Dienstag, 17. April 2012

Deutsche zweiter Klasse - Teil 16

"Sachsen-Anhalt ist laut einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) auch mehr als 20 Jahre nach der Wiedervereinigung ein Niedriglohnland. Das Einkommensniveau im Verhältnis zu Westdeutschland liegt im Durchschnitt bei 77 Prozent, wie aus der am Mittwoch ( 11. April 2012 - der Blogger) in Magdeburg vorgestellten ersten repräsentativen Beschäftigtenbefragung hervorgeht. 1000 Frauen und Männer aller Branchen wurden von Mai bis August 2011 nach Arbeitsbedingungen und Einkommen gefragt. «Die Ergebnisse sind bestürzend», sagte Helmut Meine, IG-Metall-Bezirksleiter für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt" berichtet die "Mitteldeutsche Zeitung" online. Es hat sich ein ausgesprochener Niedriglohnsektor entwickelt. Wen wundert`s ? Ossiland war und ist Experimentierfeld für den Manchester- Kapitalisten. Das, was hier ohne wesentliche Arbeiter-Aufstände läuft, wird auch im Westen durchgezogen.

Aber wie sieht es nun insgesamt mit der Wiedervereinigung aus ? Ich frage hier nicht nach den gigantischen Prestigebauten wie Autobahnen - die gerade wieder zerbröckeln- oder Regierungspalästen in Stadt und Land - die auch gerade wieder rekonstruiert werden müssen. Was hier mit viel Tamtam und vielen Milliardentranfers als Aufbau Ost deklariert wurde, floss im wesentlichen sofort wieder an die westdeutschen Baukonzerne zurück. Insofern richtet sich das Gejammer der Ruhrgebiets-Bürgermeister auch an die völlig falsche Adresse. Der einfache Ossi - 1990 vermögensmäßig auf dem Stand von 1946 - hat sich für seine Anliegerstraßen, Häuser, Abwasserkanäle oder Wohnungen ordentlich verschulden müssen. Bei mir ist von den Milliardentransfers nichts angekommen. Das Aufbau-Geld ging zurück - in die Kassen der Baukonzerne.

Nebenbei gesagt: Seit Jahren höre ich mir an, dass in der DDR alles marode war. Was ist es eigentlich für ein Armutszeugnis für diesen Staat, wenn z.B. Bochum nach über 60 Jahren im glänzenden Paradies der Bundesrepublik immer noch nicht auf eigenen Füßen stehen kann und dort inzwischen alles zusammen fällt?

Aber seien wir stolz: Unsere Pfaffen und Pastorentöchter sind nach der Wende wenigstens was geworden! Merkel und Gauck in den höchsten Ämtern zeugen von der Gleichberechtigung der Ostdeutschen im gemeinsamen Staat. Wird behauptet. Wie es - abgesehen von wenigen politischen Quislingen- wirklich um den Anteil der Ossis an dieser Bundesrepublik bestellt ist, zeigt ein Beitrag von  Steffen Mau für die "Zeit" auf.

Hier mal kurz die wichtigsten Aussagen dieses Artikels mit dem Titel  "Ossifreie Zone" zusammengefasst:
  • unter den 15 Ministern der Regierung Merkel befindet sich kein einziger Ossi, bei Kohl waren es 1990 noch drei;
  • Johanna Wanka ist nach fast 22 Jahren die einzige Ostdeutsche in einer westdeutschen Landesregierung (Niedersachsen);
  • von 180 Vorständen der im DAX notierten Unternehmen sind gerade einmal zwei aus Ostdeutschland;
  • Deutschland schickt 140 Botschafter in alle Welt, davon sind ebenfalls nur 2 aus dem Osten (in so  unerhört wichtigen Staaten wie Botswana und Gabun);
  • unter den 500 vermögendsten Familien Deutschland befindet sich KEINE einzige aus Ostdeutschland;
  • kein Vorsitzender eines Bundesgerichtes ist Ossi;
  • ein einziger Intendant der ARD-Sender bzw. des  ZDF ist aus Ostdeutschland (MDR);
  • gerade einmal 3 Prozent der Direktoren von Max-Planck- und Leibnitz-Instituten kommen aus der ehemaligen DDR;
  • unter den 37 Generälen und Admirälen der Bundeswehr befindet sich kein einziger Ostdeutscher,
  • dafür sind über 50 Prozent des deutschen Kanonenfutters - also der Manschaftsdienstgrade-  im Kosovo und Afghanistan Ossis;
  • das durchschnittliche Geldvermögen der ostdeutschen Haushalte ist gerade einmal halb so groß wie im Westen;
  • infolge der Privatierung des Volkseigentums durch die Treuhand und deren Nachfolger befindet sich fast das gesamte Volksvermögen heute in westdeutschen oder ausländischen Händen.
Um dämlichen Stammtisch-Kommentaren von jenseits der Elbe vorzubeugen: Wir schreiben 2012, die "Wiedervereinigung" ist 22 Jahre her. Menschen, die damals Abitur gemacht haben, sind heute im besten Karrierealter. Nicht alle waren bei der Stasi. Und sie sind nicht dümmer als ihre westdeutschen Mitbürger. Steffen Maus Schlußfolgerungen möge jeder selbst lesen. Für mich sind die ostdeutsche Realität und sein Artikel ein Zeugnis dafür,dass es sich 1990 eben doch um eine feindliche Übernahme, um einen Anschluß a la Sudetenland oder Österreich handelte....

Foto: Fertigmachen zum Lügen und Heucheln - Tag der deutschen Einheit (Jörg Sabel  / pixelio.de)

2 Kommentare:

  1. Als ich in Mannheim arbeitete, sagte eine ehemalige Kollegin zu mir: Freust du dich nicht, eine von euch ist Kanzlerin. Ich war befremdet und meine ehemalige Kollegin dann wiederum auch, als ich meinte, dass diese da oben keine von uns wäre.

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  2. ..mit der Pastorentochter sehe ich das etwas differenzierter.
    Doch nicht nur ich frage mich verzweifelt, wo denn unser Volksvermögen geblieben ist. Und das Sudetengau und Österreich ? - ja wollten denn die nicht heim ins Reich so wie wir arme geknechtete Ossis? Lechzten wir nicht nach Freiheit, Kaffe und Bananen? Fragen wir doch mal Gauck, der wird uns die Freiheit schon geigen.
    Barnimer

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