Donnerstag, 29. Dezember 2022

Gedanken am Jahresende

Wenn mich etwas in diesem Land immer wieder verblüfft, ist es der Verfall der Pressefreiheit und der Schreibkultur  und des damit verbundenen Desinteresses des gemeinen Zeitungslesers. Gestern zum Beispiel im Wartezimmer meines Hausarztes, der treu und brav jeden Morgen die "Märkische Oderzeitung" auslegen lässt. Die "MOZ" - wie sie kurz genannt wird - ist natürlich ein treudoofes Brandenburger SPD-Blatt und nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wird. Dementsprechend gestaltet sich das Interesse der Leser. In der halben Stunde, die ich hustend im Wartezimmer verbrachte, hat nicht einer der Patienten die Zeitung aufgeschlagen. (Es wäre wahrscheinlich interessant gewesen, abends die Knickfalten zu untersuchen.) 

Gerne erinnere ich mich an die herrlichen Zeiten nach der sogenannten Wende: Das Sturmgeschütz der Demokratie, der “ Spiegel“, kostete noch ganze fünf  DM und wenn ich in Berlin in den Zug einstieg, hatte ich in Frankfurt am Main noch immer Lesestoff für den gesamten einsamen Abend im Hotelzimmer. Und das Lesen machte noch Spaß. Der Verfall der Diskussionskultur und der damit verbundenen, grassierenden Meinungsmache in den Zeitungsredaktionen dieser Republik fand in den letzten 32 Jahren statt. Ich habe ihn hautnah miterlebt. 

Kurzzeitig keimte bei mir einmal Hoffnung auf, als vor ein paar Jahren die "Berliner Zeitung" an einen ostdeutschen Milliardär verscherbelt wurde. Tatsächlich schien die Zeitung einen unabhängigen Kurs zu verfolgen, die Stasivergangenheit des Eigentümers -ich denke noch heute oft darüber nach, wie man als Ostdeutscher zu einer Milliarde kommen kann -  spielte im öffentlichen Bewusstsein keine Rolle und es machte teilweise sogar Spaß, das Wurstblatt zu lesen. Inzwischen aber scheint man sich redaktionell nur noch an irgendwelchen Freaks aus herbeiimaginierten "Szenen" zu ergötzen (die normale Menschen wie ich nicht kennen können oder wollen)  oder man gräbt Mumien aus der DDR aus. 

Ausriss aus dem "Kulinarium"
Heute zum Beispiel kam der gefühlt xte Artikel über die Kochrezepte -Abschreiberin Ursula Winnington, die u.a. für die DDR-Zeitschrift  "Magazin" die Seite "Liebe, Phantasie und Kochkunst" gestaltete. Die gute Ursula war mal irgendwann mit einem Engländer verheiratet gewesen, daher Reisekader für das NSW (das nicht-sozialistische Wirtschaftsgebiet) und brachte sich von diesen Reisen immer schöne Dinge, u.a. Gewürze, mit. Mir war sie negativ aufgefallen, weil sie ein westdeutsches Standardkochbuch über die chinesische Küche aus der Berliner Staatsbibliothek Unter den Linden offenbar als Dauerleihgabe betrachtete. Ich vergnügte mich damals in meiner raren Freizeit als Student in der Redaktion einer Studentenzeitung, dem "Kulinarium" , und bediente unter dem Pseudonym "Liebstöckel"  die Kochrezeptspalte. Keine gewaltige Leistung, aber mein damals propagiertes "Huhn mit Mandeln" steht noch heute am ersten Weihnachtsfeiertag auf unserem Familienspeiseplan.
 

Ursula machte es mir jedenfalls nicht leicht. Ich hatte der Bibliothek extra ein Schreiben unserer FDJ-Leitung vorlegen müssen (wie Angela Merkel war auch ich damals in der FDJ gewesen), dass ich berechtigt wäre, westliche Kochbücher einzusehen und damit wahrscheinlich Frau Winningtons unbändigen Publikationsdrang behinderte. Was ist auch eine poplige Studentenzeitung, die auf irgendwelchen Papierresten gedruckt wurde, gegen das gewaltige und damals allseits beliebte, stets vergriffene "Magazin" ?

Na ja, lang ist es her. Besserung ist auch heute nicht in Sicht, höchstens nach einer weiteren Wende. Evolution wäre allerdings besser.

Mir bleibt an dieser Stelle, allen unseren Lesern - seit diesem Jahr bin ich nicht mehr allein, es gibt bei Vallis Blog jetzt einen Auslandskorrespondenten- einen guten Rutsch zu wünschen. By the way, but last but not least:  Danke an Tony, wir kennen uns jetzt auch schon 52 Jahre.

 Möge das Neue Jahr 2023 vor allem eines werden: GESUND.      

Mittwoch, 21. Dezember 2022

Fröhliche Weihnachten und ein glückliches Neues Jahr

 Das wünschen wir allen unseren Lesern von Herzen. Bitte bleiben Sie gesund. Im kommenden Jahr werden wir uns hier wieder öfter sehen. Bis dahin bitte meinen Telegram- Channel unter https://t.me/vallisblog nutzen.


 

Мир (gesprochen MIR) ist russisch und heißt Frieden. Und das Wort Мир ist ukrainisch und heißt übrigens auch Frieden ... 

 


Dienstag, 20. Dezember 2022

Neues aus Großbritannien  von unserem Auslandkorrespondenten

Wer sich zur Zeit noch für Harry und Meghan interessiert und wissen will, wie alles in der Welt zusammen hängt, ist hier in Vallis Blog absolut richtig. Hier ein Beitrag unseres einzigen Auslandskorrespondenten, der uns aus der Nähe von London hier seine ganz eigene Sichtweise auf das Chaos in Deutschland, der EU und in Großbritannien nahe bringt: 

"Wie die geschätzten Leser dieses Blogs wissen, hat dieser Korrespondent die Bundesrepublik immer als die weltweit letzte Bastion der Vernunft, Effizienz und einer soliden Regierung angesehen. Sie können sich also sicher meine Enttäuschung über mehrere Ereignisse der letzten Zeit vorstellen. 

Während unseres Berlin-Besuchs im Oktober übernachteten ich und meine Frau in einem schönen Hotel gleich um die Ecke des Radisson Blu Hotels mit seinem berühmten riesigen Aquadome, einem Wunderwerk deutscher Feinmechanik und ökologischer Sorge um die Hunderte von Fischen, die darin gedeihen. Stellen Sie sich also meinen Unglauben vor, als ich erfuhr, dass die gesamte Struktur kürzlich auseinandergefallen ist, die meisten Fische getötet und der Alexanderplatz fast überschwemmt worden wäre, nur weil die Nacht ein bisschen kalt war! 


Vielleicht ist dies ein Symbol für den bevorstehenden Zusammenbruch des Wirtschaftswunders von innen. In den stabilen Tagen des real existierenden Sozialismus, als an dieser Stelle das beste Hotel der Welt stand, hätte es so etwas sicherlich nie geben können - und wenn es passiert wäre, wäre dies das Werk von Eindringlingen gewesen, die vom kriminellen Regime in Bonn entsandt wurden.  

Weiterhin berichtete die BBC heute von der Verurteilung einer 97-jährigen Dame wegen Kriegsverbrechen, weil sie das Pech hatte, in ihren Teenagerjahren als Sekretärin bei einem KZ-Lager-Kommandanten eingesetzt zu werden. Offensichtlich hätte sie den ganzen kriminellen Prozess stoppen sollen, während sie dort war, anstatt mit zu helfen, indem sie die Briefe ihres Chefs tippte.

Am interessantesten ist allerdings die  kürzlich enttarnte Bewegung, die die sogenannte BRD delegitimieren und sie durch die authentische deutsche Regierung  ersetzen wollte,  die ja seit 1918 in der Schwebe ist, weil ein paar Hitzköpfe den unglücklichen und missverstandenen Kaiser Wilhelm einfach zwangen, abzudanken. Jetzt wird der arme Heinrich Xlll. Reuss von den Tyrannen in Berlin verfolgt und seiner legitimen Rechte beraubt. Das erinnert viele Beobachter hier im Vereinigten Königreich an ihren eigenen lieben Heinrich (Windsor), der verfolgt und seiner legitimen Rechte beraubt wurde, seit er eine weltberühmte Schauspielerin geheiratet hat, die so talentiert und charmant ist, dass der Rest seiner Familie wahnsinnig verrückt wurde vor Eifersucht und sie beide nach Kalifornien in die Einsamkeit und Verarmung trieb. Seitdem hat man nie wieder von ihnen gehört, und es gibt Spekulationen, dass sein Vater sie beide ermorden ließ. 


Während Deutschland und der Rest der Welt gedeihen und gedeihen, herrschen hier in Großbritannien Elend und Düsternis. Alle streiken für Lohnerhöhungen bis zu 19 %. Die Regierung sagt, sie habe nicht die Absicht, diese zu gewähren, und in der Tat spart sie ein bisschen Geld, da die Streikenden nicht bezahlt werden, so dass sie, soweit es den Premierminister betrifft, auf unbestimmte Zeit weitermachen können. 

Wer braucht schon Krankenschwestern, Postboten, Krankenwagen und Züge? Solange es genügend Strom gibt, damit die Bevölkerung im Dunkeln sitzen und Netflix schauen kann, wo H&M (siehe oben) scheinbar gelassen die ihnen zugefügten Ungerechtigkeiten skizzieren - wenn das wirklich das authentische Pärchen H&M ist. (Meine eigene Theorie als Korrespondent ist, dass die Serie mit Doppelgängern gedreht wurde, weil das echte Paar längst von Killern ausgelöscht wurde - siehe oben).

Unter den vielen Beiträgen der deutschen Literatur zur Weltkultur befindet sich die großartige deutsche Wortschöpfung "Ostalgie" mit einem Hauch von "Nostalgie". Das Englische braucht eine gleichwertige EUralgie, um die „Neuralgie“ wider zu spiegeln, die für alle außer den dümmsten Brexiteers immer offensichtlicher wird, wenn sie die Torheiten infolge des Verlassens der Europäischen Union erleben. Statistiken, die letzte Woche veröffentlicht wurden, deuten bereits auf einen Rückgang des BIP um 4 % hin, und Umfragen zeigen, dass es inzwischen eine Mehrheit der Bevölkerung gibt, die akzeptiert, dass die Brexit-Entscheidung ein dummer Fehler war. 

 

Aber natürlich lautet die entscheidende Frage, wer in Europa Großbritannien zurück will? Erinnern Sie sich an meinen Plan, als wir letzten Herbst in Frankfurt (Oder) waren und uns über die Oder schleichen und in Polen Asyl beantragen wollten? 

Leider wurde die Verwirklichung dieses Plans im letzten Moment abgebrochen. Aber jetzt bietet sich vielleicht eine Alternative an:  Wenn Heinrich XIII. in der Lage ist, seine legitimen Rechte geltend zu machen, wäre sein wiederhergestellter Staat vielleicht bereit, einigen demoralisierten und mittellosen Briten Zuflucht zu bieten. Wenn da demnächst etwas bekannt wird ..."

Danke, Tony. 

 

 

Dienstag, 6. Dezember 2022

Die EU schießt uns nun auch noch ins linke Knie

Aufgrund von Engpässen bei den Zertifizierungsstellen und dem erheblich gestiegenen bürokratischen Aufwand von 25.000 bis Mai 2024 benötigten Medizinprodukte-Zertifikaten sind bislang erst 2.000 MDR-Zertifikate ausgestellt. „Europa droht durch die MDR als Forschungs- und Produktionsstandort weit hinter die USA zurückzufallen, wenn jetzt nicht gehandelt wird“, befürchtet daher BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. 

Jüngstes Warnzeichen: Das Schweizer Parlament hat am 28. November 2022 beschlossen, künftig auch die FDA-Zulassung von Medizinprodukten anzuerkennen.

„Die Probleme durch und mit der MDR führen mitten in Europa zu der drohenden Gefahr, dass wir Innovationen und die Zukunft der Medizintechnologie importieren – und nicht wie bisher in Europa produzieren, zulassen und exportieren“, so Möll. Sein Appell an die EU-Politik und Gesundheitsminister Lauterbach: „Wir brauchen jetzt Lösungen wie eine Fristverlängerung, die Streichung der Abverkaufsfrist, Zertifikate unter Auflagen und eine ‚Orphan device‘-Regelung. Ansonsten werden Produkte vom Markt verschwinden, Produktneuentwicklungen durch die MDR deutlich verlangsamt und potenzielle Gründer abgeschreckt. Patienten und Ärzte werden Jahre länger auf neue Technologien warten müssen. Das kann keiner wollen.“

Der deutsche Medizintechnik-Verband begrüßt, dass die Probleme mit der Implementierung der MDR durch die Ressourcendefizite bei den Benannten Stellen mittlerweile weit oben auf der EU-Agenda stehen. Dies zeige eine Deutsch-französisch-irische Initiative auf Ministeriumsebene, die Aktivitäten der EU-Kommission und des Koordinierungsgremiums MDCG sowie die Äußerungen der fachlich zuständigen Europaabgeordneten.

Konkret schlägt die Medizintechnik-Branche folgende MDR-Änderungen vor:

  1. Streichung der Abverkaufsfrist;
  2. bedingungslose Verlängerung der Übergangsfrist der MDR über Mai 2024 hinaus;
  3. Ermöglichung von vorläufigen MDR-Zertifikaten unter Auflagen;
  4. Schaffung einer ‚Orphan Device‘-Regelung für Medizinprodukte mit geringer Stückzahl.

„Es ist fünf vor zwölf. Lösungen liegen auf dem Tisch. Jetzt muss entschieden werden. Es darf keine weiteren Verzögerungen geben“, mahnt BVMed-Geschäftsführer Möll. „Wir müssen diese gesetzgeberischen Maßnahmen zügig umsetzen – und gleichzeitig daran arbeiten, die Rolle Europas als attraktive Region für Investitionen in medizintechnische Innovationen zu stärken.“

Zum Hintergrund:

Die EU-Kommission hatte Ende Oktober 2022 unter anderem folgende aktuelle Zahlen zur MDR vorgestellt:

  • Von 80 unter den alten Richtlinien designierten Benannten Stellen haben 62 Stellen MDR-Anträge gestellt, aber es sind erst 34 Benannte Stellen unter der MDR notifiziert.
  • Rund 23.000 Zertifikate müssen noch in die MDR überführt werden. Über 75 Prozent (17.000) dieser Zertifikate laufen im Mai 2024 aus.
  • Bislang – Stand: Oktober 2022 – wurden 8.120 Anträge angenommen und 1.990 MDR-Zertifikate ausgestellt. Im April 2022 waren es 1.069 Zertifikate.
  • Die Bearbeitungszeit liegt bei keinem einzigen MDR-Zertifikat (QMS und Produktprüfung) unter einem Jahr. 82 Prozent der Zertifikate dauern zwischen 13 und 18 Monaten, 18 Prozent zwischen 19 und 24 Monaten.


Die Medizintechnik-Branche bereitet sich seit Jahren intensiv auf die MDR vor. Die Kosten der Umsetzung für die Branche liegen nach Schätzungen zwischen 6 und 12 Milliarden Euro. Die Branche hat massiv investiert, beispielsweise in zusätzliches regulatorisches Personal, und ist bereit. Das MDR-System ist es nicht. Hauptproblem bei der MDR-Implementierung sind die Kapazitätsengpässe bei den Benannten Stellen. Immer häufiger werden Anträge von Herstellern mangels Kapazität abgelehnt. Noch immer sind viele KMU ohne Benannte Stelle.

Hintergrundinformationen sowie Zahlen und Fakten zur MDR unter www.bvmed.de/MDReady.


BTW: Wir haben sämtliche Importe eingestellt. Keine Lust mehr, nur noch für den Amtsschimmel zu arbeiten ...