Schiessbefehl oder Schusswaffengebrauchsbestimmung ? Weder noch, es nennt sich "Taschenkarte" und war ursprünglich dafür gedacht, jedem Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan klar zu machen, dass er diese zweifelhaften Arier dort unten nicht so ohne weiteres umnieten darf. Um »den militärischen Sicherheitsbereich gegen unberechtigten Zugang zu schützen« und »Angriffe abzuwehren, die sich gegen Personal und Rechtsgüter der Bundeswehr und der verbündeten Streitkräfte richten«, galt die klare Regel: Erster Anruf, zweiter Anruf oder Warnschuss ... Reichte das zur Abschreckung eines möglichen Angreifers nicht aus, durfte gezielt geballert werden.
Allerdings hatte man die Taschenkarten-Formel bereits vor drei Jahren verkürzt. Ein deutscher Soldat musste sich fortan nur noch »soweit praktisch möglich« an das humanitäre Kriegsvölkerrecht halten. Prima Methode und irgendwie bekannt und vor allem selbst erlebt während meiner Wehrdienstzeit bei den Grenztruppen der DDR: Politische und militärische Führung schieben die Verantwortung, einen niemals so erteilten Schießbefehl auszuführen, einfach dem letzten Untergebenen zu. Genau wegen dieser Praxis wurden nach der Wende hunderte Prozesse geführt´und letzten Endes vor allem die Kleinen, die Letzten in der Befehlskette, verurteilt.
Seit Freitag gibt es nun eine neue »Klarstellung« auf der sogenannten Taschenkarte. Ein Soldat muss sich nicht mehr angegriffen fühlen, um loszuballern. Und auch auf Fliehende, die man als Feind erkannt hat oder zugewiesen bekam, kann jetzt geschossen werden.Einziger Unterschied zur DDR: Der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ist vom Bundestag beschlossen. Allerdings hat man die beteiligten Völker nicht gefragt - damals wie heute. Der Flüchtende ist natürlich tot oder schwer verletzt- damals wie heute.Nun wird also wieder "auf der Flucht erschossen". Nichts weniger als eine Schande für jeden demokratischen Rechtsstaat.
Übrigens: Meine Grenzdienstzeit an der Westgrenze der DDR endete im April 1974 und verlief glücklicherweise unblutig.Mein Problem ist nur , dass ich auch heute noch nach 35 Jahren wenigstens einmal im Jahr schreiend aufwache.Mein Albtraum ist immer der Gleiche: Ich sitze nachts auf einem BT 11 (Beobachtungsturm, 11 m hoch),im Scheinwerfelkegel rennt jemand in Richtung Westen und ich weiß, dass ich schießen muss...
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