufpreis  dann noch einmal ein viertel Jahr lang Miete an den alten Eigentümer zahlen. Allerdings ist das ein Geheimnis und wir vergessen es mal ganz schnell.

Rekonstruiertes Bankgebäude in Odessa (Rückfront) 
Nun hatte man ein altes Gebäude erworben, in dem die fleißigen Bernauer Stadtangestellten schon einige Zeit ihrer Arbeit nachgingen. Heißt: So schlecht ist die Hütte nicht, sonst hätte man ja den Mietvertrag kündigen und alle vier Etagen in der Breitscheidstraße beziehen können. Dort ist auf einer Etage auch ein  Teil der Bernauer Verwaltungsmannschaft untergebracht, man bezahlt allerdings schon seit Jahren die Miete für vier angemietete Etagen. Wir haben's ja. Aber auch das ist eigentlich ein Geheimnis und wir vergessen es mal ganz schnell.

Wie gesagt, in der alten Staatsbank war noch keinem ein Ziegel auf den Kopf gefallen. Trotzdem sollte was Standesgemäßes her. Kurzerhand schrieb die Stadt einen Architekturwettbewerb aus. Und da ein Umbau oder Ausbau des vorhandenen Gebäudes natürlich für die größte Stadt Bernau der Welt nicht in Frage kommt, sollte es gleich ein neuer Verwaltungspalast sein. Offiziell war allerdings immer von Sanierung und Rekonstruktion die Rede. Dass der Bürgermeister von Anfang an einen Neubau wollte, war allerdings ein offenes Geheimnis.

Vorderfront Bankgebäude Odessa
Die Wettbewerbsbeiträge, die schließlich zur engeren Wahl standen, unterschieden sich in Nichts von den geschmacklosen und ideenlosen  Bauten, mit denen in den vergangenen 22 Jahren z.B. die Berliner Innenstadt zugepflastert worden ist. Schießscharten statt Fenster, dunkle Ziegel,  Klötzer, die jeder 4-jährige besser zusammensetzen würde. Wiederverwendungsprojekte, die offensichtlich jeder Architekt im Schubkasten hat, um schnell und ohne viel geistigen Aufwand Kohle zu machen. Die Projekte wurden glücklicherweise von einer Jury aus Stadtverordneten rundum abgelehnt, die Kosten für den Wettbewerb sind ein weiteres wohl gehütetes Geheimnis, das wir am liebsten gar nicht wissen wollen.

Dass man- nebenbei bemerkt -  auch mit viel Geschmack und vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln alte Gebäude rekonstruieren und architektonisch aufwerten kann, zeigen die beigefügten Fotos aus Odessa / Ukraine.

Und selbst Neubauten müssen nicht bombastisch wirken und können sich in ein altes Stadtzentrum harmonisch einfügen, wie ein Foto aus Esslingen bei Stuttgart zeigt.

Weiter mit Bernau: Wie heißt es so schön ? Neues Jahr, neues Glück. Die Verwaltung wollte 2012 einen neuen "Planungswettbewerb" - wie solche Hornberger Schießen im schönsten deutschen Beamtenchinesisch heißen. Die Stadtverordneten wollten keinen neuen Wettbewerb, sondern stellten den Standort Bürgermeisterstraße für das Rathaus II generell in Frage. Begründung: Zugang für Behinderte schlecht, keine oder kaum Parkmöglichkeiten, Rathaus nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

Was die Stadtverordneten allerdings nicht berücksichtigten, war der drohende Verdienstausfall für das Ordnungsamt:  Denn parkt man heute als Bürger in der Nähe des bisherigen Gebäudes, um in der Meldestelle irgend etwas zu erledigen, ist sofort ein Kontrolletti da, der die Parkscheibe überprüft. Auch ich durfte im Sommer mal kurz 15 Euro löhnen, weil ich aufgrund starken Gewitterregens nur daran gedacht hatte, wie ich relativ trocken in die Meldestelle kommen könnte und dabei die Parkscheibe vergessen hatte. In Bernau sind eben die Kontrollettis sogar regenresistent.  Wie hoch die Ausfälle bei Ordnungsgeldern sein würden ? Ein weiteres Geheimnis.

Nun also ein neuer Vorschlag - Begründung siehe oben: Die Stadtverordneten wollen gleich ein neues Verwaltungszentrum bauen, möglichst größer und schöner als das in Eberswalde. Dass man mit dem ins Auge gefassten Standort einen der letzten kostenlosen Parkplätze beseitigt - das unbebaute Gelände  gegenüber dem Krankenhaus - stört die Initiatoren nicht. Sie sind Bernauer und haben ihren Parkplatz.
Gelungener Neubau im alten Zentrum von Esslingen

Was das Ganze kosten soll, ist ein Geheimnis, zu dessen Wahrung ich mich schriftlich verpflichten musste. Allerdings sei bedacht, dass - selbst wenn  man die veranschlagte Summe kennen würde-  gerade in Bernau der Paragraph 2 der deutschen Bauordnung ("Alles wird viel teurer als geplant") gilt.

Bürgermeister Hubert Handke ist gegen einen anderen Standort. Und zwar mit einer Begründung, die mich mit lautem Lachen auf dem Fußboden kugeln ließ: Das neue Rathaus sei " ein Baustein zur Steigerung der Attraktivität der Innenstadt und kann als Zielort der Bürger und durch die Wegebeziehungen der Mitarbeiterinnen einen Beitrag zur Belebung der Innenstadt leisten "  (Zitat nach "Märkischer Oderzeitung" vom 28.11.2012, Seite 13).

Nun ist die Bernauer Innenstadt nach 17:55 Uhr in etwa so belebt wie der Wiener Zentralfriedhof um Mitternacht. Ab 16:45 Uhr gibt es keinen  ess - oder bezahlbaren Kuchen mehr in der Bürgermeisterstraße und wenn McPaper um 6 Uhr abends zumacht, ist Pumpe mit der Belebung.  Dass es unserem Hubert nun nicht ausreicht, seine armen VerwaltungsangestelltInnen - unter denen (das meine ich jetzt nicht ironisch) sich zweifellos auch sehr attraktive Damen befinden - am Tage hin und her zu hetzen, damit der Besucher der Innenstadt einen schönen und belebten Anblick hat, bietet Anlass zum gewerkschaftlichen Nachdenken aus arbeitsschutz - und arbeitsrechtlicher Sicht.  Sowie zu neuerlichem Pläneschmieden. Wie wäre es denn, das renovierte/ neu gebaute Rathaus II in der Bürgermeisterstraße ab 18 Uhr dem örtlichen Bordellbetreiber zur Verfügung zu stellen ? Damit dessen Mitarbeiterinnen "durch die Wegebeziehungen  einen Beitrag zur Belebung der Innenstadt leisten" (Zitat "MOZ" Ende) ?

Ob unser Hubert allerdings für diesen Plan zu begeistern ist, bleibt ein weiteres Geheimnis in dieser mit Geheimnissen beladenen Geschichte, die den normalen Steuerzahler und Bezahlbürger nur noch ratlos und kopfschüttelnd zurück lässt...


Fotos: © fv 2012

4 Kommentare:

  1. ...wegen erwiesener Schlamperei/Blödheit/Desinteressiertheit der Stadtverwaltung (Nichtzutreffendes bitte streichen !)...
    Die Aufforderung, Nichtzutreffendes zu streichen erscheint mir falsch. Es sollte heißen: Bitte ergänzen!!!
    Wir danken Ritter Hubert und seinem Geleit und wissen:
    Alles GFute kommt von oben.

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  2. Richtig. Also: Bitte ergänzen! Ich kann diese Spinner und Selbstdarsteller nur noch mit beißendem Spott ertragen. Während wir Bürger für jeden Mist blechen und uns verschulden müssen, bauen diese Herrschaften sich mit unserem Geld goldene Paläste. Ich habe es satt.

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  3. Da hat mir Valli wieder mal aus den Herzen gesprochen und leider den Nagel auf den Kopf getroffen.
    Besser hätte ich es auch nicht schreiben können.

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  4. Ob es wirklich die Notwendigkeit gibt, ein neues Rathaus in Bernau zu bauen, kann ich objektiv nicht beurteilen.

    Folgende Frage eines Anonymus: könnte man den Standort der alten Kaserne in der Schwanebecker zur ernsthaften Diskussion stellen?

    Das Objekt gibt es sicherlich fast umsonst, Infrastruktur ist vorhanden, Parkplatzprobleme gibt es nicht…Viele Vereine könnten hier auch eine Heimstätte finden. Eine Art Begegnungsstädte.

    Das Gebäude hat architektonisch etwas. die Aufteilung der Räume ist auf Grund der Saalgröße unproblematisch….

    Und Häßler könnte seine Kuckucksuhr an der Rückseite verstecken.


    Mühlentorwächter

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