Montag, 6. August 2012

Brandenburger Arbeitskreise

Die gute, alte Redensart aus DDR-Zeiten "Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann bilde ich 'nen Arbeitskreis" ist ja speziell bei Brandenburger Politikern verinnerlicht, da Brandenburger Politiker fast niemals weiter wissen. Der Vorteil eines Arbeitskreises ist zudem, dass niemand richtig Verantwortung für den angerichteten Irrsinn übernehmen muss bzw. alle verantwortlich sind. Die Einheitspartei lässt grüßen.

Die SPD hat nun schon vor einiger Zeit festgestellt, dass sie mal wieder was machen muss. Dem einfachen Bürger reicht es nicht, kurz vor der nächsten  Wahl nur wieder den Schwiegermutter-Schwarm Plattscheck von jeder Laterne grinsen zu sehen. Irgendwie muss mal irgendein Ergebnis her. Womit beschäftigt man den Bürger am meisten, richtet das allergrößte Chaos an und bietet ihm damit die Möglichkeit, sein Improvisationstalent umfassend zu entwickeln und seine Freizeit sinnvoll zu verbringen? Richtig, man legt mal wieder Gemeinden, Städte und Landkreise zusammen! Mit den dem Verwaltungsakt folgenden Organisationsmaßnahmen sind die Leute dann lange Zeit beschäftigt und können sich nicht um den übrigen Blödsinn der Landespolitik kümmern. Beispiele: Kfz-Zulassungen werden nach Schwedt oder gleich nach Ückermünde verlagert, da sind die Autofahrer mehrere Stunden unterwegs und damit bestens beschäftigt. Keiner hat Zeit zum Meckern. Das für 34 Millionen Euro teuer errichtete Heim der Barnimer Kreisverwaltung - das hässliche Paul-Wunderlich- Haus - kann wieder abgerissen werden. Was den Ästheten und Architekturliebhabern unter der Bevölkerung entgegenkommt. Die Deutsche Post hört endlich auf, an ihrem Internetauftritt herum zu basteln und der Postkunde kann sich vielleicht an ein endlich fertiges Programm zum Ausdrucken elektronischer Briefmarken gewöhnen. Denn die Post muss wieder neue Postleitzahlen aushecken. Die Produzenten von Navigationsgeräten brauchen neue Landkarten für diese Geräte, die vom User wieder teuer gekauft werden müssen. Und so weiter und so fort. Wir haben es nach 2003 schon einmal erlebt.

Wie man sieht: Vorteile über Vorteile. Und weil das so ist, hat man in Potsdam schon wieder einen Arbeitskreis gebildet. Eine Enquetekommission. Die weiß zwar nicht wirklich, was sie tun soll, aber die Richtung stimmt. Und man produziert fleißig Berichte. Dass diese Berichte für den sprichwörtlichen Ar... sind, wird dann in jenem Moment klar, wenn es heißt, dass "der Zwischenbericht (..)  außerdem darauf (verweist) , dass innerhalb der Enquetekommission keine einheitliche Sicht auf die letzte Kommunalreform von 2003 erreicht werden konnte. Dies liege vor allem daran, dass das Innenministerium keine belastbare Evaluierung des Reformprozesses vorgelegt hat."

Mit anderen Worten: Nach knapp 10 Jahren Reform und neuer Verwaltungsstrukturen weiß man im Brandenburger  Innenministerium offiziell noch immer nicht, was die unsägliche Schönbohmsche Gemeindegebietsreform von 2003 gebracht hat. Aber man bastelt schon wieder an neuen sogenannten "Reformen". Man stelle sich vor, jemand schneidet sich ein Bein ab, weil man angeblich mit einem Bein schneller hüpfen kann. Bevor er überhaupt darüber Klarheit gewinnen kann, ob diese These stimmt, wird ihm auch noch das zweite Bein amputiert. Im übertragenden Sinne hat 2003  genau diese Amputation stattgefunden, in dem man der kommunalen Selbstverwaltung der zusammengelegten Gemeinden praktisch den Todesstoß versetzt hat. Die Ortsbeiräte oder Ortsvorsteher haben keinerlei Entscheidungsgewalt mehr, Demokratie vor Ort findet praktisch nicht mehr statt.

Kann man so blöd sein, weiß man "ganz oben" wirklich nicht Bescheid? Der Verdacht liegt  nahe, dass die letzte Gemeindegebietsreform KEINEN der damals angestrebten Effekte gebracht hat, das Ministerium diesen Sachverhalt genau kennt und die entsprechenden Analysen bewusst zurück gehalten werden.

Ich wage einen Ausblick: Auch dieser letztgenannte Fakt wird unsere Politiker  in Potsdam nicht stoppen. Sie werden weiter tagen und  sinnloses Zeug aushecken. Der Entwicklung rennen sie sowieso immer nur hinterher. Und da niemand auch nur ansatzweise einmal auf die Idee kommt, dem Bevölkerungsschwund gegen zu steuern, sich vielleicht um eine intensive Wirtschaftsförderung in unserem Entwicklungsland zu kümmern, damit Arbeitsplätze entstehen und Brandenburg  zu einem Land wird, indem man 100 Prozent vom Westsalär verdient, kann man diese Kommission  gleich mit Schaufeln ausstatten und sie auf die Landtagsbaustelle im Potsdamer Zentrum schicken. Es steht allerdings zu befürchten, dass der dann  noch später als 2014 fertig wird...

Grafik: Auswirkungen Gemeindegebietsreform (Stephan Bratek/geralt / pixelio.de

1 Kommentar:

  1. Im übertragenem Sinne: Nimm die Schippe halb so voll, damit die Arbeit reichen soll. Irgendwie ist doch wohl alles Arbeits- und Wichtigkeitssicherung.

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