Samstag, 31. Mai 2008

Putbus auf Rügen

Das kleine Städtchen Putbus, etwa 2 km vom Greifwalder Bodden an der Südspitze der Insel Rügen gelegen, beherbergt einen einzigartigen Schatz: Einen Park mit uralten Bäumen und schneeweiße Herrschafts-Häuser an einem kreisrunden Platz, wie man ihn eher in Italien vermutet. Dazu kommen ein herrlichesTheater und eine Orangerie - alles in der Zeit von Schinkel und danach entstanden. Die kleine Kulturstadt im Südosten von Deutschlands größter Insel hat ihr faszinierendes Ambiente Fürst Wilhelm Malte zu Putbus (1783 - 1854) zu verdanken. Dieser Freund aller Musen verwandelte seine Residenz in einen Treffpunkt für die feine Welt seiner Zeit. Tout Preußen und Europas Adel wohnten in noblen Unterkünften, die noch heute das Stadtbild bestimmen, am Rande des Schlossparks. Nur das Schloss der alten Adelsfamilie zu Putbus ist nicht mehr vorhanden. Es ist dem Vandalismus der frühen Nachkriegsjahre zum Opfer gefallen. Fürst Malte liess die Umgebung seines Schlosses im Stil eines englischen Landschaftsparks gestalten. Architektur und Landschaft sollten möglichst natürlich in einander übergehen. Mehr als 70 Gehölzarten wachsen im Park, darunter auch Exoten wie der gigantische Urwelt-Mammutbaum, den wir bereits im Park von Scone Palace in Schottland kennen gelernt hatten. Wunderschöne. ausgedehnte Bärlauchwiesen bestimmen ebenfalls den Park und begeistern mit ihrem Geruch vor allem den Freund kulinarischer Genüsse. Immer wieder ermöglichen Sichtachsen den freien Blick über die zauberhafte Landschaft, auf den Greifswalder Bodden und die Insel Vilm. Fürst Malte von Putbus gilt auch als Gründer des Tourismus auf Rügen. Im Jahr 1816 eröffnete der Aristokrat in Putbus das erste Seebad auf der Insel. Putbus und sein Park waren aber auch Magnet für vielerlei Künstler. Caspar David Friedrich malte hier von einer Anhöhe des Parks sein Bild „Blick auf den Bodden“. Als Kunstliebhaber förderte der Fürst die Kultur in Putbus. Bereits 1821 ließ er das o.g. Theater errichten, in dem bis heute Klassiker und Komödien aufgeführt werden und in dem in jedem Frühsommer eine Theaterfestival stattfindet. Stadt Putbus und Park bilden architektonisch eine Einheit. An dem nach italienischen und englischen Vorbildern gebauten Prunkplatz, dem "Circus", eröffnete der Fürst 1836 eine höhere Lehranstalt. Heute werden hier in den historischen Gemäuern junge Leute in Software-Entwicklung und Kommunikations- Technologie ausgebildet.
Ich selbst war seit 36 Jahren nicht mehr in dieser Ecke der Welt. Im Winter 1972 hatte mich der Grundwehrdienst der NVA in ein Ausbildungslager nach Bobbin/ Glowe auf Rügen verschlagen. Bei der bekloppten und sturen Kommißausbildung und den besonders blöden Unteroffizieren sowie sadistischen Offizieren - die meisten von ihnen waren strafversetzt, wie wir Wochen später herausbekamen - war es nicht so einfach, nicht irgendwie geistig auszurasten. In unserer kargen Freizeit übten wir frei nach dem Spruch: "Jeder Doofe einmal nach Glowe!" allen möglichen Unsinn aus, wie z.B Tätowieren oder Streichholzbasteln, und versuchten, nicht am Inselkoller einzugehen. Eines Tages gab es Karten für das Theater in Putbus. Ich hatte den schnellsten Finger, legte abends zum ersten Mal nach der bescheuerten Vereidigung in Saßnitz meine sogenannte Ausgangsuniform an und fuhr mit einigen Zivilisten aus Bobbin im Theaterbus nach Putbus. Schön war es, seit Wochen wieder einmal unter zivilisierten Menschen ohne Uniform. Und dann die wunderschönen Ballettmädchen...

36 Jahre später legten wir mit unserer gemieteten Segelyacht am Hafen Lauterbach unweit von Putbus
an und begeisterten uns an dieser wunderschönen, weißen, in den Abendstunden ziemlich vergessen wirkenden Stadt am Meer, mitten im Biosphärenreservat Südost-Rügen. Fürst Malte sei Dank...

Foto: Das Theater in Putbus (
© fv 2008)

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