Mittwoch, 5. Dezember 2007

Liberale Demokratie

"Das Wesen der liberalen Demokratie besteht in der Souveränität der Bürger, sich selbst das Gesetz zu geben. Eine freie und gleiche Wahl setzt aber materielle und kulturelle Bedingungen der Autonomie für alle und jeden voraus. Die Wahl ist nicht frei (ein Kopf, eine Stimme) in einem Klima der mafiösen Einschüchterung (eine Kugel, eine Stimme) oder der Korruption (eine Schmiergeldsumme, eine Stimme). Sie ist nicht frei, wenn Not das Leben eines Bürgers beherrscht oder wenn die Ungleichheit materieller Mittel die Wahlen beeinträchtigt (ein Dollar, eine Stimme). Oder wenn die Werbung (ein Spot, eine Stimme) an die Stelle der argumentativen Auseinandersetzung tritt. Politische Grundforderungen wie radikale Wohlfahrt (Unabhängigkeit von Not), Unparteilichkeit und Pluralismus des Fernsehens, staatliche Schule und ständige Fortbildung sind Voraussetzungen der freien und gleichen Wahl. Sie müssen von der Verfassung garantiert und Mehrheitsentscheidungen entzogen werden."
Paolo Flores D'Arcais * in einem Beitrag der "Zeit" (Nr. 48; "Elf Thesen zu Habermas") .

Wer kann mir denn die Frage beantworten, wo es auf dieser Erde eine wirkliche und dazu noch liberale Demokratie gibt? Wo, bitteschön, finden nach der obigen Definition tatsächlich freie Wahlen statt? Wo bitte gibt es eine Unparteilichkeit der Medien? Und darf man beispielsweise Schulen in freie Trägerschaft geben, wenn man sicher sein kann, dass die Kinder im Sinne der Träger , z.B. der Kirchen oder anderer obskurer Verbände, indoktriniert werden?


*Paolo Flores D'Arcais wurde 1944 in Cervignano del Friuli, Italien, geboren. Er promovierte über Adam Smith und Karl Marx und forscht heute an der philosophischen Fakultät der La Sapienza Universität in Rom. Er ist Herausgeber der Zeitschrift MicroMega und war auch für verschiedene Zeitungen, darunter für El Pais und die Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig. Auf Deutsch erschien von ihm unter anderem "Die Linke und das Individuum" (1997).

Foto: www.pixelio.de

1 Kommentar:

  1. Nicht nur das Bundesfamilienministerium, sondern auch das Bundeswirtschaftsministerium beauftragten Werbeagenturen, vorproduzierte Beiträge mitsamt Moderationsvorschlägen und O-Tönen über deren Projekte für den Hörfunk zu liefern und im redaktionellen Bereich unterzubringen. Doch auch nach dem Bekanntwerden dieser Praktiken weigert sich die Bundesregierung, über die PR-Agenturen und ihr Auftragsvolumen Auskunft zu geben.
    Weiter auf: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26766/1.html

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