
Emigranten-Monolog
Ich hatte einst ein schönes Vaterland -
So sang schon der Refugee Heine.
Das seine stand am Rheine,
Das meine auf märkischem Sand.
Wir alle hatten einst ein (siehe oben!)
Das fraß die Pest, das ist im Sturm zerstoben.
O Röslein auf der Heide,
Dich brach die Kraftdurchfreude.
Die Nachtigallen werden stumm,
Sahn sich nach sicherm Wohnsitz um.
Und nur die Geier schreien
Hoch über Gräberreihen.
Das wird nie wieder, wie es war,
Wenn es auch anders wird.
Auch, wenn das liebe Glöcklein tönt
Auch wenn kein Schwert mehr klirrt.
Mir ist zuweilen so als ob
Das Herz in mir zerbrach.
Ich habe manchmal Heimweh.
Ich weiß nur nicht, wonach . . .
Mascha Kaléko*
* gebürtig Golda Malka Aufen, geb. 7. Juni 1907 in Krenau oder Schidlow (Chrzanów), Galizien (Österreich-Ungarn, jetzt Polen) ; gest. 21. Januar 1975 in Zürich war eine der Neuen Sachlichkeit zugerechnete Dichterin. Zeitgenossin von Kästner und Tucholsky. Mußte als Jüdin ihre oft besungene neue Heimatstadt Berlin und damit Deutschland 1938 verlassen und ging nach New York. Der Verlust der Heimat wurde ihr Lebensthema. 1960 wollte man ihr den Fontane-Preis der Akademie der Künste in Berlin (West) verleihen; wegen eines ehemaligen SS-Mitglieds in der Jury, Hans Egon Holthusen, lehnte sie dies jedoch ab.
Wie kommt es nur, dass mir dieses Gedicht so nahe geht ? Die Antwort auf diese Frage lese ich jeden Morgen, wenn ich die Zeitung aufschlage und mich über die famose Politik in diesem Deutschland informiere. Dieses Land ist mir seit 17 Jahren immer fremder geworden, wohl auch deshalb, weil es mir jeden Tag sagt, dass es mich und viele andere eigentlich gar nicht braucht. Heimat ? Viel bleibt da nicht, nur der märkische Sand und der ist nicht schuld...
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